Schreibimpuls: Sinne
Liebe:r Schreibheld:in!
Hier kommt ein kleiner Impuls, der dich ganz sanft und unaufgeregt ins Schreiben bringen möchte.
Dafür besinnen wir uns zunächst auf das Wesentliche und schreiben über das, was wir sehen, fühlen, riechen und hören. Vielleicht auch das, was wir schmecken. Schlüpf in bequemes Schuhwerk und geh raus. In den nächsten Park, den Wald, laufe durch Felder und Wiesen oder vielleicht sogar um einen See, wenn einer in der Nähe ist – oder durch den heimischen Garten. Du musst für diesen Spaziergang keinen großen Aufwand betreiben, es sollte nur ein möglichst ruhiger Ort mit ein wenig Grün um dich herum sein. Ich gehe hier in Berlin beispielsweise gerne meine Runden durch den Tiergarten oder um den Schlachtensee. Gerade jetzt, wo langsam die Jahreszeiten wechseln und der Sommer in den Herbst übergeht, empfinde ich diese Orte als besonders magisch.
Für die Übung versuchen wir einmal das Handy zu Hause oder zumindest stumm geschaltet in der Tasche zu lassen. Gönne deinen Ohren eine Pause von Kopfhörern und nimm dafür deine Umgebung bei diesem Spaziergang ganz bewusst wahr:
Was siehst du? Welche Farbe hat der Himmel? Wie fühlt sich der Boden an, auf dem du gehst, wie riecht die Luft? Hörst du verschiedene Vögel zwitschern oder Insekten um dich herum surren? Vielleicht rumpelt auch in einiger Entfernung die Bahn vorbei oder der Stadtverkehr rauscht noch leise in dein Ohr. Begegnen dir andere Menschen auf deinem Weg?
Ob du zehn Minuten oder zwei Stunden spazierst, spielt keine Rolle. Wenn du nach Hause kommst, mach es dir mit einer Tasse Tee oder Kaffee gemütlich, schnapp dir Stift und Notizbuch oder öffne ein Dokument an deinem Laptop und schreibe los. Es gibt kein richtig oder falsch, zu viel oder zu wenig: Ein bis zwei Sätze sind ebenso wertvoll wie eine Seite.
Schreib ganz allein für dich auf, was du bei deinem Spaziergang wahrgenommen hast – wenn du noch nicht so richtig weißt, wie du anfangen sollst, orientiere dich an den oben gestellten Fragen. Zusätzlich hänge ich dir hier noch meinen entstandenen Text aus dieser Aufgabe an, der als Inspiration dienen, aber natürlich nicht deine Beobachtungen und dein Gefühlserleben ersetzen kann:
Schon während die Bahn in den S-Bahnhof “Schlachtensee” einfährt, breitet sich ein Gefühl von Ruhe in mir aus. Ich trete aus der Unterführung, nehme den rechten Ausgang und überquere die Straße, die über einen steilen Weg mit ein paar Stufen zum See führt. Fluffig aussehende weiße Wolken zieren den blauen Spätsommerhimmel über dem See und legen den Septembertag in ein warmes Licht. Die Luft fühlt sich frisch an, ab und zu schafft es noch ein Sonnenstrahl bis zu meiner Nase und dann bleibe ich einen Moment stehen, schließe die Augen und atme die letzten Züge des Sommers ein. Als ich die Augen wieder öffne, erblicke ich auf der Bank neben mir das zufriedene Gesicht einer Spaziergängerin, die es mir gleichtut und mit geschlossenen Augen und einem friedlichen Lächeln den Moment genießt, während sie im Sitzen die Beine anhebt und mit den Füßen wackelt. Wo vor wenigen Wochen noch der Geruch von Sonnencreme in der Luft lag und nasse Badehosen tropfend in den Ästen hingen, duftet es nun nach trocknendem Laub und feuchtem Waldboden. Mit dem ein oder anderen Schritt knistert ein braun gebranntes Blatt unter meinem Schuh. Über den See hinweg höre ich die Bahn über die Gleise rollen, in den Baumkronen direkt über mir rascheln die Vögel durch die Blätter und ich stelle mir vor, dass sie gerade ihr Zuhause aufräumen und es sich für die bevorstehende Jahreszeit gemütlich machen. Hier am See kehrt langsam eine herbstliche Stadtruhe ein und ich gehe die letzten Schritte auf meiner Runde ein wenig langsamer, um mich von der Szenerie zu verabschieden, bevor ich wieder die Stufen hinaufgehe, in die Unterführung hinein und links die Treppen nach oben zur S-Bahn, die mich zurück Richtung Plattenbau bringt.
Wenn du möchtest, teile deinen Text auf Instagram mit dem #projektschreibmut. So ermutigst du vielleicht noch jemanden zum Schreiben oder kannst dich mit anderen Schreibheld:innen austauschen – das ist natürlich deine Entscheidung und du kannst dich genauso ganz für dich allein über deine Zeilen freuen.
Jetzt klopfe dir erst einmal kräftig auf die Schulter und sei stolz auf dich und darauf, dass du deiner Kreativität die Tür aufgemacht hast!
Bis nächste Woche!
Alles Liebe
deine Sarah