Drei Namen, die man sich merken sollte
Liebe Leser:innen,
am heutigen Freitag liegt die Wahl exakt einen Monat und einen Tag zurück und schon jetzt fühlt sich das wie eine Ewigkeit an. Ein Grund dafür ist das Dauer-Bombardement von Trump mit Namen möglicher Kabinettsmitglieder und Ankündigungen seiner Politik. Wie schon zur ersten Amtszeit zeichnet sich ab, dass wir künfitg Tag und Nacht „Governing per Tweet“ erleben werden – egal ob neue Minister, Zölle oder plumpe Pöbeleien gegen den Gegner des Tages: Trump zielt erneut klar darauf ab, dass wir müde und mürbe werden.
Mein kleines Projekt hier soll aber nach und nach dabei helfen, die Veränderungen in den USA zu verstehen und festzuhalten, wie die Trump-Regierung 2.0 das Land umbaut.
Heute soll es dabei mit Mini-Porträts um drei Namen gehen, die aktuell und vermutlich auch künftig eine Rolle spielen – zwei bei den Republikanern, einer bei den Demokraten. Außerdem: Zwei Podcast-Episoden, die mir zuletzt nahegebracht haben, was gerade bei den Republikanern und Demokraten brodelt.
Let's go.
VERSTEHEN
Auf welche drei Namen ich dieser Tage besonders achte
Pete Hegseth, Trumps Wunsch-Verteidigungsminister
Was ist schon von einem Mann zu halten, über den selbst die eigene Mutter einen traurigen Abgesang schreibt? „Du missbrauchst Frauen – das ist die hässliche Wahrheit und ich habe keine Respekt für irgendeinen Mann, der Frauen klein macht, sie anlügt, sie betrügt, herumschläft und sie für seine eigene Macht und sein Ego benutzt. Du bist dieser Mann (und das seit Jahren) und das zu sagen, tut mir als Deine Mutter weh, und es ist mir peinlich, aber es ist die traurige, traurige Wahrheit.“ Penelope Hegseths vollständigen Brief aus dem Jahr 2018 hat die New York Times (Opens in a new window) veröffentlicht.
In einem ausführlichen Interview mit Fox News (Opens in a new window) hat sie am Mittwoch zurückgerudert – vor sieben Jahren seien wir schließlich alle andere Menschen gewesen als heute, sagte sie. Sie habe die Mail in Eile geschrieben, damit eine sehr problematische Scheidung kommentiert und sich kurz danach entschuldigt. Hegseths Mutter sagte auch, dass alle aktuellen Vorwürfe gegen ihren Sohn gelogen seien.
Damit bezieht sie sich auf Missbrauchsanschuldigungen und vor allem den Vorwurf, dass der Fox-News-Kommentator immer wieder betrunken zur Arbeit erschienen sei. Weniger problematisch für die Republikaner scheint die Tatsache zu sein, dass Hegseth rechtspopulistische Militärbücher geschrieben hat, ein Tattoo trägt, das die Kreuzzüge verherrlicht und dass er zwar selbst eine kleine Militäreinheit im Kampfeinsatz leitete, aber später gleich zwei Charities in den Sand gesetzt hat und überhaupt keine angemessene Erfahrung hat, das US-Verteidigungsministerium zu leiten. Er würde dort ein Budget von fast 850 Milliarden US-Dollar (ungefähr 1,5 Mal der Bundeshaushalt) verantworten und rund drei Millionen Menschen führen.
Aktuell ist unklar, ob der 44-Jährige noch die nötigen Stimmen im Senat hinter sich hat. Generell gilt für die ab der Amtseinführung von Trump am 20. Januar laufenden Ernennungen: Die Republikaner haben dann 53 Sitze, bei Gleichstand von 50-50 entscheidet Vizepräsident JD Vance. Sollten sich also vier oder mehr republikanische Senator:innen gegen eine:n Kandidat:in aussprechen, wird diese Person nicht bestätigt.
Derzeit bemühen sich aber in den übelsten Winkeln der MAGA-Welt Charaktere wie Steve Bannon, Roger Stone, Jack Posobiec und gleich mehrere der Fox-News-Show-Hosts darum, Hegseth doch noch durchzubringen. Hegseth war am heutigen Donnerstag im Kongress und hatte bei informellen Gesprächen auch seine Frau dabei, die seine Integrität bestätigen sollte. Außerdem hat er den Senator:innen versprochen, im Fall einer Ernennung mit dem Trinken aufzuhören.
https://www.newyorker.com/news/news-desk/pete-hegseths-secret-history (Opens in a new window)Kash Patel, Trumps Wunsch-FBI-Chef
Während bei der Debatte um Hegseth seine persönlichen Skandale im Vordergrund stehen, wird Kash Patel vor allem wegen der Ideen für seine mögliche Amtsführung als FBI-Chef gefürchtet. Er ist ebenfalls 44 Jahre alt, ein unerschütterlicher Trump-Lautsprecher und führt eine Liste mit „Volksfeinden”, die er im Fall einer Ernennung verfolgen möchte. Darauf stehen auch große Teile der Presse. „Wir werden hinter euch her sein, ob das dann mit Straf- oder Zivilverfahren sein wird, werden wir noch rausfinden“, hat er angekündigt.
Seine Ernennung wäre ein weiterer Bruch Trumps mit Normen, denn der FBI-Chefposten gilt normalerweise als überparteilich. Außerdem müsste der 2017 von Trump ernannte Amtsinhaber Christopher Wray vor dem Ende seiner regulär zehnjährige Amtszeit rausgeworfen werden. Das hat bisher noch nie ein neuer Präsident getan. Über Patel hat der Atlantic (Opens in a new window) ein Porträt geschrieben, das einen schaudern lässt, die New York Times (Opens in a new window) hat kommentiert, wie verheerend seine Amtszeit sein könnte. Patels Verpflichtung wäre ein sicheres Zeichen für den Rachefeldzug, den Donald Trump plant.
Patel selbst hat bisher unter anderem Pillen verkauft, die angeblich die Corona-Impfung rückgängig machen und eine fürcherliche Kinderbuchserie veröffentlicht, der „Plot Against the King”. Im Zentrum steht ein Zauberer namens Kash, der den König Donald gegen drei Bösewichte verteidigt: Hillary Queenton, Sleepy Joe und Comma-la-la-la.
https://www.theatlantic.com/magazine/archive/2024/10/kash-patel-trump-national-security-council/679566/ (Opens in a new window)Ben Wikler, Demokraten-Nachwuchstalent
Zeit, den Kopf etwas freizukriegen. Schauen wir zu den Demokraten und auf einen Mann, der sich um den Vorsitz des Democratic National Committee bemüht, ein wichtiges Parteigremium zum Spendensammeln und Koordinieren von Wahlkämpfen. Sein Name ist Ben Wikler, er ist aktuell Parteichef in Wisconsin und gilt dort als erfolgreicher und kluger Grassroots-Stratege. Wikler ist 43 Jahre alt und er verspricht keine einfachen Lösungen, um die Partei wieder zurück in wichtige Ämter zu führen. Stattdessen bereitet er die Demokraten darauf vor, dass sie künftig alles gleichzeitig tun müssen: permanenter in allen Staaten vertreten sein, in den Medien offensiv Republikanern entgegentreten
Seine Ziele umreißt knapp The Bulwark (Opens in a new window), ein ergänzendes Interview mit Wikler gibt es dazu bei YouTube (Opens in a new window). Vor einem Jahr hatte ihn der Atlantic porträtiert.
https://www.theatlantic.com/politics/archive/2023/08/ben-wikler-democrat-wisconsin-2024-election/674976/ (Opens in a new window)VERTIEFEN
Noch immer fällt es mir schwer, in all den Wahl-Nachlesen und Auskenner-Kommentaren diejenigen herauszufiltern, die mir wirklich tiefere Einblicke liefern.
Lange nachgedacht habe ich aber über eine Episode von „Pod Save America“, in der die wichtigsten Wahlkampfstrategen von Kamala Harris auftraten. Sie argumentieren darin breit, dass sich kaum etwas hätte anders machen lassen könne. Moderator Dan Pfeiffer und die Gesprächsgäste haben beispielsweise in der Washington Post (Opens in a new window) Kritik dafür bekommen, dass sie keine Schuld bei sich sehen.
https://crooked.com/podcast/exclusive-the-harris-campaign-on-what-went-wrong/ (Opens in a new window)„Pod Save America“ finde ich wegen der vielen Innenansichten aus der demokratischen Partei oft hörenswert, wenn auch die übermäßig viele Werbung oft stört.
Noch häufiger nervt mich dagegen der Podcast „Somebody’s Gotta Win” von The Ringer und Puck, weil mir die dort besprochene Attitüde oft etwas zu bemüht konträr daherkommt. In der aktuellen Episode ist Moderatorin Tara Palmeri mit dem republikanischen Kommunikationsstrategen Joe Hack recht zahm. Sie lässt ihn mit vielen PR-Behauptungen der Konservativen davonkommen, erlaubt dadurch aber auch ein tiefergehendes Gespräch, das zeigt, wie die Republikaner kurz nach der Wahl ticken. Die vielen Verdrehungen haben mich noch einmal anders spüren lassen, wie diese Hälfte des US-Spektrums wirklich denkt.
https://www.theringer.com/podcasts/somebodys-gotta-win-with-tara-palmeri/2024/12/04/will-the-republican-senate-deny-trump-his-carnival-cabinet (Opens in a new window)ANDERSWO
Neue Arbeit von mir an anderer Stelle
Auch im Podcast „Bei Burger und Bier“ (Opens in a new window) von Bastian Hartig und mir gibt es eine neue Folge. Dieses Mal nehmen wir die langfristige Perspektive ein und beschreiben mit praktischen Tipps, wie es sich in den nächsten vier Jahren besser mit Trump umgehen lässt.
https://burgerundbeer.podbean.com/e/strategien-fur-trumps-zweite-amtszeit/ (Opens in a new window)Damit verabschiede ich mich für heute und bin bald schon wieder zurück mit weiteren Akteuren aus der Trump-Welt. Das ist vielleicht keine perfekte Aussicht, aber ich glaube, dass es einige Namen gibt, die wir uns einprägen sollten, um besser zu verstehen, wie diese Regierung die US-Demokratie zersetzt.
In disem Sinne – wachsam, aber hoffnungsfroh bleiben!
Best from New York City,
Christian
PS: Solltet ihr „WTH, America“ von Freundin oder Feind weitergeleitet bekommen haben, könnt ihr selbst hier den