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Assassins Creed Mirage ist langweilige Nostalgie...und ich find's toll! - Review

Nach der längsten Pause in der ganzen Serie ist mit Assassin's Creed Mirage nach 3 Jahren wieder ein neuer Teil erschienen! Statt großer Neuerungen gibt's ganz viel Nostalgie - und Robin klärt in seinem Test, wieso das gar nicht so schlimm ist.

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Und als kleinen Bonus dachte ich mir, dass ich das Review auch mal als Text mitposte. Schreibt gerne in den Kommentaren, ob euch die Idee gefällt!

3 Jahre ist es nun her, dass mit Assassin’s Creed Valhalla der letzte eigenständige Teil in Ubisofts Blockbuster-Reihe erschien. Was für andere Serien einen normalen, ja sogar einen zügigen Release-Rythmus bedeuten würde, ist für Assassin’s Creed ein Novum: Seit der erste Teil 2007 auf den Markt gebracht wurde, lagen nie mehr als 2, meist nur ein Jahr zwischen den Veröffentlichungen, oftmals gab’s zwischendurch noch zahlreiche Spin-Offs wie die Handheld-Ableger oder die Chronicles-Reihe.

Nach so langer Zeit könnte man meinen, dass Assassin’s Creed Mirage nun der für manche überfällige Schritt in die Zukunft sein soll - doch das Gegenteil ist der Fall. Als Pausenfüller vor dem großen, Next-Gen-Exklusiven Open-World-RPG “Codename Red” wirft “Mirage” einen Blick zurück auf die Ursprünge der Serie: Kein Rollenspiel, sondern ein Action-Adventure, kein ganzes Land sondern eine einzige, lebendige Stadt und vor allen Dingen: So viele Assassinen & Attentate, dass es ein kleines Wunder ist, dass am Ende des etwa 20-stündigen Abenteuers überhaupt noch jemand in den Straßen von Baghdad unterwegs ist.

Hört sich selbstverständlich an, ist aber nach Odyssey und Valhalla tatsächlich eine lang erwartete Rückkehr zu den Wurzeln - die Assassinen waren kaum mehr als eine Randnotiz in den epischen Abenteuern von Eivor und Kassandra, Attentate und Schleich-Gameplay wurden zugunsten von Skilltrees, Loot und epischen Bosskämpfen mehr und mehr zur Nebensache.

Zwar ist die Intention hinter der Entwicklung also eine völlig andere, trotzdem startete Mirage mal als Erweiterung für Assassin’s Creed Valhalla - was sich vor allen Dingen in der mittlerweile reichlich veralteten Technik bemerkbar macht. Bereits zu Valhallas Release vor 3 Jahren wirken die Charaktermodelle und -Animationen altbacken und hölzern. Im Jahr 2023 scheinen sie nun völlig fehl am Platze und lassen die kaum inszenierten Gespräche regelmäßig wie wenig überzeugendes Puppentheater wirken. Das ist insbesondere deshalb so auffällig, weil Baghdad und die umliegenden Wüsten mal wieder hervorragend aussehen und die deutlich weniger hübschen Charaktere dadurch nur noch mehr herausstechen lassen. Wenn ich durch die Wüste reise oder fliege und dabei zusehe, wie der Sonnenaufgang den Himmel in wunderbaren Farben erstrahlen lässt, dann muss sich Mirage optisch vor kaum einem anderen Spiel verstecken. 

An so leere Weiten wie hier in der Wüste solltet ihr euch aber nicht gewöhnen, denn gut 90% eurer Zeit werdet ihr mitten in den geschäftigen Straßen von Baghdad verbringen. Als frischer Rekrut im Orden der Assassinen ist es die Aufgabe des ehemaligen Straßendiebs Basim, den in Baghdad tätigen, lokalen Kopf der Templer ausfindig zu machen und zu töten. Nach der Einführung gilt es in vier unterschiedlichen Assassinen-Büros vier unterschiedliche Templer zu jagen, bis wir anschließend genug Hinweise gesammelt haben, um den Anführer der Verschwörer zu erledigen. An diesem Punkt führt Assassin’s Creed Mirage die alte und neue Struktur der Reihe zusammen: Wie auch in den neueren Open-World-Rollenspielen ist das Spiel um das Auffinden der einzelnen Templer aufgebaut, was angenehm übersichtlich in einem eigenen Ermittlungs-Bildschirm visualisiert wird, so etwas wie Mirages Interpretation eines klassischen Questlogs. Während Spieler in Odyssey und Valhalla die Todfeinde der Assassinen noch ziemlich dynamisch und teils sogar zufällig in der Welt finden und töten durften, sind ihre Morde in Mirage immer an fest vorgegebene, größtenteils linear ablaufende Quest-Ketten gekoppelt - so wie man es aus den früheren Teilen der Reihe kennt. Aber im Gegensatz zu diesen präsentiert euch Mirage keine lineare Abfolge von Sequenzen, in denen nacheinander ein Ziel nach dem anderen präsentiert wird. Stattdessen schaltet ihr nach einigen Stunden alle vier Assassinen-Büros gleichzeitig frei und könnt dann selbst entscheiden, in welcher Reihenfolge ihr die 4 voneinander unabhängigen Mainquest-Stränge absolvieren wollt. Der Vorteil: Mirage fühlt sich angenehm dynamisch an. Bei der freien Erkundung von Baghdad fällt es leicht, unabsichtlich über die nächste Hauptquest zu stolpern und so ohne großes Studieren des Questlogs in der Spielwelt selbst von einer Aufgabe zur nächsten zu wandern. Leider wird dafür aber das lineare Storytelling der früheren Teile geopfert: Basim kann sich im Laufe des Spiels nicht wirklich verändern oder die Spielwelt wesentlich beeinflussen, weil die Entwickler schließlich nie wissen können, wann und in welcher Reihenfolge er gerade die Ereignisse der Hauptquest erlebt. Statt einer großen, kontinuierlichen Geschichte erzählt Mirage also nach seinem Prolog und bis zu seinem Finale im Grunde vier voneinander losgelöste Kurzgeschichten, die sich jeweils mit unterschiedlichen Aspekten des Zusammenlebens in Baghdad und dem wachsenden Einfluss der Templer befassen.

Ohne regelmäßige Blicke in das Questlog kann es zudem recht einfach passieren, dass die Übersicht flöten geht: Mit vier gleichzeitig aktivierten Hauptquest-Strängen ist es nicht immer ganz offensichtlich, zu welcher der Storylines gerade nochmal die aktuelle Hauptmission gehört, wenn man sich die Verbindungen nicht nochmal explizit im Ermittlungsbildschirm vor Augen führt. 

So richtig wild ist das alles aber nicht, weil Mirage erzählerisch sowieso ziemlich niedrig stapelt: Abgesehen von einem kurzen Satz am Anfang des Spiels wird der in der Moderne spielende Teil der Geschichte vollständig ignoriert, die Erzählung will nie wirklich mehr erreichen, als eben Basims Feldzug gegen einer Handvoll böser Templar darzustellen. Wer Valhalla durchgespielt hat, der wird da vermutlich verwirrt aufhorchen: Dort war Basim bereits ein ziemlich wichtiger Charakter und einer der das ein oder andere Geheimnis bereithält, das dort im Laufe des Spiels offenbart wird. Nun will Mirage die Ursprünge dieses Charakters erzählen und wie er schließlich zu der Figur wurde, die wir in Valhalla kennen gelernt haben - ohne aber je konkret Bezug auf die Offenbarungen und Twists in Valhalla zu nehmen. Das Ergebnis: Basim und seine Kameraden reden konstant über eine vage Bestimmung, über ein nicht näher definiertes Geheimnis, das dem Charakter zu Grunde liegt, visualisiert durch einen bösen Jinni, der ihn in seinen Träumen plagt. Sie definieren aber im ganzen Spiel kein einziges Mal konkret, was dieses Geheimnis nun eigentlich ist. Wer Valhalla nicht durchgespielt hat, wird in der letzten Spielstunde vermutlich sehr verwirrt und ohne große Erklärungen zu erhalten den Bildschirm anstarren, während Fans des Vorgängers den Twist einerseits schon kennen und voraussagen können, andererseits aber nie wirklich neue Informationen zu Basim erhalten, weil sich Mirage aus verständlichen Gründen nicht traut, zu detailliert auf die Hintergründe einzugehen.

Aber seien wir ehrlich: Für die Geschichte ist sowieso kaum jemand hier, auch wenn es schade ist, dass Basim das ganze Spiel über ziemlich blass bleibt und sich als einer der langweiligeren Protagonisten der Reihe offenbart. Mirages großes Verkaufsargument ist die Rückkehr zum Schleichen und Meucheln und das ist es dann auch, womit ihr am meisten Zeit verbringen werdet. Das Team von Ubisoft Bordeaux, dessen erste große Eigenproduktion AC: Mirage darstellt, schafft es auf wunderbare Weise, alte Stärken und Konzepte mit neuen Ideen interessant zu machen. Wie früher auch können wir so etwa unterschiedliche Gruppierungen engagieren, damit sie uns bei der Infiltrierung unserer Ziele unterstützen. Eine Gruppe von Söldnern kann eine ganze Wagenladung Wächter nicht nur beschäftigen, sondern gleich komplett erledigen. Dank der Rückkehr von Social Stealth ist das Verstecken in großen und kleinen Menschengruppen wieder möglich und wird gelegentlich sogar ganz ausdrücklich gefordert. Das Fahndungssystem aus Assassin’s Creed 3 findet ebenfalls seinen Platz in Mirage - wenn wir Soldaten vor den Augen von Zivilisten erledigen, hat dies nun tatsächlich Konsequenzen, indem unser Fahndungslevel nach und nach steigt. Auf dem dritten Level spawnen schließlich unglaublich starke Spezialeinheiten, gegen die es im Kampf kaum etwas zu gewinnen gibt. Stattdessen liegt das Heil in der Flucht und auf dem Weg gilt es wahlweise die Fahndungsplakate abzureißen oder aber einen Ausrufer zu bestechen, damit dieser unser Fahndungslevel auf einen Schlag zurücksetzt. So weit, so bekannt. Bestechungen finden in Assassin’s Creed Mirage aber nicht mehr mit normalem Geld statt: Stattdessen verfügt jede Fraktion wie Händler oder Söldner eine eigene Währungsmünze, die wir nicht einfach in der Spielwelt finden, sondern über Nebenaufträge erhalten. Diese verfügen gerne mal über Bonusziele, die verlangen, nicht entdeckt zu werden oder niemanden zu töten, bei deren Erfüllung sie dann noch mehr der hilfreichen Münzen verteilen. Auch über diese Beispiele hinaus sind sie nützlich: In manchen Missionen gibt es optionale Lösungswege, in denen NPCs für ein paar der Münzen Türen öffnen oder Geheimgänge offenbaren und so etwa das Suchen bestimmter Schlüssel unnötig machen.

Dieses System funktioniert aus zwei Gründen so gut: Zunächst einmal sind die Münzen deutlich wertvoller als das Geld in früheren Spielen, jede Ausgabe will also wohl überlegt sein. Außerdem werden die Sidquests durch diese Belohnungen clever mit den Hauptaufgaben verwoben: Sie sind zwar nicht zwingend nötig, belohnen dich aber auf sinnvolle Art dafür, auch abseits der Hauptaufgaben tätig zu sein. Generell kann Mirage mit seinen Aktivitäten Auftrumpfen: Statt Hunderte gibt es nun nur noch Dutzende von Schatzkisten zu finden - statt random Crafting-Materialien oder zufallsbasiertes Loot enthalten sie immer wesentliche, nützliche Belohnungen: Eine neue einzigartige Waffe, Rüstung oder Upgrade-Blaupause geben einen kleinen Rollenspiel-Beigeschmack, ohne aber je vollständig in das Genre abzudriften. Das gilt auch genauso für den Skill-Tree: Fähigkeitspunkte gibt’s in Assassin’s Creed Mirage nicht etwa für das Sammeln von Erfahrungspunkten und Aufsteigen in Leveln, sondern an festen Stellen in der Hauptquest und als Bonus auch noch in einigen, wenigen Nebenaufgaben.

Auch bei den Hauptmissionen bedient sich Mirage freigiebig bei den neuen Ideen der letzten drei RPG und packt sie in das lineare Korsett traditioneller Assassin’s Creeds. Regelmäßig gibt das Spiel keinen exakten Wegpunkt für das nächste Missionsziel vor, sondern verlangt, dass ihr euch selbst erschließt, was ihr nun zu tun habt. Gerade in der Handvoll großer Attentatsmissionen gilt es, seine Umgebung genau zu beobachten und mit der Hilfe von NPCs und herumliegenden Notizen auf die richtige Lösung zu kommen, etwa um ein bestimmtes Abzeichen zu finden, mit dem wir auf dem großen Bazaar Baghdads den abgesperrten Privatbereich unseres Zieles betreten dürfen. Etwa seltsam: Zwar gibt es einen eigenen Skill, der es ermöglicht, mit einem Wurfmesser zwei Ziele nacheinander per Stealth-Kill auszuschalten - das traditionelle und verdammt coole Doppelattentat hat es aber aus irgendeinem Grund nicht ins Spiel geschafft - weshalb die Tötung zweier nebeneinander stehender Gegner regelmäßig ziemlich janky aussieht. Um dem Vorzubeugen gibt’s stattdessen auch noch eine Mark & Execute-Fähigkeit, mit der Basim wie Sam Fisher in Splinter Cell mehrere Gegner markieren und anschließend über einen Glitch im Animus automatisch erledigen kann. Wem diese übernatürliche Fähigkeiten aber eher auf die Nerven gehen, der kann beruhigt sein: Ansonsten begrenzt sich Basims Arsenal auf serien bekannte Werkzeuge wie Wurfmesser und Betäubungspfeile, die Glitch-Attacke lässt sich also auch sehr einfach ignorieren. Besonders schön: Die versteckte Klinge ist nun endlich wieder tödlich! Da es keine Charakterlevel mehr gibt, sterben Gegner wieder gesichert mit einem einzigen, gut platzierten Stich - einzige Ausnahme: Die Elite-Gegner auf der höchsten Fahndungsstufe.

Assassin’s Creed Mirage ist ehrlich gesagt nicht besonders ambitioniert - und genau das ist die wohl größte Stärke des Spiels. Statt immer weiter ausufernder Systeme und Spielwelten gibt es eine einzige, wunderbar realisierte Stadt, statt eskalierender Geschichten voller mythologischer Götterfiguren eine traditionelle Templerjagd und statt eines Kampfsystems voller Cooldown-Fähigkeiten eine simple Abfolge von Instant-Kill-Kontermoves. Deswegen wäre Assassin’s Creed Mirage vor 10 Jahren wohl noch eine Enttäuschung gewesen. Im Jahr 2023 ist es dagegen die Rückkehr zu einer Erfolgsformel, die Ubisoft einst als altbacken interpretiert und zurückgelassen hat. Auch wenn eine so konsequente und offensichtliche Anbiederung an Nostalgiegefühle kaum Begeisterungsstürme bei mir auslösen konnte, fühlte sich Assassin’s Creed stattdessen wie ein emotional überfälliger Heimatbesuch an, wie Comfort Food in einem niemals enden wollenden Schwall an Fünf-Sterne-Menüs. Und manchmal schmeckt das doch irgendwie auch am Besten.


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