Naturschutz-Legende: Gerold Janssen (Bremen)
(6. Juli 1923 – 18. März 2012)
Das Hollerland in Bremen wäre heute kein Naturschutzgebiet, sondern die „Hollerstadt“, wenn es Gerold Janssen nicht gegeben hätte.
In den 1960er Jahren begannen die ersten Planungen, das Hollerland zu bebauen und dort die Hollerstadt zu entwickeln. Da die ersten Planungen allerdings zu sehr nach Filz und Korruption rochen und zu einem handfesten Skandal führten, wurden diese Planungen zunächst beendet.
In den 1970er wurde die Planung jedoch wieder aufgenommen. Mit großem Widerstand dagegen hatte man wohl eigentlich nicht gerechnet. Und sie hatten nicht mit einem gerechnet: Gerold Janssen.
Gerold Janssen hatte keineswegs vor, das den Stadtplanern durchgehen zu lassen und rief eine Bürgerinitiative ins Leben. Diese Bürgerinitiative machte nun den Stadtplanern und den Politikern das Leben schwer. Mit fantasievollen Aktionen wurde Öffentlichkeit hergestellt, man informierte, malte Slogans auf Straßen und Leitplanken, kassierte Bußgeldanzeigen, sammelte Spenden für die Bezahlung und ließ einfach nicht locker. Jahrelang nicht. Und Gerold Janssen war über all die Jahre unzweifelhaft die treibende Kraft der Initiative.
Schließlich hatte die Stadt Anfang der 1980er einen vermeintlich raffinierten Kniff ausbaldowert. So sollte zunächst nur ein Schmutzwasserkanal durch das Hollerland verlegt werden, was aber zur Folge gehabt hätte, dass das Oberflächenwasser damit um ca. 1,5 Meter abgesenkt worden wäre und die wertvollen Feuchtwiesen trockengelegt würden. Auf diese Weise wären schließlich alle Naturschutz-Bedenken gegen eine weitere Stadtplanung erledigt.
Das brachte das Fass aber zum Überlaufen. Eine Veranstaltung musste aufgrund des großen Andrangs in die Stadthalle verlegt werden. Und die Verantwortlichen knickten nun zunächst ein. Ein Teil des Hollerlandes wurde 1985 unter Naturschutz gestellt.
Aber die Planung war immer noch nicht vom Tisch und ging nichtsdestotrotz weiter – zu attraktiv war das Gelände: direkt am Stadtrand mit Autobahn-Anschluss. Im Jahr 1989 machte die Bürgerinitiative dann aber eine große Fahnenaktion im Hollerland und Gerold Janssen hielt weiterhin viele Vorträge, um die Menschen über die Natur im Hollerland aufzuklären und zu begeistern. Er selbst berichtete über die Zeit, dass er fast am Ende seiner Kraft war.
Aber die damalige SPD-Führung war auch Ende ihrer Nerven. Drei Vertreter der SPD-Führung meldeten sich am 5. Oktober 1989 telefonisch bei Gerold Janssen an und bei viel Rotwein unterschrieb man um 3 Uhr nachts den historischen „Hollerland-Kompromiss“, der zwar eine Teilbebauung zuließ, aber das Naturschutzgebiet sollte nochmal deutlich ausgeweitet werden, so dass dann 90 Prozent unter Naturschutz stehen sollten. Ein gigantischer Erfolg nach jahrelanger Arbeit.
Als am nächsten Tag der Kompromiss der Presse vorgestellt wurde und Gerold Janssen bundesweit als Naturschutz-Held in der Presse gefeiert wurde, demonstrierte zeitgleich ein Teil der Bürgerinitiative gegen den Kompromiss. Janssen verfiel in eine lange Depression aus der er nur schwer wieder herauskam.
1991 erfolgte dann der Vollzug der endgültigen Unterschutzstellung. 1993 erhielt Gerold Janssen zu Recht dafür das Bundesverdienstkreuz.
Ende gut, alles gut?
In den 1990er Jahren dann legte die Politik wieder das Augenmerk auf das Hollerland trotz Unterschutzstellung. Nun sollte dort ein Technologiepark gebaut werden und eine Schnellstraße als Autobahnzubringer. Janssen kommentierte dies mit „Die spinnen wohl!“. 2004 endete die Diskussion dann aber wohl (vorerst) endgültig. Die Naturschutzverwaltung meldete das Naturschutzgebiet als „Natura 2000“-Gebiet an die Europäische Union.
2012 ist Gerold Janssen gestorben. Ohne Zweifel ist er eine der großen Legenden des norddeutschen Naturschutzes. Die Art der Öffentlichkeitsarbeit und die Naturschutz-Aktionen die Gerold Janssen entwickelt hat, werden noch Generationen an Naturschützern als Vorbild dienen. Als seine größte Stärke beschrieb er selbst: „Mir ist es gelungen, aus Gegnern Freunde zu machen. Das ist mein Erfolgsgeheimnis.“
Seit 2013 gibt es ihm zu Ehren die „Gerold-Janssen-Straße“ in Bremen.