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Über Merz-Faktenchecks, Hund „Hasi“ und die „Volkswärmepumpe“

Der Übermedien-Newsletter von Frederik von Castell

Frederik von Castell, Übermedien

Liebe Übonnent:innen,

na, langsam die Nase voll von Faktenchecks? Ich könnte es Ihnen nicht verübeln, denn nach den vergangenen Tagen geht es mir zunehmend selbst so.

Aber nicht, dass wir uns falsch verstehen: Ich bringe aus Überzeugung als Trainer Nachwuchsjournalist:innen bei, wie sie Fakten checken und wie sie Faktenchecks anfertigen. Ich habe selbst als Faktenchecker (bei der dpa) gearbeitet – wenn ich es nicht gar noch irgendwie (bei Übermedien) tue.

Denn die Idee des Formats ist nach wie vor gut: Tatsachenbehauptungen, die in der Öffentlichkeit zirkulieren, werden mit ergebnisoffener Recherche untersucht. Soll ja um die Wahrhaftigkeit, also die Fakten gehen. Die Ergebnisse werden nachprüfbar veröffentlicht und zwar am besten dort, wo auch die Aussage zu finden ist. Wozu das Ganze? Damit etwa User:innen in sozialen Netzwerken oder in den Medien erfahren, wie viel Wahres oder Falsches in einer Aussage steckt, ehe sie sich ungeprüft in unser aller Köpfe manifestiert.

Bis hierhin trockene Theorie – und jetzt bitte nicht erschrecken – die auch in der Praxis mitunter bewusst spröde daherkommt. Nehmen wir beispielsweise einen Faktencheck (Opens in a new window) aus meiner Zeit bei der dpa.

In den sozialen Netzwerken wurden im Sommer 2021 immer wieder Bilder von Menschenmassen zusammen mit der Behauptung geteilt, diese Menschen gingen gerade alle aus Protest gegen die Pandemie-Maßnahmen auf die Straße. In diesem Fall soll das in Frankreich so gewesen sein.

Im Faktencheck geht nur um den überprüfbaren Wahrheitsgehalt und eine sachliche Bewertung. Meine sah in diesem Fall so aus: „Das Foto ist aus dem Kontext gerissen und schon vor drei Jahrzehnten entstanden – und zwar nicht in Frankreich, sondern in Moskau. Die Behauptung ist falsch.“

Schon in der Überschrift formulierte ich nicht etwa die Frage, ob das Foto wirklich aus Frankreich sei, sondern: „Foto von Menschenmasse ist 1991 in Moskau entstanden.“ Warum? Ein Faktencheck, der einer Falschbehauptung keinen weiteren Raum geben will, sollte sie nicht erneut zum Aufhänger machen. Auch nicht, wenn das besser klickt. Er sollte schlicht, transparent und ohne persönliche Note geschrieben sein.

Eine wichtige Faustregel ist auch: Es sollte für die reine Überprüfung einer Aussage keine Rolle spielen, von wem sie stammt und was ihr Urheber politisch, wirtschaftlich oder sonstwie zu erreichen versucht. Schon, um einen Confirmation Bias in der Recherche zu minimieren. Außerdem gibt es für die Einordnung ja andere journalistische Formate.

Letzteres scheint diese Woche bei so manchen in Vergessenheit geraten zu sein. Und damit sind wir bei Friedrich Merz.

Der CDU-Chef hat im Talk des Fernsehsenders „Welt“ (Opens in a new window) am Mittwoch behauptet:

„Die werden doch wahnsinnig, die Leute, wenn die sehen, dass 300 000 Asylbewerber abgelehnt sind, nicht ausreisen, die vollen Leistungen bekommen, die volle Heilfürsorge bekommen. Die sitzen beim Arzt und lassen sich die Zähne neu machen, und die deutschen Bürger nebendran kriegen keine Termine.“

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