Skip to main content

"Ich komme mir vor wie in einem Labor."

Die Hundehalter:innen, die bereits das Hundefutter für ihre Hunde selbst zubereiten bzw. zusammenstellen wissen sicherlich genau, wovon ich rede & müssen vermutlich an dieser Stelle schmunzeln und mit dem Kopf nicken. Wie sehr es von Vorteil sein kann, das Futter für seinen Hund selbst zusammen zu stellen und wie nachteilig Fertigfutter sein kann, möchte ich euch hier genauer erklären.

In der Tat kann die Entscheidung eine Ernährungsberatung für seinen Hund aufgesucht zu haben schonmal damit enden, dass man mit einer Feinwaage (oder gern auch "Dealerwaage" genannt) in der Küche steht und zahlreiche Pülverchen abwiegt und zusammen mischt. Etwas, was vermutlich den meisten von uns vor Jahren noch unvorstellbar und als nicht notwendig erschien. Oder zumindest für mich als Ersthundehalterin gesprochen: Ich dachte immer, ich reiß' ne Tüte auf, füll die Brocken in den Napf, mach die Tüte wieder zu, Hund frisst, is(s)t gesund und glücklich und wir können uns auf die "wirklich wichtigen Dinge im Leben" konzentrieren. Dass ich natürlich ganz persönliche Beweggründe hatte tiefer in die Fütterung von Hunden einzutauchen, das wissen die meisten von euch bereits. Doch ich hätte früher niemals gedacht, dass es schlichtweg von Nachteil sein kann ein Fertigfutter zu füttern.

Ich möchte an dieser Stelle einmal kurz einwerfen: Fertigfutter haben ihre Daseinsberechtigung & "leider" brauchen wir diese auch.

Um auf das eigentliche Thema zurückzukommen, mir war früher nicht klar, dass v.a. in Trockenfutter die Mineralstoffe & Spurenelemente von Anfang an höher dosiert zugesetzt werden müssen, damit die Hersteller bis zum Ablauf des Mindesthaltbarkeitsdatums garantieren können, dass der Nährstoffgehalt dem Wert entspricht, der auch auf der Verpackung abgedruckt ist. Mir kam gar nicht in den Sinn, dass Nährstoffe bei längerer Lagerung an Gehalt verlieren. Das ist ein unvermeidlicher Prozess, der beeinflusst wird durch Licht, Luft, Temperatur und Feuchtigkeit. Dementsprechend kann man also davon ausgehen, dass bei Fütterung mit Fertigfutter (allem voran Trockenfutter) der Nährstoffbedarf meist um ein Vielfaches abgedeckt ist bzw. der Hund damit überversorgt wird! Das gilt nicht unbedingt für alle Nährstoffe, aber gerade für Eisen, Kupfer, Calcium, Phosphor und evtl. auch Zink und Jod. 

Nun könnte man denken, na gut, dann kaufe ich eben ein Futtermittel bei dem das Mindesthaltbarkeitsdatum bald abläuft. Hier ergibt sich ein anderes Problem, denn die Fette in Trockenfutter können ranzig werden. Um das zu vermeiden werden Konservierungsstoffe eingesetzt. Trotzdem kann das Futter bereits für viele Vierbeiner ungenießbar geworden sein, was zur Folge hat: Der Hund frisst nicht mehr richtig.

Es ist inzwischen bekannt und in mehreren Büchern wie z.B. dem "Ernährung des Hundes" (von Meyer/Zentek) oder auch dem "NRC - National Research Council" festgehalten, welchen Bedarf unsere Hunde haben. Wobei ich hier erwähnen muss, dass der NRC als Hilfswerk für Fertigfutterhersteller dient & angibt, welche Nährstoffe in welcher Zusammensetzung im Fertigfutter enthalten sein müssen. Es ist inzwischen aber auch hier bekannt, dass einige Nährwerte vermutlich deutlich höher angesetzt werden, als notwendig. Ein vergleichbares Werk für Frischfutter (BARF) gibt es leider so noch nicht. Jedenfalls befindet sich trotz dieser Hilfswerke zahlreiches Futter in verrücktesten Zusammenstellungen und Bedarfsdeckungen auf dem Markt, die fernab von Gut und Böse sind und trotzdem gesetzlich erlaubt sind. Wie das geht? Das ist ein anderes Thema, auf das ich ein anderes Mal gern zu sprechen kommen.

Um das Ganze abzukürzen: Wir Ernährungsberater:innen arbeiten natürlich mit Hilfsmitteln wie Fachbüchern und Nährwertrechnern, damit wir die Rationen für die Vierbeiner bedarfsgerecht zusammen stellen können. Denn es gibt so viele Faktoren, die eine Ernährung individuell machen & mir tagtäglich aufzeigen, dass Schema F selten passt. Es gibt da einerseits rassespezifische Unterschiede, Unterschiede in Geschlecht und Hormonstatus, das Alter, sowie die Größe und Aktivität spielen eine wichtige Rolle. Aber auch der Gesundheits- oder Krankheitszustand, der Alltag des Hundes (Stichwort Mehrhundehaltung), der Anspruch an den Hund, die Umwelt in der er lebt, die Ausflüge zur HuTa (Hundetagesstätte), die täglichen Spaziergänge - zahlreiche Faktoren spielen da mit rein. Dazu kommt dann noch: Jeder Hund hat einen anderen Stoffwechsel. Ich habe teilweise Geschwisterpaare in der Beratung, die einen komplett unterschiedlichen Energiebedarf haben. Es mag zwar plakativ klingen, wenn man sagt: Hundeernährung ist individuell & sollte so auch gestaltet werden. Stimmt aber so.

Und damit kommen wir zum Labor zu Hause: Wer zu mir in die Beratung kommt, bekommt von mir genau aufgeschlüsselt, welche Ergänzungsfuttermittel in welcher Menge gefüttert werden und warum man bei dem einen oder anderen bitte milligrammgenau abwiegen und füttern muss. Das soll die Sache nicht komplizierter machen - auch wenn es sich am Anfang so anfühlt. Letztendlich geht es darum, dass der Hund mit seinen Bedürfnissen & seinem Nährstoffbedarf optimal versorgt ist & man eben individuell auf Krankheitszustand, Lebensumstände und Co. eingehen kann. Warum mir das so wichtig ist? Weil ich mittlerweile weiß, dass gerade Erkrankungen des Magen-Darm-Traktes zu verschiedenen Störungen in der Nährstoffaufnahme führen können. Dadurch kann bei dem einen oder anderen Hund der Bedarf an einigen wichtigen Vitaminen wie Vitamin D und B12 und einigen Mineralstoffen wie Zink und Folsäure ansteigen. Sei es, weil der Körper diese Nährstoffe vermehrt für die Wundheilung benötigt, sei es, weil der Darm in seiner Funktion eingeschränkt ist und dadurch die Nährstoffaufnahme nicht mehr so funktioniert, wie sie sollte. Oder es macht einfach kurativ Sinn, bestimmte Vitamine eine Zeit lang höher zu dosieren, um die Wundheilung, das Fellwachstum und die Stärkung des Immunsystems anzuregen.

Der Napf meines Hundes wird täglich mit Enzymen, B-Vitaminen, Spurenelementen und anderen Mitteln gefüllt, damit ich individuell auf seine Erkrankung (IBD - Inflammatory Bowel Disease) und seinen Bedarf eingehen kann. Angepasst auf seine Größe, seinen Gesundheitszustand, die Jahreszeit etc. und welche Unterstützung sein Körper gerade gebrauchen kann, ergänze ich den Napf. Es gibt mir wirklich jeden Tag ein sehr gutes Gefühl und ich bin froh, dass ich diesen Weg gehe. Und ich denke, es geht allen so, die das Futter für ihre Vierbeiner selbst zusammenstellen. Ich muss auch sagen, dass man sich mit der Zeit wirklich "eingroovt" und sich immer besser organisiert, um den "Aufwand" im Alltag so gering wie möglich zu halten und so zu gestalten, dass auch ein Dritter von außen keine Angst haben muss, den Hund zu füttern.

"Ich bin total beruhigt zu wissen, dass mein Hund genau nach seinen Bedürfnissen versorgt ist & ich genau weiß, was im Futter drin ist."

Zum Thema "Überversorgung" und was es bedeutet, wenn gewisse Nährstoffe zuviel gefüttert werden, darauf folgt in den nächsten Tagen für die Clubmitglieder ein exklusiver Beitrag.

Ich wünsche euch einen schönen Tag! :)

Topic BLOG