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Guten Tag, werte Lesende!

Oder sollte ich "Spacken" sagen? Wenn ein Bundestagsvizepräsident seinen Parlamentskollegen so titulieren darf, dann sollte dieses Schimpfwort ja wohl in der Mitte der Gesellschaft angekommen sein, so wie "Digga".  Das sagen meine Söhne oft und gern.

Stimmt aber nicht. Es gibt Hinweise darauf, das "Spacko" oder "Spacken" eine Umformung, quasi eine Ausweichform des hässlichen Pöbelworts "Spasti" ist, das in meiner Jugend selbst in gossennahen Kreisen verpönt war.

https://de.wiktionary.org/wiki/Spacko (Opens in a new window)

So, und jetzt denken wir die Geschichte noch mal von vorn: FDP-Kubicki findet es lustig, SPD-Lauterbach als behindert zu bezeichnen. Nein, nicht komisch. Sondern absolut inakzeptabel, nicht nur Menschen mit Behinderung und ihren Angehörigen gegenüber. Was lernen wir aus Kubickis Stammkneipengeschwätz?  Manche Vorgänge gehen weiter, entwickeln sich. Ganz selten ist was wirklich zuende, wie schon Lenny Kravitz wusste. 

https://www.youtube.com/watch?v=TmENMZFUU_0 (Opens in a new window)

Oder, wie ein schlauer Mensch (Mark Twain? Winston Churchill? Juju?) mal sagte: Am Ende ist alles gut, und wenn es nicht gut ist, ist es nicht das Ende.

Viel Spaß, Digga!

PS: Spaß an Schumachers Woche?  Für alle, die meine Arbeit unterstützen möchten und können, gibt's hier (Opens in a new window) die Möglichkeit. Diese Woche verlose ich unter allen Steady-Freunden ein auf Wunsch signiertes Exemplar von Kein Netz. (Opens in a new window)

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Kevin der Woche

Der wunderbare Wahlkampfphilosoph Frank Stauss sagte unlängst: "Deutschland har mehr Angst vor Armin Laschet als vor Kevin Kühnert." Diese Woche war Kühnert bei Lanz und viele Jusos quietschen empört, weil ihr einstiger Anführer auf einmal so staatstragend daher kam, klassisches Juso-Schicksal übrigens. Einfach nur, um anzugeben, hier ein Video, das ich mit Kühnert drehte, als er noch jung und crazy war. Juso isch over, Karriere noch nicht.  

https://www.youtube.com/watch?v=Cj82ZS24Q_E (Opens in a new window)

Prostata der Woche

Die gehörte Ingo Schnaitmann. Jetzt ist sie futsch. Klingt dramatisch. Ist es auch. Ingo hatte Krebs, ist im Januar operiert worden und seither wohlauf.

Aber jetzt mal nicht vom Ende eher, sondern von Anfang an. Die Initiative YesWeCancer hat zum zweiten Mal den Krebskongress YesCon veranstaltet, eine wunderbare Mischung guter Themen und Typen, die die Seuche und den Umgang damit - pharmazeutisch, psychologisch, persönlich - angenehm offen und breit behandeln. Rainer Langhans war auch da.

Zum Abschluß der YesCon sassen wir mit sechs Männern auf der Bühne und redeten drüber, warum Männer kaum über Erkrankungen reden, Prostatakrebs schon gar nicht. Impotenz und Inkontinenz bleiben selbst mit viel Bier tabu. Unternehmenssprecher Ingo Schnaitmann war auch dabei und hatte die, sorry, Cojones, ganz offen über o.g. Themen zu reden. So wie Medienmanager Jochen Kröhne, der berichtete, wie sich das für einen Alpha anfühlt, im Drogeriemarkt mit dem Personal über Eigenarten von Windeln zu fachsimpeln. Für heitere Gelassenheit sorgte Professor Thorsten Schlomm, der täglich Prostatakarzinome kunstvoll wegschnippelt. In einer tragenden Rolle: die wunderbare Julia Josten.

https://www.youtube.com/watch?v=xD4-eNtfDCQ&t=1s (Opens in a new window)

Redigieraufgabe der Woche 

Ich will ja nicht respektlos sein, aber die Reden von unserem geschätzten Bundespräsidenten Frank-Walter Steinmeier haben eines gemeinsam: eine Flut von Verneinungen. In meinen Schreibwerkstätten predige ich seit Jahren, dass zuviele "nicht" oder "kein" nahezu jeden Text verunstalten. Steinmeier ist ein Meister des permanenten oft nur rhetorischen Verneinens. Meine liebste Hassfigur ist das "Nicht nur..., sondern auch...". Am Küchentisch habe ich Steinmeiers Rede zur Eröffnung des Humboldt-Forums nach hässlichen Verneinungssätzen durchforstet. Untertäniger Ratschlag ans Staatsoberhaupt: Auch wenn die Vertragsverlängerung im Schloss Bellevue in den Koalitionsverhandlungen begraben werden wird – es ist noch nicht das Ende. Bitte noch eine nicht unbedeutende Rede ohne "nicht" und "kein". PS: "Noch" ist auch nicht gerade wenig drin.

Alter, weißer Mann der Woche

Auf der #greenactorslounge durfte ausgerechnet ein älterer Herr ein Podiumsgespräch moderieren, bei dem es um Parallelen von Filmgeschäft und Textilindustrie ging, vor allem um den Machtmißbrauch derer, die das Sagen haben, meist Männer. Filmstoffentwicklerin Sara Sommerfeldt, Schauspielerin Leslie Malton und Tchibos Menschenrechtsbeauftragte Julia Thimm sprachen über Probleme, Lösungen und kamen zu dem Schluß, dass das Reden über #metoo gerade erst begonnen hat. Eine wesentliche Erkenntnis: Männer sind massiver Teil des Problems, werden aber zur Lösung dringend gebraucht. Wir alle, hier und global, stehen in Sachen Diskriminierung immer noch am Anfang.

Tweet der Woche

Wer kein Ende der Arbeit in Sicht haben will, der ruft per Twitter zu einem Wahltippspiel auf, bekommt bis Freitagmorgen über 900 Tipps, hat aber keine Idee, wer all die Zahlen auswerten soll. Bange Frage: Hat die elende Tipperei denn gar kein Ende? Hier bitte Lenny Kravitz summen.    

https://twitter.com/hajoschumacher/status/1440954983353049088 (Opens in a new window)

Wolf der Woche

Nein, der Journalismus ist nicht am Ende, jedenfalls nicht, solange Heroen unseres Geschäfts so angenehm kluge Reden halten. Danke, Armin Wolf. Und dazu noch die nicht ironisch gemeinte Bitte: Könnten Sie die nächste Rede des Bundespräsidenten rasch noch mal durchredigieren.

https://www.arminwolf.at/2021/09/23/wozu-noch-journalismus/ (Opens in a new window)

Wahl der Woche

Ich bestaune immer wieder voller Ehrfurcht diese faszinierende Maschinerie namens Bundestagswahl, wenn die sehr heterogenen Interessen von 60 Millionen Wahlberechtigten an einem Tag in sechs, sieben bunte Balken verwandelt werden, die wiederum als Grundlage dienen für eine neue Regierung. Das ist Demokratie, Digga. Und die ist auch noch nicht am Ende. 

Das Kreuz mit dem Kreuz

Wahlen sind Festtage der Demokratie. Hier eine kleine Auswahl an Wählertypen.

60 Millionen Deutsche sind aufgerufen, mindestens zwei Kugelschreiberkreuze zu setzen. Hier eine Auswahl von Wählertypen, die nur eines gemeinsam haben: Erst- und Zweitstimme.

Die Stammwählerin

Wählt immer dieselbe Partei, wie schon ihre Eltern. Gehört sich so. Haben wir schon immer so gemacht. Vorteil: Kann Wahlsendungen im TV ignorieren.

Der Erfolg-Wähler

Beim FC Bayern kennt man diese Fans, die sich nur an den Klub wanzen, weil er Titel holt. Kommt der BVB wieder, wechseln derlei Anhänger sofort nach Dortmund. So ist es auch in der Politik: Wer will schon Verlierer gewählt haben? In Merkel-Zeiten war die Entscheidung allerdings leichter.

Die Paradox-Wählerin

Würde gern Christian Lindner wählen und wünscht sich eine Jamaika-Koalition. Was aber, wenn ihre FDP-Stimme dem CDU-Kandidaten Laschet gegen SPD-Mann Scholz fehlt? Umgekehrt gilt ebenso: Eine grüne Stimme in der Hoffnung auf eine Ampel könnte Laschet nützen, weil er knapp vor Scholz landet. Partei wählen oder Kanzler wählen? Wählen kann wie Lotto sein.

Der Gefühlswähler

Mal ist es die Stimme, eine hässliche Krawatte oder ein schräger Blick - Kriterien, die für Experten ein Graus sein mögen, gelten bei Wahlen genauso viel wie ein Politikstudium. Manche Menschen wissen wenig, spüren aber richtig, gerade wenn es um Werte wie Vertrauen, Zuverlässigkeit, Belastbarkeit geht. Die finden sich in keinem Programm, können aber gerade in Krisenzeiten den Unterschied machen.

Die Jux-Wählerin

Mag sich mit Politik nicht ernsthaft auseinandersetzen, hält Ironie für eine politische Meinung und stimmt daher beispielsweise für Die Partei, deren Frontmann Martin Sonneborn immerhin ins EU-Parlament einzog. Das Angebot an Spaßparteien ist 2021 eher dünn; nicht mal die Biertrinker-Partei tritt an.

Der Darts-Wähler

Politikverdrossen, aber demokratiefest, geht daher tapfer wählen. Welche Partei? Egal. Augen zu und wie beim Pfeilewerfen nach dem Zufallsprinzip auf den Wahlzettel ticken. Dort dann das Kreuz machen. Nur so lassen sich die Stimmen für manche Parteien erklären.

Die Zuck-Wählerin

Will diesmal auf gar keinen Fall diese Mistpartei zu wählen, die wieder nicht geliefert hat. Der Stift fährt den Wahlzettel hektisch auf und ab auf der Suche nach anderen Optionen. Im allerletzten Moment zuckt die Hand dann doch wieder zur geliebten gehassten Mistpartei. Zum letzten Mal, aber diesmal wirklich.

Der Last-Minute-Wähler

Hat Samstagnacht durchgezecht, erfährt aus der Live-Sendung im Fernsehen, dass Sonntag gewählt wird, sucht hektisch im Stapel ungeöffneter Briefe die Wahlbenachrichtigung, stürmt in der Jogginghose los, bedient unterwegs den Wahl-O-maten und schafft es tatsächlich bis 17.59 Uhr ins Wahllokal. Hat bis zum Montag allerdings schon wieder vergessen, was er gewählt hat.

Die Ungültigwählerin

Unzufrieden mit der Gesamtsituation, will aber nicht extrem wählen. Zieht in der Wahlkabine einen langen diagonalen Strich über den Wahlzettel und achtet darauf, dass das Kratzen des Schreibgeräts draußen nicht zu hören ist. Fühlt sich danach aber auch nicht besser.

Der Brieftaschenwähler

„It's the Economy, stupid“, sagte einst US-Präsident Bill Clinton, und auch Helmut Kohl wusste: Meist stimmt der Geldbeutel mit. Im Wahlkampf wird viel versprochen. Aber in den Koalitionsrunden dann doch wieder geschliffen.

Die Herzenswählerin

Kleingarten, Liebe, Tierschutz – Siegchancen oder Koalitionsüberlegungen sind völlig egal. Herz ist Trumpf.

Der Protest-Wähler

Will es denen da oben mal so richtig zeigen, will weniger Gerede im Parlament, mehr Anführer und übersieht, dass die meisten Alternativen gar keine sind. Egal. Wahjlzettelm gleich Denkzettel. Basta.

Die akribische Wählerin

Hat die Chancen ihrer Wahlkreis-Kandidaten auch im historischen Langzeitvergleich analysiert, Abgeordnete mit Fragenkatalogen bombardiert, will maximalen Ertrag ihrer Stimme. Auch als Kleinaktionärin aktiv.

Der pragmatische Wähler

Wer richtet wahrscheinlich am wenigsten Schaden an? Kreuz dran. Fertig.

Mit freundlicher Genehmigung der Berliner Morgenpost

Und jetzt: Frohes Wählen. Und immer an den Zauber des Anfangs denken.

Herzlich,

Hajo Schumacher

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