Skip to main content

Das beste Ubisoft-Spiel seit Ewigkeiten: Prince of Persia: The Lost Crown Review

Nach 14 Jahren feiert "Prince of Persia" mit "The Lost Crown" sein lang erwartetes Comeback: Und in unserem Test stellen wir begeistert fest: Ubisoft kann es noch!

https://youtu.be/cHJxAKJFeyI (Opens in a new window)

Review in Textform:

Das ist nun über 3 Jahre her und das Remake ist nach der desaströsen Reaktion auf den ersten Trailer wieder in der Versenkung verschwunden, um beim Team hinter dem Originalspiel, Ubisoft Montreal, von Grund auf neu entwickelt zu werden. Das bedeutet auch, dass es nun unglaubliche 14 Jahre her ist, dass wir das letzte Mal mit dem unterhaltsamen aber etwas redundanten Prince of Persia: The Forgotten Sands auf Heimkonsolen durch Persien hüpfen durften.

Und so ist es nun an Ubisoft Montpellier für das Comeback des Prinzen zu sorgen - und sie bieten uns im Zuge dessen das erste Metroidvania-Spiel der Reihe. Der Perspektivwechsel von 3D zu 2.5D könnte zunächst den Eindruck erwecken, dass Prince of Persia: The Lost Crown ein kleines Spin-Off darstellt, eine Ablenkung vom kommenden Remake-Hauptgericht. Schnell wird aber klar: The Lost Crown ist alles andere als eine Vorspeise. Die gigantische Map, zahllose Ausrüstungsgegenstände, Upgrades & Collectibles, spektakuläre Bosskämpfe, hervorragendes Platforming und die immer wieder extrem spektakuläre Inszenierung machen deutlich, dass sich das erste Abenteuer des neuen Hauptcharakters Sargon weder vor den anderen Spielen der Prince-Of-Persia-Reihe, noch vor der Genrekonkurrenz verstecken muss. Und machen aus Prince of Persia: The Lost Crown so das erste große Highlight des Spielejahres 2024.

Das Genre ist zwar neu, die tragenden Säulen eines jeden Prince-of-Persia-Spiels sind aber weiterhin vorhanden: Als Sargon, einer der sieben Unsterblichen, eine Art Superspezialeinheit des persischen Reiches, betreten wir den sagenumwobenen Mount Qaf, um den entführten Prinz von Persien zu retten. Dafür nötig sind nicht nur reichlich Kampfgeschick, sondern natürlich auch immer komplexer werdende Jump-&-Run-Sequenzen. Genretypisch sind die Möglichkeiten am Anfang noch begrenzt: Außer einem simplen Sprung verfügt Sargon über kaum Möglichkeiten, den zahllosen Abgründen der außerhalb von Raum & Zeit existierenden Bergregion zu überwinden. Bald aber gibt’s als Belohnung für das Besiegen von Bossen und dur besonders herausfordernder Platforming-Passagen neue Fähigkeiten wie das manuelle Setzen eines Teleportpunkts, zu dem wir uns dann auf Knopfdruck hin transportieren können. In Kombination mit sich bewegenden Plattformen, Türen & Aufzügen lassen sich so schnell neue Gebiete erschließen. Besonders cool: Die allermeisten Upgrades in The Lost Crown sind nicht einfach nur Schlüssel, um vorher verschlossene Türen zu öffnen, sondern haben mehrere Anwendungen bei der Erkundung und im Kampf. Die erwähnte Teleportfähigkeit etwa transportiert Sargon nicht einfach nur an den Ort zurück, an dem sie aktiviert wurde. Zusätzlich merkt sie sich auch die Aktion, die Sargon gerade durchgeführt hat. Heißt: Wenn ich eine besonders mächtige Charge-Attack auflade, dann die Teleportfähigkeit aktiviere, um später an diesen Punkt zurückkehren zu können, kann ich den Angriff ein zweites Mal auslösen, sobald ich mich an die Stelle zurück teleportiere.

Fast alle Upgrades in Lost Crown sind so universell einsetzbar und verändern mit zunehmender Spielzeit das Spielgefühl ganz grundsätzlich. Neben den erwarteten Doppelsprüngen und Air Dashes dieser Welt, ließ sich Ubisoft auch einige ziemlich kreative Kräfte einfallen und schafft es so, dass sich Sargons Bewegungs- und Kampfrepertoir ganz wesentlich verändert und weiterentwickelt, während gleichzeitig immer größere Teile der Map zugänglich werden. Und das will hier was heißen, denn Prince of Persia: The Lost Crown ist riesig. Knapp 20 Stunden werdet ihr brauchen, bis ihr den Endboss gesehen habt. Wenn ihr tatsächlich alle Upgrades und Boni finden wollt, könnt ihr nochmal einige Stunden draufrechnen - ganze Gebiete sind teils völlig optional. Nicht nur in seinem Umfang erinnert The Lost Crown dabei positiv an einen der Könige des Genres, Hollow Knight: Auch beim Schwierigkeitsgrad verlangt das persische Abenteuer immer wieder ähnlich viel vom Spieler. Die meisten Bossgegner haben mehrere Phasen und besonders im letzten Spieldrittel starten sie regelmäßig mehrere Sekunden lange Angriffskombinationen und AoE-Attacken, denen unter Aufwendung aller verfügbarer Fähigkeiten sekundengenau ausgewichen werden muss, um nicht sofort einen wesentlichen Teil der Energieleiste zu verlieren. Dabei bleibt das Spiel aber immer fair: Nachdem mir die Angriffsmuster erst einmal klar wurden, merkte ich mit jedem weiteren Versuch, wie ich dem Erfolg näher kam. Was zu genau der Art von Herzschlag-Bosskämpfen führte, die ich so auch aus Dark Souls und co. liebe: Wo ich weiß, dass jeder weitere Treffer meinen Tod bedeuten könnte, ich es aber trotzdem nach zahlreichen Versuchen endlich auf den letzten Drücker schaffe, den Boss niederzuringen und mich dank perfekter Ausweich- und Pariermanöver dabei fühle, als wäre ich tatsächlich ein sagenumwobener Held aus persischen Mythen. Das wirklich Wunderbare daran: Dieser Schwierigkeitsgrad ist selbst gemacht und völlig optional. Wer weniger Spaß daran hat, sich 30, 40 Minuten lang in den immer gleichen Bosskampf zu werfen, der kann stattdessen auch einfach umdrehen und die gigantische Map weiter erkunden. Im Vergleich fand Kollege Tom so etwa deutlich mehr Upgrade-Materialien, Health-Upgrades und Geld in der Spielwelt, womit er seinen Charakter so viel stärker machen konnte, dass die Bosse schließlich kein großes Problem mehr darstellten und er sich durch schwierige Phasen quasi durchtanken konnte. So kann es also auch gehen.

Die nicht minder anspruchsvollen Platforming-Passagen, erinnern gerade bei den optionalen Wegen und Upgrades in ihrem Schwierigkeitsgrad immer wieder an Platforming-Klassiker wie Celeste oder Super Meat Boy. Ubisoft Montpellier verstand glücklicherweise, dass diese Spiele ihre Qualität nicht aus ihrem reinen Schwierigkeitsgrad ziehen, sondern ihrer nahezu perfekten Spielbarkeit. Die Bewegungsoptionen fühlen sich toll und präzise an und nur deshalb sind die Hindernisparcours, die extreme Präzision fordern so spaßig, anstatt einfach nur zu frustrieren. Ubisoft weiß zudem, dass sich die Erkundung nicht nur verdammt gut anfühlen, sondern sich auch lohnen muss. Abgesehen von einigen versteckten Skins verstecken sich hinter den allermeisten Herausforderungen unmittelbare, spielerische Vorteile. Manchmal sind das große Health-Upgrades oder eben seltene Upgrade-Materalien, oftmals aber auch einfach nur Kristalle, die etwas In-Game-Währung geben. Diese wiederum ist aber so universell einsetzbar und so dringend nötig für so viele Upgrades, dass selbst diese kleine Belohnung sich auf lange Sicht lohnt. Und gelegentlich lassen sich auf den ersten Blick komplizierte Sektionen mit später freigeschalteten Platforming-Optionen sogar durch ein bisschen Nachdenken ganz einfach überspringen. Durch dieses verschlossene Gitter kann ich mich mit einer bestimmten Fähigkeit etwa einfach durchteleportieren, anstatt den kleinen Hindernisparcours zu absolvieren, der eigentlich zur Schatzkiste führt - mit der gleichen Fähigkeit schaffte es Tom sogar, Sequence Breaks durchzuführen, die ihn in Regionen des Berges vordringen ließen, in denen er eigentlich noch gar nicht sein sollte.

Wie in jedem Metroidvania gibt’s aber natürlich auch Sackgassen, die erst mit dem Erlangen einer späteren Fähigkeiten zu erkundbaren Pfaden werden. Ein ganz klassisches Problem des Genres ist die Darstellung dieser noch nicht erreichbaren Wege und Schätze auf der Karte: Werden sie gar nicht markiert, führt es dazu, dass schnell die Übersicht verloren geht. Werden sie automatisch mit dem dazu passenden Symbol für einen Schlüssel oder einer Fertigkeit markiert, geht das Gefühl verloren, sich selbst neue Wege zu erschließen und es kann schnell zu einem methodischen Abarbeiten aller verfügbaren Icons führen. Ein Kompromiss stellen selbst platzierbare Icons mit kleinen Symbolen dar, mit denen wir selbst kleine Marker setzen können. Das geht auch in Lost Crown, jedoch sind diese Icons meist so abstrakt, dass nach 2, 3 Stunden ziemlich unmöglich ist, auf der Karte zu erkennen, was man da eigentlich nochmal markiert hat und ob dieser Weg nun schon zugänglich ist oder nicht. Ubisoft Montpellier hat hier ein neues Feature implementiert, dass so genial ist, dass ich es nie wieder in einem Metroidvania missen wollen würde: Durch Druck auf das D-Pad unten wird ein Screenshot des aktuellen Bildschirms auf der Karte markiert. So kann ich jederzeit einfach mit dem Cursor über das entsprechende Icon fahren, den selbst gemachten Screenshot vergrößern und auf den ersten Blick erkennen, was für ein Hindernis mich hier am Weiterkommen oder Erreichen einer Schatztruhe hinderte. Doppeltes Abrennen unklarer Icons wird dadurch schlagartig unnötig. Und so werden die Upgrades, die es mir erlauben, mehr Screenshot-Icons auf der Map zu platzieren schnell zu einigen der nützlichsten Gegenstände im ganzen Spiel. Im Jahre 2024 eine so wirkungsvolle und simple Innovation in einem so altehrwürdigen Genre wie dem Metroidvania zu implementieren, ist eine Leistung, die ich gar nicht genug würdigen kann.

Doch der Schwierigkeitsgrad lässt sich nicht nur über In-Game-Belohnungen verändern, stattdessen gibt uns Ubisoft Montpellier angenehm umfangreiche Zugänglichkeitsoptionen an die Hand: Das Parier- und Ausweich-Zeitfenster kann genauso erweitert und angepasst werden, wie der ausgeteilte Schaden und die Lebensenergie der Gegner. Und falls ihr zwar grundsätzlich Spaß am Klettern aber nicht die Nerven für extrem lange Instant-Death-Platforming-Passagen habt, dürft ihr in den Optionen sogar Portale aktivieren, die euch die entsprechenden Passagen ganz schlicht überspringen lassen. Es ist wunderbar zu sehen, dass sich ein so anspruchsvolles Spiel wie The Lost Crown nicht zu schade ist, mit optionalen Zugänglichkeitsoptionen Spieler*innen entgegenzukommen.

Bei dieser hervorragenden Progression, die gemeinsam mit dem fast perfekten Pacing und der Balance aus Kämpfen, Erkundung und Platforming einen einzigartigen Gameplay-Flow entstehen lassen, ist es schade, dass das Kern-Kampfsystem sich im Laufe des Spiels nur wenig verändert: Zwar gibt es zahlreiche Werkzeuge, die neue Angriffsmöglichkeiten bieten, neue Kombos für die einzige Nahkampfwaffe habe ich aber schmerzlich vermisst: Selbst die Schwerterupgrades erhöhen einfach nur ihren Schaden und bieten keine neuen Combos oder Moves. An ihrer Stelle gibt’s eine Handvoll Spezialmanöver, die auf Knopfdruck ausgelöst werden, sich aber zu sehr ähneln, um für Begeisterungsstürme zu sorgen.

Ihr merkt es bereits: Spielerisch ist Prince of Persia: The Lost Crown eine wahre Offenbarung und begeisterte mich auf eine Art, wie ich es in diesem Genre seit Hollow Knight nicht mehr gespürt habe. Platforming, dass mit Celeste, Rayman Legends & Super Meat Boy konkurrieren kann, eine gigantische Spielwelt, ein Kampfsystem, das mit Juggles, Pariermanövern und anspruchsvollen Boss-Gegnern regelmäßig an Character-Action-Games erinnert und eine perfekt ausbalancierte Progressionskurve machen Lost Crown zu einem echten Kandidaten für den Genre-Thron. Da kann ich dann verzeihen, dass mich die Geschichte rund um die Entführung des Prinzen von Persien und eine Verschwörung um den Thron ganz schön kalt gelassen hat.. Dabei tut die Inszenierung wirklich ihr Bestes, um mich davon zu überzeugen, dass das alles sehr wichtig und spannend ist, was hier passiert: Wie in Asura’s Wrath und Dragon Ball vergrößern Charaktere schreiend ihre bunt leuchtenden Auren, bevor sie zu einem finalen Super-Angriff starten. Jeder Boss und fast jeder Gegner haben einen Angriff, der bei einem erfolgreichen Parry zu einem jeweils einzigartigen und toll inszenierten Konterangriff von Sargon führen und auch die spektakulären Finishing-Moves der Bosse sorgen dafür, dass selbst das ein oder andere Game Over für gute Gefühle sorgt. Erzählerisch kann Lost Crown mit dieser Inszenierung aber leidernicht mithalten. Völlig humorlos rennt Sargon von Missionsziel zu Missionsziel, so dass es mirauch nach über 20 Stunden Spielzeit noch schwer fällt, der Hauptfigur irgendeinen Charakterzug zuzuschreiben. Der Plot reicht völlig aus, um als Motivator durch die immer wieder äußerst spektakulären Umgebungen des Berges zu führen - mehr aber auch nicht. Im Gegensatz zur Sands of Time-Trilogie und auch dem 2008er Reboot wird mir kein Charakter oder Erzählstrang hier irgendwie in Erinnerung bleiben.

Nichtsdestotrotz lässt mich Ubisoft Montpellier mit Prince of Persia: The Lost Crown die Enttäuschung über das verhunzte Sands-of-Time-Remake vergessen und bereitet einer meiner Lieblingsserien ein meisterhaftes Comeback. Das Jahr ist gerade mal 2 Wochen alt und schon gibt’s einen ersten Spiel-des-Jahres-Kandidaten. So kann’s weitergehen!

0 comments

Would you like to be the first to write a comment?
Become a member of Hooked and start the conversation.
Become a member