MCP — Der Newsletter im Oktober
Liebe Leser:innen,
der September war wild und wunderbar — ganz schön toll und ganz schön voll. Viele Moderationen großartiger Bücher durfte ich analog und im Instagram Livestream feiern. Wer sich nachträglich etwas von den digitalen Buchgesprächen anschauen will: Ich verlinke die gespeicherten Instalives immer auf meiner Website (Opens in a new window) im Archiv, da ist es übersichtlicher. (Das Wort Instagram führt dort immer zum jeweiligen Buchgesprächs-Video.) Viel Spaß beim Nachschauen.
Außerdem haben wir die Buchpremiere und das Erscheinen meiner, nein unserer Anthologie Und ich — (Opens in a new window) gefeiert. Ich bin noch immer beseelt und tief dankbar, dass dieses Buch nun in der Welt und so schön sein darf, dankbar für die Autorinnen, die dafür geschrieben haben, für alle, die bei der Premiere dabei sein konnten, für die fantastische Moderation von Melina Brüggemann, die zehn Autorinnen aus dem Band gleichzeitig auf der Bühne mit einer Souveränität und einer Feinfühligkeit jeweils ins rechte Licht gerückt hat, ich habe so viel von ihr gelernt an dem Abend.
Es war ein Fest, ein großes. Und ich hoffe, dass wir noch viel mit diesem Buch herumkommen dürfen, wohin auch immer man uns lädt. Christine Koschmieder war damit gerade bei o*books (Opens in a new window) in Wien zu Gast. Im Herzen waren wir alle dabei. Weitere Termine zum Buch findet ihr immer auf der Website von Ullstein unter dem obigen Link.
Die neueste Folge unseres blauschwarzberlin-Podcasts haben Ludwig Lohmann und ich nun erstmals aus der Stabi Berlin gesendet. Ihr könnt Folge 66 hier (Opens in a new window) nachhören. (Für alle, die beim Instagram-Livestream der Hall — wir sind ganz fest versprochen dran — gestört hat: Die Podcast-Version ist überarbeitet und dürfte euren Ohren gewohnte Freude machen).
Als höchst empfehlenswerte Lyrik ist Schriftstellen von Barbara Köhler natürlich viel zu kurz gekommen, für die Komplexität dieses Denkens und Schreibens könnte man mehrere eigene Folgen aufnehmen. Neben Die Spielerin von Isabelle Lehn (ich hatte es bereits im letzten Newsletter als eines der besten Bücher des Jahres gepriesen) habe ich vor allem den Verlag danubebooks entdeckt und das Romandebüt Wir waren Kometen von Daniel Gräfe als eine gelungene (und natürlich tragische, doch nie kitschige) Liebesgeschichte unter der Zerklüftung zweier unterschiedlicher politischer Systeme und Hintergründe empfohlen. Und zum Abschluss durfte ich erzählen, wie unfassbar gern ich lesend mit Stefanie Jaksch von drei Uhr nachts bis acht Uhr morgens am Küchentisch gesessen habe, um in ihrem Essay Über das Helle nachzudenken.
Die anderen Bücher, die ihr in der Grafik seht, hat Ludwig besprochen, hört auf jeden Fall, was er Kluges darüber zu sagen hatte.
Folge 67 gibt es am 22.10. um 20 Uhr im Livestream auf blauschwarzberlin (Opens in a new window) und wenig später als Podcast hier (Opens in a new window) (Wie gefällt euch die neue Seite?) oder überall, wo ihr gern Podcasts hört.
Zusätzlich zu unserem intensiven Instalive-Buchgespräch (Opens in a new window) durfte ich der wunderbaren Autorin Marica Bodrožić weitere Fragen zu ihrem neuen Roman Das Herzflorett stellen. Maricas Schreiben, ihr Denken, ihr Sehen und In-Worte-fassen sind seit vielen Jahren ganz wesentlich für mich. Dass sie jetzt nach so vielen Jahren in denen wir viele andere großartige Werke von ihr lesen durften, wieder einen Roman veröffentlicht, hat mich auch in literarischer Gestalt ihrer Protagonistin Pepsi zutiefst berührt. Wir hatten also viel zu (be)sprechen. Hier (Opens in a new window) könnt ihr es nachlesen.
Und weil man von klugen Frauen niemals genug bekommen kann, empfehle ich euch hier nochmal mit Nachdruck das großartige Gespräch zwischen Marica Bodrožić und Shila Behjat, mit Carsten Heck für Deutschlandfunk Kultur (Opens in a new window).
Unser Instagram-Lesekreis (Opens in a new window) liest gerade bereits zum 29. Mal gemeinsam ein Taschenbuch. Bis 26.10. könnt ihr gern noch mitlesen, dann tauschen wir uns dort zu Das Mädchen von Edna O’Brien (übersetzt von Kathrin Razum) aus. Die Teilnahme ist ganz easy, einfach mitlesen und dann unter dem Abschlusspost eure Eindrücke oder Fragen kommentieren, bzw. auf Mitlesende reagieren. Zusammen liest man weniger allein.
Was ich in den letzten Wochen voller Bewunderung und Begeisterung gelesen habe:
Olga Grjasnowa hat mit Juli, August, September bereits ihren fünften Roman veröffentlicht und mal wieder sehr klar gemacht, warum sie seit dem ersten Buch zu meinen Lieblingsautorinnen gehört. Wie sie mich hineingezogen hat, in das Leben von Lou, die als Kunsthistorikerin in Berlin vor allem mit dem Muttersein beschäftigt ist, während ihr Ehemann Sergej als Pianist die Welt bereist, gelingt ihr geradezu atemberaubend. Der dreigeteilte Roman führt uns dann auf die Kanaren zu einem Familientreffen der jüdischen Verwandtschaft und abschließend nach Israel. Die Komplexität einer jüdischen Familie wird bereits in der ersten Sequenz wichtiger Teil des Erzählten, doch generell bin ich immer wieder bass erstaunt, wie genial Olga Grjasnowa Beziehungen und Mutterschaft beschreiben kann. Vielleicht mein neues Lieblingsbuch von ihr!
Der Arche Verlag macht feinerweise weiter mit der Herausgabe von Shirley Jackson. Wieder übersetzt von der großartigen Nicole Seifert ist nach Krawall und Kekse nun Alles wie immer erschienen. Der Roman kann als Fortsetzung gelesen werden, funktioniert aber auch ganz wunderbar für sich allein. Die Meisterin des Schauerromans erzählt hier höchst amüsant aus dem turbulenten Alltag einer Familie in den Fünfziger Jahren: Die Kinder werden größer, die mütterlichen Sorgen folgerichtig auch, aber trotz der anekdotischen Heiterkeit, die das Buch zu einer buchgewordenen Wohltat macht, ist Shirley Jackson als scharfe Beobachterin ihrer Zeit auch in dieser Form nicht zu unterschätzen.
Katja Lewina hat ein Buch geschrieben, vor dem ich mich regelrecht drücken wollte. Was ist schon für immer erzählt, so der Untertitel, vom Leben mit der Endlichkeit. Kurz nachdem ihr siebenjähriger Sohn starb, wird bei ihr eine unberechenbare Herzerkrankung festgestellt. Das Leben gerät also zwei Mal aus allen Fugen. Sowas passiert doch immer nur den anderen, oder? Oder? In diesem Essay schreibt sie, was viele von uns (mich sehr eingeschlossen) nicht wahrhaben wollen und bleibt trotz (oder wegen) der persönlichen Tiefe weit entfernt von jeder Rührseligkeit, wenn sie darüber philosophiert, womit wir uns alle auseinandersetzen müssen: das Sterben. Dass dieses Buch so tröstlich und warm sein kann, hat mich unendlich berührt.
Zum Buchmesse-Gastland Italien, könnt ihr euch hier (Opens in a new window) über die neu erschienenen Bücher informieren.
Ich nutze die Gelegenheit, um nochmal begeistert auf Goliarda Sapienza hinzuweisen. Ihre Gefängnistagebücher Tage in Rebibbia (übersetzt von Verena von Koskull) waren eine grandiose Lektüre und Entdeckung für mich. Das Vorwort, das ich zu dem Buch schreiben durfte, könnt ihr frei zugänglich hier auf meinem Steady-Account (Opens in a new window)nachlesen. Es steckt auch voller weiterer Lieblingsautorinnen.
Eine Neuerscheinung, die mich in diesem Herbst sehr beeindruckt hat, ist Die Nacht der Schildkröten, der Debütroman von Greta Oliva (ebenfalls übersetzt von Verena von Koskull). Im Roman begleiten wir Livia über sechs Jahre durch die komplizierte (aber auch durchaus fröhliche) Zeit der Pubertät, eine Jugend in Rom. Eine familiär bedingte Sehschwäche wird in diesen Jahren allerdings immer ausgeprägter und zieht eine dramatische Diagnose nach sich. Was zu Beginn des Romans mit dicken Brillengläsern noch eine Frage der Unauffälligkeit auf dem Sportplatz ist, entwickelt sich zu einer Erzählung darüber, wie man weiterleben kann, wenn die eigene Welt sich im Wortsinn bald völlig verdüstert.
Einer meiner liebsten italienischen Romane aller Zeiten ist allerdings Wo ich mich finde von Jhumpa Lahiri (übersetzt von Margit Knapp). Die amerikanische Autorin (mit indischen Wurzeln) schreibt alle ihre Bücher, die in Italien spielen auf italienisch. (Grandios auch ihr Buch Mit anderen Worten. Wie ich mich ins Italienische verliebte, ebenfalls übersetzt von Margit Knapp, das auch allen, die sich mit Übersetzung befassen, eine wichtige Lektüre sein dürfte.) In Wo ich mich finde besticht die Beobachtungsgabe, mit der Lahiri ihre italienische Protagonistin durch den Alltag schickt. Die Mittvierzigerin ist eher Zuschauerin ihrer eigenen Biografie, fühlt sich seltsam fremd in einem unspektakulären Leben und fühlt eine diffuse und auch tatsächliche Einsamkeit als einzigen konstanten Gefährten. Ihr Blick auf die sie umgebenden Menschen ist umso genauer. Ein ganz stilles, starkes Buch.
Und abschließend findet ihr hier ein paar Termine bis zum nächsten Newsletter am 3. November:
10.10.2024 Moderation Gabriele von Arnim im Rahmen der Literaturtage Schwerin (Opens in a new window) Ein Abend über den Trost der Schönheit, Vergänglichkeit und die Kunst der Zuversicht.
12.10.2024 Erster Instagram-Livestream zur Anthologie Und ich – mit Stefanie Jaksch, Claudia Hamm, Julia Friese und Rasha Khayat
17.10.2024 Lesung aus Und ich – im Rahmen von Open Books Frankfurt (Opens in a new window)im Haus am Dom mit Zsuzsa Bánk und Olga Grjasnowa
18.10.2024 Moderation Lesung Markus Thielemann: Von Norden rollt ein Donner in der Buchhandlung Buch & Wein (Opens in a new window) im studio pompette in Frankfurt
23.10.2024 Instagram Livestream mit Julie von Kessel zu Die andern sind das weite Meer
29.10.2024 Instagram-Livestream mit Michaela Lindinger zu Wallis Simpson
31.10.2024 Instagram-Livestream mit Eva Bringer zu Unversehrt. Frauen und Schmerz
2.11.2024 Zweiter Instagram-Livestream zu Und ich – mit Slata Roschal, Simone Scharbert, Marica Bodrožić, Clara Schaksmeier und Christine Koschmieder
Ich freue mich, wenn wir uns hier oder dort oder gern auch auf der Buchmesse in Frankfurt begegnen.
Eure Maria