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Nonchalance.

Ob Grübelei und Unbekümmertheit die Existenz des jeweils anderen lediglich akzeptieren oder doch eine gewisse Synergie im Spiel ist und über sehr viel Leben, das gerade passiert.

Auf die Gefahr hin, diesen Beitrag mit der Nummer 1 der abgedroschenen Sätze zu beginnen, schreibe ich es trotzdem, weil es so ist: Die Zeit rast an mir vorbei! Liegt es am Älterwerden, am Übergang vom grauen Berliner Winter in den Frühling oder daran, dass das Leben sich gerade so lebendig und erfüllt anfühlt? Immer wieder komme ich zu dem Schluss, dass es wohl bei allem immer irgendwie die Summe all dessen sein muss, was zum aktuellen Zustand führt. Im letzten Newsletter hatte ich einen neuen Schreibimpuls für den nächsten Mittwoch angekündigt und nun ist bereits eine Woche vergangen - ohne Schreibimpuls für euch. Ich werde versuchen, ihn in der kommenden Woche zu teilen. Man lernt ja dazu: Keine Versprechen, die man nicht einhalten kann. Ich hoffe, ihr seht es mir nach und konntet dennoch Inspiration in den bereits vorhandenen Impulsen und Beiträgen oder auf anderem Wege finden. Für mich ist das Montagswort von @prosa_ist_innen auf Instagram bereits zum festen Bestandteil meiner Schreibroutine geworden, eine wunderbare Kleinigkeit für den Start in die neue Woche und ein sehr schöner Austausch mit anderen Schreibenden!

In den letzten Tagen und Wochen habe ich reichlich geschrieben, meist nur für mich allein. Und ich sage euch, wie es ist: Das tat wahnsinnig gut! Schreiben, ohne vorzuhaben, das Ergebnis mit irgendwem zu teilen, einfach um zu verarbeiten, was mich beschäftigt und Dinge niederzuschreiben, die ich erlebe, fühle und einfach nicht vergessen kann. Manchmal fällt es mir schwer, die Balance zu finden zwischen dem Schreiben als Akt der Selbstfürsorge und dem schriftstellerischen Tun, das es am Ende auch zu veröffentlichen gilt. Für mich sind das zwei völlig unterschiedliche Paar Schuhe. Phasenweise ist dieses „therapeutische“ Schreiben notwendig, um überhaupt in der Lage zu sein, mich auf eine Geschichte, insbesondere fiktionale Storys oder längere Texte, einzulassen. Würde ich nicht vorher meine Gedanken sortieren und sie an einen anderen Ort schicken, tauchten sie ständig in den unpassendsten Momenten auf und brächten einen fein säuberlich konzipierten Plot ins Wanken. Jedenfalls gibt es einiges zu verarbeiten und zu Papier zu bringen, das echte Leben, das zwischen dem seligen Tippen und unlesbarer Handschrift, die schwungvoll in rosa Notizbüchern landet, gelebt werden möchte. Mit einer chronischen Erkrankung möchte man immer die Phasen, in denen Energie zur Verfügung steht, möglichst gut nutzen, gleichzeitig kann das auch schnell nach hinten losgehen, wenn man sich überschätzt und einmal zu oft denkt: „Ach, das geht schon.“ Eine Gratwanderung, die täglich, manchmal stündlich, immer wieder aufs Neue angetreten werden will. So anstrengend das auch sein mag, und nein, man gewöhnt sich nie daran, so sehr habe ich diese Momente des Möglichseins zu schätzen gelernt. Während es natürlich keinen großen Spaß macht, große Strecken mit angezogener Handbremse zurückzulegen, damit man überhaupt die Chance hat, irgendwo anzukommen, lässt sich jeder noch so kleine Schritt nach vorne um ein Vielfaches intensiver fühlen.

Mein Leben ist aktuell gefüllt mit einigen großen Themen, die meine berufliche Existenz angehen, aber auch mit Menschen, die verloren geglaubt waren und nun wichtiger sind denn je, Menschen, von denen ich mich endgültig verabschiedet habe und einige, die erst vor Kurzem in Erscheinung getreten sind und meine Welt genau im richtigen Winkel auf den Kopf stellen. All das beschäftigt mich, ich muss es aufschreiben, um es zu Ende denken zu können und gleichzeitig lassen sie sich ganz leicht an die Hand nehmen.

Vor ein paar Tagen erhielt ich von einer dieser Personen ein wundervolles Kompliment: „Sarah, ich bewundere, mit was für einer Nonchalance du durchs Leben gehst.“ Dieser Satz entsprang einer Sprachnachricht, die Teil eines Gesprächs über Beziehungen und die berufliche Zukunft zwischen zwei Frauen in ihren Dreißigern war. Wir beide sind weit davon entfernt, genau zu wissen, was wir hier tun und wo es hingehen soll, doch ein gewisses Vertrauen in uns selbst (und in meinem Fall auch ins Universum, diverse Heilsteine und Räucherstäbchen) verhindert, dass wir in Panik ausbrechen, wenn jemand nicht in einem angemessenen Zeitraum auf Nachrichten antwortet oder der Job, den wir gerade eben erst angetreten sind, doch nicht das Richtige ist. Und diese Fähigkeit, so möchte ich es an dieser Stelle nennen, sehe ich als großen Segen, der uns so manchen schweren Gedanken erspart. Aber wie passt das denn nun in das Grübelnasendasein? Habe ich etwa aufgehört, Dinge zu zerdenken und gehe plötzlich selbstbewusst als Autorin durchs Leben? Sicher nicht. Natürlich ist das auf den ersten Blick ein Widerspruch, der sich aus dieser Lässigkeit und chronischer Vieldenkerei ergibt. Dennoch sind sie beide da, mal mehr und mal weniger ausgeprägt. Sieht man genauer hin, ergibt die Sache eigentlich auch Sinn und die Gleichzeitigkeit dieser beiden Zustände sorgt für eine Art Ausgewogenheit. Gäbe es dieses Urvertrauen in grundsätzlichen Dingen nicht, hätte ich wohl überhaupt keine Kapazität, um mich mit Grübeleien über meine Kreativität zu beschäftigen - so zumindest sieht meine Logik zu diesem Thema aus. Auch den Gedanken der Erfahrung darf man hierbei sicher nicht vernachlässigen, denn in gewissen Dingen, wie diversen Jobsituationen oder Freundschaften und Beziehungen, die kommen und gehen, habe ich das ein oder andere schon erlebt und eine Strategie im Umgang mit diesen entwickelt, die mich da schon immer irgendwie durchbringt. In Sachen Kreativität ist das anders. Ich weiß nicht, ob ich jemals einen Bestseller schreiben werde und bin mir nie sicher, ob und wie es nach der nächsten Schreibkrise weitergeht und vor allem wie ich damit umgehen soll. Und selbst wenn schriftstellerische Erfolge einmal schwarz auf weiß in Zahlen messbar verzeichnet werden können: Ist das die Garantie für einen entspannten Umgang mit der eigenen Kunst? Ein bisschen gehört er ja auch dazu, der Zweifel, um das Schreiben wieder etwas zu romantisieren, beziehungsweise realisieren.

Ich denke, die Nonchalance, die mir liebevoll unterstellt wird, hat viel mit Akzeptanz zu tun, der Akzeptanz, einige Dinge eben nicht beeinflussen zu können und statt sich daran aufzuhalten, den Themen zu widmen, die wir zumindest teilweise in der Hand haben.

Wenn du möchtest, sehen wir uns nächsten Sonntag wieder hier - vielleicht auch schon eher, beim gemeinsamen Schreiben!

Alles Liebe

deine Sarah

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