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Flickenteppich Schullandschaft?

17. November 2023

Liebe Lesende,

die Debatte um weiterführende Schulen geht ab Montag (Opens in a new window) in eine neue Runde. Allerdings ohne neue Gedanken. Viele grundlegende Fragen bleiben ungeklärt, wie eine Umfrage unter den Fraktionsvorsitzenden des Kreistages ergab. Ich wollte von ihnen wissen, welche Rolle dem Kreistag und seinen Ausschüssen bei der Entscheidungsfindung zukommt, jetzt, da sich einige andere Gremien mit dem Thema befasst haben. Und warum es nicht längst eine Grundsatzentscheidung gegeben hat, wie die Trägerschaften und die Finanzierungen von weiterführenden Schulen im Landkreis künftig organisiert werden sollen.

Mit einer geänderten Beschlussvorlage (Opens in a new window) soll die Kreisverwaltung beauftragt werden, zur Schaffung von dringend benötigten Schulplätzen mit den Kommunen Bestensee und Schulzendorf über Standorte und Bedingungen zu verhandeln. In der alten Vorlage, die im September nicht beschlossen wurde, war von einer Prüfung der Standorte die Rede. Außerdem soll weiter mit Wildau verhandelt werden, das angeboten hatte, seine Oberschule zu erweitern und gleichzeitig ein Gymnasium zu bauen und dieses an den Landkreis zu vermieten. In einer Stellungnahme (Opens in a new window) erläutert der Kämmerer die damit verbundenen Kosten: pro Schule rund 60 Millionen Euro, für Miete drei bis vier Millionen Euro jährlich. Bislang sind demnach bereits 50 Millionen Euro standortunabhängig im Haushalt eingestellt. Aus Friedersdorf (Oberschule) und Groß Köris (Gesamtschule) gingen Anträge auf Investitionszuwendungen in Höhe von 40 Millionen ein. Die Mittel dafür könnten, so der Kämmerer, aus Krediten, einer höheren Kreisumlage und/oder der Streichung von freiwilligen Aufgaben oder von anderen Investitionen kommen.

Vor diesem Hintergrund fordert Olaf Schulze, Vorsitzender der Fraktion CDU/FDP/Bauern, dass es einheitliche Vorgaben für “jedwede Finanzierung in diesem Bereich” brauche, wenn sich der Kreis finanziell an den Schulen beteiligen soll. Oder es gingen einfach alle Ober- und Gesamtschulen in die Trägerschaft des Kreistages über. Das scheitere jedoch an der Zustimmung der Bürgermeister und Amtsdirektoren. “Wir wollen eine einheitliche Lösung für den gesamten Landkreis und keinen Flickenteppich, wo jeder sich das aussuchen kann, was ihm am besten gefällt oder finanzielle Vorteile verschafft”, teilt Olaf Schulze mit. Via Beschluss könne die bisherige Praxis geändert werden - darauf hatte die Kreisverwaltung mehrmals hingewiesen, nicht aber sich , sondern den Kreistag in der Rolle des Initiators gesehen (s.u.) “Das Solidarprinzip innerhalb des gesamten Landkreises steht für uns an erster Stelle und daher gab und gibt es durch uns keinen entsprechenden Antrag”, antwortet Olaf Schulze auf unsere Anfrage. “Sollten die Hauptverwaltungsbeamten der Kommunen [Bürgermeister und Amtsdirektoren, d. Red.] ein einheitliches Signal in Richtung des Kreistages geben, sind wir zu entsprechenden Beschlüssen gern bereit.”

Man habe wohl vernommen, sagt Thomas Irmer, Fraktionsvorsitzender der SPD, dass sich die Arbeitsgemeinschaft der Bürgermeister und Amtsdirektoren nicht gerecht behandelt fühle. Aber nach der Vorstellung der neuen Schulentwicklungsplanung Anfang 2022 habe niemand einen Einspruch eingelegt, dass diese schlecht wäre. “Es gab keinen Bürgermeister, der auf unsere Fraktion zugekommen wäre und gesagt hätte: Das ist Mist.” Zu Jahresbeginn habe es ein diesbezügliches Schreiben des Vorsitzenden der Arbeitsgemeinschaft Sven Herzberger gegeben, berichtet Thomas Irmer. “Aber was macht man damit? Man braucht einen Beschluss”, sagt er. “Im Rahmen der damaligen Ausschusssitzungen war die Runde der Bürgermeister nicht vor Ort. Wir haben auch regelmäßige Fraktionssitzungen – wir wären immer offen gewesen für Vorschläge”. Nun sei eine Situation eingetreten, wo “jeder seine Wünsche äußern” dürfe, aber es gebe eine gültige Schulentwicklungsplanung. “Jeder von uns ist gewählter Kreistagsabgeordneter und zuständig für den gesamten Landkreis – und nicht für eigene Interessen.”

Dem stimmt Frank Selbitz, Vorsitzender der Fraktion UBL/FWKW/Wir für KW, zu: “Es wird viel gesprochen und oftmals die subjektive Sicht in den Vordergrund gerückt. Ob dabei die lokale Herkunft oder die parteiliche Linie die Hauptrolle spielt, beurteilt die Einwohnerschaft selbst.” Ein Ergebnis sei jedenfalls noch nicht beschlossen worden. Er verweist derweil auf die in diesem Schuljahr neu eingerichtete Oberschule in Friedersdorf, bei der Bürgermeister Björn Langner, ehemaliges Fraktionsmitglied, “zielorientiert und pragmatisch” eine Lösung umgesetzt habe. “Die Bürgermeister von Eichwalde, Wildau, Schulzendorf und Bestensee griffen die Initiative auf und konfrontier(t)en den Kreistag mit weiteren Lösungsansätzen”, so Frank Selbitz.

Für die AfD-Fraktion zeige der Prozess, “dass sich die Kreistagsmitglieder mit einer Zentralisierung der Schulplanung auf Kreisebene nicht anfreunden können”, teilt deren Fraktionsvorsitzender Benjamin Filter mit. “Denn das wäre die Schlussfolgerung bei einer grundsätzlichen Änderung des bisherigen Verfahrens. Eine Mischform aus beidem wird, soweit bekannt, ebenso abgelehnt.”

Bleibt die Frage, welche Rolle der Kreistag überhaupt spielt, da die neue Beschlussvorlage im Einvernehmen mit Vertretern der Arbeitsgemeinschaft getroffen und auch sonst, beispielsweise (Opens in a new window) im Regionalausschuss ZEWS, diskutiert wurde. “Der Spagat zwischen ‘geschlossenen’ Arbeitsgruppen und transparenten, weil öffentlichen Sitzungen von Kreistag und den Ausschüssen muss ausgehalten werden können”, findet Benjamin Filter (AfD). Arbeitsgruppen könnten zuweilen schneller arbeiten, was bei bestimmten Aspekten hilfreich sei. “Gleichwohl können und sollen sie die transparente Arbeit in den Ausschüssen nicht ersetzen”, so der Fraktionsvorsitzende. “Bei der Teilnahme der AfD-Kreistagsfraktion an den Arbeitsgruppen gibt es noch Luft nach oben.”

Thomas Irmer (SPD) kritisiert, dass die neue Vorlage “wieder einen Haufen Zeit gekostet” habe. Er ist dafür, die Dinge systematisch abzuarbeiten. “In der Vorlage steht jetzt: alle drei gleichzeitig. Wie soll das gehen?”, fragt er. Die Schulentwicklungsplanung sei da, nun müsse sie Stück für Stück abgearbeitet und die Probleme nacheinander gelöst werden. “Der Global Player sitzt sowieso im Bildungsministerium – das muss zustimmen, denn es sendet schließlich die Schulleiter und die Lehrer.” Vor diesem Hintergrund spielen für Olaf Schulze (CDU) gerade die Ausschusssitzungen eine wichtige Rolle. “Es kann eine umfassende Diskussion mit einer möglichen Abwägung geführt und Hintergründe für bestimmte Verfahren erläutert werden”, sagt er. Auch könnten Kompromisse mit den anderen Fraktionen gesucht werden. Diese Vorgehensweise sei für ihn “Ausdruck unserer Demokratie”. Innerhalb der begrenzten Zeit der Kreistagssitzungen sei das nicht möglich. Für Frank Selbitz (UBL) ist klar: “Jetzt ist der Kreistag gefordert, nicht mehr nur zu reden.” Linke und Grüne hatten auf unsere Anfrage nicht geantwortet.

RÜCKBLICK: Geschichte eines dringenden Beschlusses

Für die weiterführenden Schulen ist der Landkreis zuständig. Die bisherige Praxis in Dahme-Spreewald war jedoch, dass die Kommunen die Ober- und Gesamtschulen in ihrer Trägerschaft behalten und im Gegenzug eine niedrige Kreisumlage zahlen. Mit der Kreisumlage erhebt der Landkreis bei den Kommunen Gelder, um seine Aufgaben zu finanzieren. Die Kreisverwaltung hatte mehrmals darauf hingewiesen, dass diese Praxis geändert werden kann, wenn es der Kreistag so möchte.

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