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Redensarten Nr. 13 - Vom Sprechen und Verwirren

Liebe Redensarten-Freundinnen und Freunde,

willkommen zu meinem dreizehnten Newsletter.

Heute wollen wir einmal über etwas sprechen, was wir jeden Tag tun, wenn wir nicht gerade wie ein Einsiedler leben: sprechen. Und weil wir das so häufig tun, sind die umgangssprachlichen Ausdrücke und Redensarten, die mit dem Sprechen verbunden sind, nahezu endlos.

Quelle: depositphotos.com (Opens in a new window)

Wenn ich in meinem Wörterbuch nachsehe, wie viel Einträge mit sprechen und reden zu tun haben, dann komme ich auf die gewaltige Zahl von 244 (Opens in a new window) Aber natürlich ist das nur die "Spitze des Eisberges (Opens in a new window)", denn im Alltag findet der größte Teil der Kommunikation über das Sprechen statt.

Abwertung

Ein großer Teil der Ausdrücke und Redewendungen ist mit einer Bewertung verknüpft. So bedeuten die Wörter sabbeln (Opens in a new window), schwätzen/schwatzen (Opens in a new window), labern (Opens in a new window), oder blöken (Opens in a new window) eigentlich auch nur "sprechen", haben aber eine abwertende Nebenbedeutung. Blöken (Opens in a new window) (oder auch bölken (Opens in a new window)) entstammt eigentlich der Tierwelt, genauer gesagt den Lauten von Schafen und Rindern.

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Wer also rumblökt (Opens in a new window), gibt laute und dumme Äußerungen von sich. Sabbeln (Opens in a new window) wiederum hängt sprachgeschichtlich mit sabbern (unkontrolliert Speichel aus dem Mund fließen lassen) zusammen.

Schwätzen (Opens in a new window) und labern (Opens in a new window) können allerdings auch wertneutral verwendet werden. So sagt man bei uns in Hessen z. B., wenn man ein Gespräch später fortsetzen will: "Lass uns nachher noch mal schwätzen!"

Ebenfalls abwertend ist das Wort sülzen (Opens in a new window). Es bezeichnet ein Reden, das vom Zuhörenden als unangenehm empfunden wird: langanhaltendes, überflüssiges oder umständliches Gerede zum Beispiel. Aber auch, wer die andere Person durch langes Sprechen langweilt, ihr schmeichelt oder sie zu überzeugen versucht oder sich umständlich ausdrückt, der sülzt sie voll (Opens in a new window).

Als Sülze bezeichnet man in Gelee sauer-salzig eingelegte Fisch- oder Fleischstücke. Eine typisch deutsche Speise, die sicherlich nicht jedermanns Sache (Opens in a new window) ist. Das Wort selbst ist sprachgeschichtlich mit Salz verwandt.

Eisbeinsülze (Quelle: commons.wikimedia.org (Opens in a new window))

Der Zusammenhang mit sprechen ist dabei unklar. Manchem mag die weiche, wabbelige, trüb-durchsichtige Masse der Sülze ähnlich unangenehm sein wie langes und törichtes Reden. Es könnte aber auch einen anderen Ursprung haben:

Salzleckstein (Quelle: commons.wikimedia.org (Opens in a new window))

Bei den Jägern war mit "sülzen (Opens in a new window)" nämlich auch das Anlocken des Wildes mithilfe von Lecksteinen aus Salz gemeint (https://de.wikipedia.org/wiki/Leckstein (Opens in a new window)). Hier kann eine Verbindung zu "schmeichlerisch reden" hergestellt werden, aber das ist reine Spekulation.

Viel reden

Endloses Gerede geht vielen Menschen ziemlich auf die Nerven, dementsprechend gibt es nicht wenige Redensarten, die dies in abfälliger Weise beschreiben. Scherzhaft sind da noch Wendungen wie “jemandem das Ohr abkauen (Opens in a new window), “einen Knopf an die Backe quatschen (Opens in a new window), “ein Kotelett an die Backe labern (Opens in a new window)” oder “eine Bulette ans Knie labern (Opens in a new window) u.ä. Diese werden durch ihren surrealen Sprachwitz getragen. Ernster sind Ausdrücke wie “jemanden zutexten (Opens in a new window) oder “einen langen Senf machen (Opens in a new window)”.

Bockwurst mit Senf (Quelle: depositphotos.com (Opens in a new window))

Wobei die Redewendung “einen langen Senf machen (Opens in a new window)“ eher selten ist. Häufiger ist “seinen Senf dazugeben (Opens in a new window). Das bezieht sich auf Leute, die zu allem und jedem eine Meinung haben und sie auch ungefragt äußern. Hier wird der Senf behandelt wie ein Gewürz, das der Speise grundlos beigefügt wird.

Dann gibt es noch “reden wie ein Wasserfall (Opens in a new window)” (viel / schnell reden). Hier tut sich ein ganzes Bildfeld auf, das die Art und Gleichmäßigkeit des Sprechens mit einem fließenden Gewässer vergleicht: So kann man eine Fremdsprache “fließend” sprechen, man spricht vom “Redefluss”, einem “flüssigen Schreibstil” usw.

Eintöniges, langes Reden kann auch durch die vergleichende Redensart “reden wie ein Buch (Opens in a new window)“ ausgedrückt werden, die sich auf den Vorlesenden bezieht.

Ich erinnere mich noch an die Zeit, in der ich Abitur gemacht habe (ist eine Weile her!). Nach Beendigung der Abiturprüfungen fand in der Aula immer ein Festakt statt, bei dem unser Schulleiter eine Rede hielt. Dabei gibt es eine Anekdote, die sich bei meinem nächsthöheren Jahrgang zugetragen hatte: Kurz nachdem er mit der Rede begonnen hatte, hielt ein Schüler ein Schild mit der Aufschrift “In der Kürze liegt die Würze (Opens in a new window)“ hoch. Das war schon ziemlich frech, zeigte aber Wirkung: So soll er die Rede schon nach kurzer Zeit beendet haben.

Sarah Bernhardt als Hamlet, 1899 (Quelle: commons.wikimedia.org (Opens in a new window))

Der Ursprung dieses recht beliebten Sprichwortes soll in Shakespeares Schauspiel "Hamlet" (1603) liegen: Um anzuzeigen, dass er nicht lange reden will, sagt Lord Polonius zu Hamlets Mutter: “Weil Kürze denn des Witzes Seele ist, Weitschweifigkeit der Leib und äußre Zierrat: Fass ich mich kurz“ (Quelle (Opens in a new window)).

Verwirrung

Das Thema der Verwirrung beim Sprechen wird durch die Redensart “den Faden verlieren (Opens in a new window)” ausgedrückt. Das kann passieren, z. B. dann, wenn man unterbrochen wurde und anschließend “den Faden wieder aufnehmen (Opens in a new window)” - also den Gedanken weiterführen will, aber zwischenzeitlich vergessen hat, was man eigentlich sagen wollte. Oder man ist nervös - bei einem wichtigen Bewerbungsgespräch etwa oder einer Rede vor vielen Menschen. Hier gibt es ein ganzes Bildfeld, den Erzählfaden, der Gedankengänge und Texte mit den Verflechtungen einzelner Fäden eines Textilstoffes vergleicht.

Das Sinnbild reicht bis in die Antike zurück. So ist schon das Wort "Text" auf das lateinische Verb "texere" zurückzuführen, das u. a. "weben, flechten" bedeutet. Auch das Wort “spinnen (Opens in a new window)” in der Bedeutung “leicht verrückt sein, Unsinn erzählen”, das ich im Newsletter Nr. 10 (Opens in a new window) bereits behandelt habe, gehört in dieses Bildfeld.

Aber zurück zur Redensart “den Faden verlieren (Opens in a new window). Für diese gibt es noch eine spezielle Deutung aus der griechischen Mythologie: Theseus, legendärer Held und König von Athen, ging nach Kreta, um in das Labyrinth zu gehen und den Minotaurus - ein Wesen mit menschlichem Körper und Stierkopf - zu töten.

Zentrum des Labyrinths in der Villa Kérylos (Quelle: commons.wikimedia.org (Opens in a new window))

Ariadne, Tochter des kretischen Königs Minos, verliebte sich in Theseus und schenkte ihm einen Faden zum Abrollen, mit dessen Hilfe er den Minotaurus im Labyrinth finden konnte, um ihn zu töten und anschließend wieder herauszufinden. Da allerdings Theseus den Faden nicht verliert, ist diese Deutung zur Herkunft der Redewendung nicht sehr überzeugend.

Durcheinander

Ähnliche Bedeutungen wie die letztgenannten haben die Ausdrücke “sich verheddern (Opens in a new window)” und “sich verfranzen (Opens in a new window)”, die jedoch nicht nur auf das Sprechen bezogen werden können, sondern auch in anderen Zusammenhängen verwendet werden, wenn Verwirrung und Durcheinander herrschen.

So kann sich ein Knäuel Wolle verheddern, man kann sich aber auch im Gestrüpp verheddern oder bei einem Verhör in Widersprüche verheddern.

Sich verfranzen (Opens in a new window)” dagegen wird meist in wird in der Bedeutung "sich verlaufen" bzw. "verfahren" gebraucht - d. h. wenn man in fremder Umgebung nicht mehr weiß, wo man sich eigentlich befindet.

Quelle: depositphotos.com (Opens in a new window)

Das hat mit der Herkunft des Wortes zu tun: Im Ersten Weltkrieg nannte man den Navigator in den Flugzeugen Franz, ein damals sehr häufiger männlicher Vorname. Dieser war dafür zuständig, die Flugroute vorzugeben. Wenn dieser sich verirrte, hieß es, er habe sich "verfranzt".

So, das wärs für heute. Ich denke, ich werde beim Thema sprechen dranbleiben, denn da habe ich noch einige Redensarten “in petto (Opens in a new window)“.

Viele Grüße,

euer Peter vom Redensarten-Index

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