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Ich will einfach mal Danke schreien

Ein Follower belehrt unsere Autorin. Doch statt das Schreiben gleich an den Nagel zu hängen, wendet sie sich dann doch lieber jenen zu, die jeden Sonntag auf sie warten...

Regel Nummer eins in dieser Woche: Lass die Meinung anderer stets dort, wo sie herkommt, beim Absender. Regel Nummer zwei: Vergiss niemals Regel Nummer eins. Ich Nuss vergaß leider beide, als mir neulich ein Follower auf Instagram eine Nachricht hinterließ, in der er mich belehrte: Wieso ich mir nicht besser Sponsoren suche, statt die Leser meiner Notizen in ein Abo zu zwängen. Er benutzte wirklich das Wort „zwängen“. Ich las den Kommentar nochmal und nochmal und nochmal, um vielleicht doch noch etwas Freundliches darin zu finden. Der Mann, der sie verfasst hatte, war schließlich seit Jahren ein treuer Begleiter, auch wenn wir uns persönlich nie begegnet sind. Weshalb ich mir wirklich Mühe gab, cool zu bleiben. Es gelang mir nur so mittelgut. Denn das Wort „zwängen“ lag plötzlich tonnenschwer auf meiner Brust. Auf einmal wünschte ich mir, nie damit angefangen zu haben. Mit dem öffentlichen Schreiben und diesem ganzen Social Media Zirkus. Das klingt vielleicht etwas dünnhäutig, aber wenn es um meine Notizen geht, war ich schon immer eine pathologische Mimose.

Man muss, glaube ich, niemandem mehr erklären, dass man mit seiner Arbeit Geld verdienen muss, denn genau das ist es seit vielen Jahren: mein Job, auch wenn ich es selbst nicht so empfinde. Ich verdiene meine Piepen damit, etwas zu kreieren, Worte zu Sätzen zu formen, Texte für meine Kunden zu verfassen und, ja, auch meine eigenen Geschichten zu erzählen, in denen ich meinen Lesern das Leben erkläre, das ich selbst nicht so ganz verstehe. Ich bin meine eigene Verlegerin, Chefredakteurin, Textchefin, Zeitungsbotin. Meine Notizen unterliegen keiner Zensur, keinen Vorgaben, keinem Limit. That‘s the point, und ich könnte nicht glücklicher sein. Glücklich darüber, seit vielen Jahren das tun zu dürfen, was ich so liebe: schreiben. Und dafür bezahlt zu werden. Wie ein Künstler für seine Werke, ein Musiker für seine Songs oder ein Gärtner für einen Baum, den er pflanzt.

Und trotzdem dachte ich lange über das Wörtchen „zwängen“ nach, so lange, bis ich nicht mal mehr wusste, ob ich überhaupt schreiben kann. Und ob es vielleicht an der Zeit ist, meine Accounts zu löschen und mal was ganz anderes zu machen. Lesungen auf der MS Seeshaupt halten vielleicht? Ein Café eröffnen? Immer, wenn ich letzteres in Betracht ziehe, steckt meistens eine hormonelle Schieflage dahinter. Aber diesmal war es etwas anderes: mein niedergetrampeltes Ego.

Man nennt das Übung, denke ich. Wer rausgeht, muss damit rechnen, kritisiert zu werden, und ja, vielleicht kommen noch mehr Dinge, die mich kränken und mir nicht gefallen. Aber so ist das eben: Jeder hat das Recht auf eine eigene Meinung und diese auch öffentlich kundzutun. Ich selbst tue ja auch nichts anderes, als mir frei von der Leber zu schreiben, was ich denke, fühle, mag oder nicht mag. Vermutlich ist das also nur fair.

Meine Freundin sagte, ich müsse mich nicht rechtfertigen, auf keinen Fall rechtfertigen. Ich weiß das. Aber ums Rechtfertigen geht es doch gar nicht. Schon gar nicht hier, auf meiner kleinen Bühne, auf der ich mich Woche für Woche nackig mache vor meinen Abonnenten, bei denen ich mich gut aufgehoben, stets sicher, geborgen und wertgeschätzt fühle. Wo ich rumtollen kann wie ein Welpe, ohne Gefahr zu laufen, mit Füßen getreten zu werden. Natürlich hätte ich das Thema unter den Teppich kehren, einfach drüber hinweg gehen können. Aber wäre das nicht falsch? Geht es hier nicht genau darum? Zu sagen, was mir auf dem Herzen liegt? Was mich in dieser Woche wirklich, wirklich umgetrieben hat? Meine Leser dorthin mitnehmen, wo die echten, tiefen Gefühle wohnen? Deswegen bin ich hier. Nur deswegen mache ich das doch. Um die Wahrheit zu erzählen, auch wenn’s mal wehtut.

Nachdem ich mir das bewusst gemacht und meine halbe Unterlippe aufgegessen hatte, kehrte ich dorthin zurück, wo ich hingehöre: auf meine eigene Matte. Also sinnbildlich. Denn das ist unser wichtigstes Mantra, und das gilt für alles im Leben: Bleib bei dir! Egal, was die anderen meinen, sagen und finden. Guck nicht nach links und rechts, frage dich nicht, wie es die anderen machen, ob sie es vielleicht besser wissen. Die letzte Instanz in deinem Leben bist immer du selbst. Also nimm nicht alles persönlich und hüte dich vor Vermutungen.

Um meine Energie in andere Bahnen zu lenken, versteckte ich mich auf dem Sofa unter meiner großen Decke und zog mir eine Folge Sex and the City rein. Ich weiß nicht, ob es Zufall war oder ein Zeichen aus dem Universum. Jedenfalls zappte ich mich in Staffel 4, Folge 2, in der Carrie mit diesem Modefotografen in ihrem Appartement hockt, in seinem Bildband herumblättert und sagt: „Am Anfang, als ich frisch in New York war, hab ich mir öfter mal die Vogue gekauft statt Essen. Ich hatte das Gefühl, sie ernährt mich besser.“ Hach, wie ich diese Serie liebe! Schöner hätte ich meine Hoffnung auf Wertschätzung nicht ausdrücken können. Auch wenn Katjas Notizen vielleicht nicht so ganz die Vogue sind und niemand wegen mir hungern soll. Aber ich finde einfach, dass die Welt Menschen braucht mit ein bisschen Appetit auf Poesie.

Mein Follower fragte übrigens noch, ob sich mein Steady-Account überhaupt für mich lohnen würde und setzte ein Augenzwinker-Emoji dahinter. Vermutlich, um mir seine eigene Antwort darauf gleich mit zu liefern. Ich weiß nicht, was er mir damit sagen wollte und wie sich Erfolg für ihn misst, aber ich weiß eines: Selbst wenn es nur ein einziger Leser wäre, den ich mit meinen Worten erreiche, wäre ich die glücklichste Person unter der Sonne. Okay, das ist gelogen, ein paar mehr dürfen es schon sein. Aber allen, die mir auf Steady folgen, möchte ich sagen: Dass es da draußen Menschen gibt, die lieben, was ich so treibe, die sich für meinen Blick aufs Leben, all das Weh und Wohl, interessieren, bedeutet mir mehr als ich gerade Worte zur Hand hab… Dankeschön! Fürs Hiersein, fürs Lesen und überhaupt: für alles! You are my Gang. Und an Mr. Schlauberger: You know where you‘ll find me. 😉

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