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„SUCH A CUTE LITTLE PSYCHOPATH.“

FILM-KRITIK

Hmmm... süße Psychopathen – hey Jeffrey, hey Ted, hey Heidi! Aber um die geht es hier gar nicht. Es geht um Experiment 626 – ein kleiner, fluffig-flauschiger Psycho (nicht zuletzt aufgrund dessen Programmierung), der Chaos... so cool findet, wie Frank-Walter Steinmeier sich selbst. Allerdings ist's nicht er, der oben angesprochen wird, sondern irgendein Alien, das am roten Knopf sitzt und nur darauf wartet, dass in der Real-Verfilmung Lilo & Stitch die Grand Councilwoman (Hannah Waddingham) endlich mal den Befehl gibt, diesen komischen Planeten namens E-Arth oder so auszulöschen.

Stitch leckt Glas in Lilo und Stitch von Disney
Stitch likes licking // © Walt Disney Pictures

Dort ist Lilo nämlich angelandet, nachdem er ins Exil geschickt werden sollte (was, wie ich vermute, im ewigen Weltall zu enden drohte, Battlestar Galactica lässt grüßen) und sich kurzerhand eines All-Cruisers bemächtigte. Dort trifft Experiment 626, das für eine Art Hund gehalten wird, auf die sechsjährige Lilo (Maia Kealoha). Die adoptiert ihn, sehr zum Missfallen ihrer älteren Schwester Nani (Sydney Agudong), die sich nach dem Tod der Eltern um sie kümmert. Dieses Missfallen können wir fix nachvollziehen, stellt das Experiment, das Lilo nun „Stitch“ (Stimme wie im Original Chris Sanders, der 2002 auch gemeinsam mit Dean DeBlois Regie führte und das Drehbuch schrieb) getauft hat, doch eine mistige Scheiße nach der anderen an. Was passt, denn Lilo selber fällt in die Kategorie Rebel with(out) a cause.

Zudem macht die Sozialarbeiterin Mrs. Kekoa (Tia Carrere) ein wenig Stress, da sie sich unsicher ist, ob Nani der Erziehungsaufgabe gewachsen ist. Außerdem möchte die Councilwoman dieses als gefährlich geltende Experiment 626 gern internieren. Dafür schickt sie dessen Erschaffer Dr. Frankenstein... äh... Dr. Jumba Jookiba (Zach Galifianakis (Opens in a new window)) gemeinsam mit dem Erd-Spezialisten Agent Pleakley (erstaunlich cute: Billy Magnussen (Opens in a new window)) nach Hawaii. Doch ist nicht nur Stitch mit allen Wassern gewaschen, sondern auch Lilo nicht bereit, ihren neuen BFF aufzugeben.

Dr. Jumba Jookiba (Zach Galifianakis, rechts) und Agent Pleakley (Billy Magnussen, links) in Lilo und Stitch // © Walt Disney Pictures
Dr. Jumba Jookiba (Zach Galifianakis, rechts) und Agent Pleakley (Billy Magnussen, links) // © Walt Disney Pictures

So, viele von euch kennen die Handlung vermutlich, da ihr den Disney-Trickfilm aus dem Jahr 2002 gesehen habt (Nach Bambi übrigens der erste, bei dem wieder Aquarelle als Zeichentrick-Hintergrund verwendet wurden, wie uns das feine Disey-Buch aus dem DK Verlag wissen lässt.) Der Autor dieser Zeilen kennt den nicht. Insofern war es ein wirklich neuer Film, der mit einer Spannung und leichter Nervosität erwartet wurde.

Nach dem einen oder anderen Live-Action-Debakel Disneys, schien eine gewissen Skepsis durchaus angebracht. Und was soll ich euch sagen: Einer der besten Real-Movies von Disney ever (wobei Stitch animiert bleibt, wie auch die Aliens und diverse Effekte ohnehin, es fügt sich aber fantastisch in das reale Umfeld ein). Zudem ist Maia Kealoha eine perfekte Darstellerin, die von Chris Kekaniokalani Bright und Mike Van Waes dazu noch solide geschrieben ist. Keine besserwisserische, unterforderte Klugscheißerin, die Sätze, die einem Kind nur erwachsene Menschen in den Mund legen würden. Nein, sie ist eine Außenseiterin, die an sich selbst zweifelt, weil sie eben nicht genau ins Standardschema passt.

Lilo (Maia Kealoha) und Nani (Sydney Agudong)in Walt Disney Pictures Lilo und Stitch
Lilo (Maia Kealoha) und Nani (Sydney Agudong) // © Walt Disney Pictures

Diese Zweifel äußern sich allerdings nicht in seltsamen Monologen, sondern in rebellischen Aktionen, manch einem Wutausbruch oder hier und da leichter Aggression. Die teils angemessen ist. Wenn sie etwa von einer Art Mini-Queen-B während einer Hula-Tanzaufführung umgeschubst wird, ist die Antwort des Zurückschubsens nur nachvollziehbar. You go Girl! So haben wir also zwei Aussätzige, die mit ihrer Energie, leicht angestauter Wut und einiger Unsicherheit nicht so recht umzugehen wissen.

Lilo und Stitch 2025 von Walt Disney Pictures
Chill mal! // © Walt Disney Pictures

Treffen sich also Topf und Deckel und nach seeeehr viel Chaos (das zuweilen leicht redundant wirkt, wenn von Nigel Buck auch mit besten Bildern und Dan Romer musikalisch passend arrangiert) gibt es vor allem sehr, sehr viel Gefühl. Und wisst ihr was? Das überträgt sich mega auf uns. Selten hatte ich so eine Sorge, wenn es darum geht, dass der „Eindringling“ nun auch von der CIA (namentlich Agent Cobra Bubbles, gespielt von Courtney B. Vance) gejagt wird. Dass eine ohnehin schon dezimierte Familie zerrissen wird. Doch lernen wir schnell, dass Familie hier 'Ohana ist – damit ist nicht nur Blut gemeint, sondern all jene, die uns nah sind, die wir nicht zurücklassen wollen und können.

Surflehrer David (Kaipo Dudoit) in Disneys Lilo and Stitch
Surf and... ?! David (Kaipo Dudoit) // © Walt Disney Pictures

Für Lilo und ihre ältere Schwester sind das u. a. auch die (gut besetzten) Nachbar*innen Tütü (Amy Hill) und (sexy) David (Kaipo Dudoit). So führt uns Lilo & Stitch vor Augen, dass wir immer entscheiden können, wen wir in unser Leben lassen und wie wir mit diesen... neuen Konstellationen umgehen. Stichwort: Wahlfamilie. Damit hat der Film, neben aller Action, vielem Witz und aller Fluffigkeit, für Queers wie mich eine besondere Stellung eingenommen.

https://www.youtube.com/watch?v=VWqJifMMgZE (Opens in a new window)

Zu guter Letzt funktioniert Lilo & Stitch für alle Altersklassen. Wirklich mal ein Film, über den es sich sagen lässt, das er generationenübergreifend funktioniert. Er hat Charme, Witz und Würde. Unglaublich viel Herz und Empathie. Dazu eine gute Message, die auch bei den Jüngsten (und verkorkstesten Alten) ankommen dürfte, ohne dass sie allzu sehr on the nose wäre. Lilo & Stitch dürfte eine der, wenn nicht die, beste Live-Action-Verfilmung eines „klassischen“ Disney-Stoffes sein (direkt dahinter The Beauty and the Beast).

Punktum: Anschauen.

AS

PS: Gespannt ob an diesem Startwochenende Lilo & Stitch oder doch Mission: Impossbile - The Final Reckoning (Opens in a new window) das Rennen macht.

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Lilo & Stitch ist seit dem 22. Mai 2025 im Kino zu sehen.

Topic Film

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