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Warum ich nicht mehr schreibe (Mai-Logbuch)

Ich sitze am Fenster und denke über Wolken nach. Neulich sah ich eine, die hatte die Form einer Eule. Ich ging zehn Schritte weiter, um sie zu fotografieren, da war das schon nicht mehr so richtig zu erkennen. Ich könnte mal weiterschreiben, dachte ich auf dem Heimweg, um es dann doch zu lassen. “Das ist keine Blockade”, habe ich vor ein paar Tagen noch behauptet, aber stimmt das?

Erwartungen untertroffen

Der Mai brachte mir das Ende einer intensiven Überarbeitungsphase. Und irgendwie auch Desillusionierung, aber so ist das wohl, wenn wir uns auf den Buchmarkt werfen: Wie sehr eine Geschichte glitzern darf, ist eine Frage der Perspektive. Und am Ende geht es vor allem darum, was sich gut verkauft, gewürzt mit einer ziemlich großen Prise Glück und dem passenden Timing …

Ich habe diesmal gleich mit zwei Manuskripten an diesem Spiel teilgenommen und ich würde lügen, hätte ich die Absagen locker-flockig weggesteckt. Was unerschütterlich bleibt, ist der Glaube daran, dass beide es wert sind, gelesen zu werden. Aber genau das ist der Punkt: Ich wünsche ihnen die Chance, viele Menschen zu erreichen.

Was ich mir jedoch wünsche, ist eine positive Erfahrung. Und die schenke ich mir jetzt, indem ich mit einem dieser Projekte ins Selfpublishing gehe und mir damit gewissermaßen auch einen Traum erfülle. Weil Herzblutworte es verdienen, auch solche bleiben zu dürfen.

Raus aus dem Überlebensmodus

Ich spüre mich wieder. Spätestens seit meiner Lesung, von der ich bereits berichtet habe. Die Grenze zwischen meinem Pseudonym und meinem Klarnamen wird schon seit einiger Zeit immer durchlässiger. Was mir jahrelang Angst gemacht hat, fühlt sich jetzt natürlich an. Ich bin eine Person. (Opens in a new window)

Eine Person, bei der es trotzdem immer noch drunter und drüber geht. Ich dachte ja mal, mentale Gesundheit bedeutet, dass sich alles wieder irgendwie superduper-schön und fröhlich-fantastisch anfühlt. Haha, nee. Entscheidend ist, dass es ein Danach gibt. Bewegung statt Ausharren, und natürlich knallt es auch mal oder ist abgrundtief furchtbar. Aber dann eben auch nicht mehr. Es ist deutlich dynamischer, weniger ausweglos; und Schreien ist ja auch eine Form des Ausatmens, nicht?

Wer bin ich, wenn ich nicht schreibe?

Ich habe zwei neue Romanprojekte begonnen und seit bald zwei Wochen gar nicht mehr geöffnet. Nicht, weil mir die Ideen fehlen. Ich habe sogar einen Plot! Ja, echt!

Ich hatte diesen Punkt schon im Herbst letzten Jahres einmal erreicht; eine gewisse Schreibmüdigkeit, die mit einem lautstarken Wozu?! begann, das ich dann beantwortete mit: Weil ich es liebe, Geschichten zu erzählen. Und daran ändert sich so schnell auch nichts.

Die Sache ist nur, dass Dinge, die wir lieben, auch erschöpfen können. Vielleicht sogar noch leichter, weil der Drang so groß ist, immer weiterzumachen. Vor einer Weile sagte ich, dass ich nicht ständig im Überlebensmodus sein will, und meinte damit etwas ganz anderes, aber irgendwie fühlte es sich plötzlich auch beim Schreiben so an. Also hörte ich damit auf. Anfangs hat es mich wuschig gemacht, wie es jeden Tag weniger Worte wurden. Wer bin ich denn ohne das Schreiben? Preise ich nicht, dass ich im Grunde ständig und überall schreibe? Habe ich jetzt eine Blockade?

Ich denke nicht. In den letzten Monaten habe ich sehr viel Schreibfreude erlebt. Ich habe Luftschlösser aus Erwartungen gebaut, um sie dann der Abrissbirne namens Realität auszusetzen. Und weitergemacht. Weitergeliebt. Auch jetzt wollte ich direkt wieder loslegen: Exposé, Leseprobe - bis zum Ende des Sommers, das ist machbar, direkt einreichen und … Ich denke, den Rest kann ich mir sparen, denn es erklärt sich selbst, oder?

Ich weiß, dass richtige Autorinnen das so machen: Sie arbeiten auf die nächste Veröffentlichung hin. Und die nächste und die nächste. Sie fragen sich, was wohl wann gelesen werden will, was gut ankommen könnte - im besten Fall haben sie eine Agentur, die ihnen das sagt. Aber was, wenn sich das, was ich wirklich schreiben will, von dem, was der Markt sucht, unterscheidet? Lohnt es sich dann überhaupt, anzufangen?

Ich will doch nur überleben schreiben.

Es ist spannend, das in Worte zu fassen und gleichzeitig meine Textsammlung zu finalisieren, die ich hiermit soeben angeteasert habe. Darin geht es nämlich auf wunderbar chaotische Weise um eben jenen Prozess. Und um andere Dinge. Ich verspreche, es wird wild. Und echt. Und nah. Es gibt mit manchen Texten ein Wiedersehen, andere habe ich noch nie irgendwo geteilt.

So wie ich jetzt auch sehr wenig teile. Auf Instagram habe ich auch dieses Jahr wieder den #musikzitatemai initiiert, und nachdem ich anfangs den Anspruch hatte, etwas abzuliefern, habe ich es dann einfach gelassen und erkunde nun selbst, worum es bei der Sache eigentlich geht: Ich lasse mich von Impulsen leiten. Die Playlist begleitet mich täglich und gelegentlich kritzle ich drei bis zehn Zeilen in mein Skizzenbuch und stolpere erst Tage später wieder darüber, wenn es erneut passiert. Ich könnte die Worte abtippen, einen richtigen Text daraus formen, ihn auf Instagram stellen, … aber ich will nicht. Denn ich brauche das gerade mal so.

Mein Schreiben ist kein Stabilbaukasten. Ich mag gelegentlich ein kleiner Stil-Nerd sein (Grüße gehen raus 😅) und ganz ohne Handwerkszeug bin ich auch nicht unterwegs. Zuallererst ist mein Schreiben jedoch ein Ausdruck meiner Persönlichkeit. Es ist Freude und Freiheit, es ist eine Spielwiese, ein Raum zum Alles-Sein, zum Durchfühlen, zum Einfach-mal-drauf-Scheißen, ob das jetzt taugt oder nicht.

More passion, more … Fingerspitzen, Ellenbogen?

Ich tippte die erste Fassung dieses Beitrags am letzten Wochenende. Ein paar Stunden vorher schrieb ich am Frühstückstisch ein paar Zeilen ins Briefbuch, da setzte sich das Kind ans Klavier. In diesem Haushalt nichts Ungewöhnliches. Wir leben es vor, die Noten liegen sowieso immer da; einfach mal loszuklimpern, ist für die Vierjährige so selbstverständlich wie Malen oder das Spielen mit Schleich-Tieren.

Erst nach ein paar Minuten fing ich an, richtig hinzuhören. Und hinzusehen. Denn was sie da tat, war nicht etwa der Versuch, eins der vielen Kinderlieder zu spielen, von denen sie mehr kennt als ich. Nein, sie sang eine Geschichte und spielte dazu - mal mit Fingerspitzen, mal mit der ganzen Hand, mal mit den Ellenbogen. Es war pure Eskalation. Und es klang sogar schön, obwohl ich mich jetzt schon nicht mehr an die Melodie, auch nicht an den Inhalt erinnern kann. Darum ging es auch gar nicht und für mich lag die Faszination darin, dass uns das beiden klar war: Diese Geschichte wollte eben in genau diesem Moment erzählt werden. Und dann war es gut. Sie klappte das Klavier zu, rundum zufrieden wirkend, und ging spielen. Ich blieb ein bisschen baff zurück. Joa. Genauso funktioniert Kreativität.

Also mache ich das jetzt. Ich gebe die Sinnsuche auf und mich der Ziellosigkeit hin. Ich kritzle ein bisschen. Und eskaliere, wenn mir danach ist. Vor allem erlaube ich mir, das Gefühl wieder zuerst kommen zu lassen.

Und dann gibt es ja auch noch …

… dieses Dings, ähm, Real Life. In dem ich gerade gebraucht werde. Und in dem mir das Atmen deutlich leichter fällt, wenn ich nicht versuche, mich in möglichst viele Versionen meiner selbst aufzuteilen. Wie war das? Eine Person.

Da ist gerade kein Platz für neue Luftschlösser. Und das ist okay. Denn wenn ich eines weiß, dann dass die Geschichten mich finden, wenn sie bereit sind, geschrieben zu werden.

Das war ein langer Monatsrückblick, aber so ist das mit dem Maaaaaaaaaaaaai und mir: Wir brauchen wohl immer ein paar Buchstaben mehr.

Im Juni wird es auch langsam mal Zeit für einen Cover-Reveal. Das mache ich diesmal ganz professionell, indem einfach direkt das Buch erscheint. Klingt gut, oder?

Danke für deine Zeit und bis bald!

Deine Karla

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Topic Schreiblebenliebe