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Nazistars

2018 erschien Evelyn Steinthalers Buch „Mag’s im Himmel sein, mag’s beim Teufel sein“ (Opens in a new window), bei dem es um Filmstars bei den Nazis ging. Dort ging es beispielsweise aber auch um Bruno Balz, der heute noch ausgesprochen bekannte Filmsongs von Zahra Leander schrieb und als Homosexueller von den Nazis verfolgt wurde. Der Titel des Buches ist eine Liedzeile aus dem Hans Albers-Hit „Goodbye Johnny“. Es ging um immer noch bekannte Stars wie Hans Albers, Hans Moser und Heinz Rühmann, die sich alle auf ihre Weise mit dem System arrangierten. Andere Stars sind heute kaum noch bekannt. Stars wie Carola Neher, Renate Müller und Joachim Gottschalk überlebten die Nazizeit nicht.

Nun erschien von derselben Autorin „Schau nicht hin, Kunst als Stütze der Macht“. Es geht um die Filmdiven der Nazis. Es geht um Zarah Leander, Marika Rökk und um die heute weniger bekannten Stars wie Lída Baarová und Kristina Söderbaum. Bei allen fehlte auch nach dem Krieg ein Unrechtsbewusstsein und eine Aufarbeitung. Sie galten als unpolitisch. Seltsamerweise gelten und galten derartige Attribute nie für links orientierte Filmschaffende von Unterhaltungsfilmen.

Als „Boomer“ in Deutschland und in Österreich wuchs man in der Nachkriegszeit mit Zarah Leander und Marika Rökk auf, deren Filme regelmäßig im Fernsehen ausgestrahlt wurden. Die Verquickung von Kunst und Politik wurde nicht thematisiert. Die Tatsache, dass in Zarah Leanders Filmen als Frauen verkleidete SS-Männer wesentlicher Bestandteil ihrer filmischen Revuen waren ist weitgehend unbekannt - wird aber im Buch thematisiert. Männer sollen besser zu Leanders Statur gepasst haben, als die üblichen Tänzerinnen im Hintergrund.

Es geht auch um die aus Schweden stammende „Reichswasserleiche“ Kristina Söderbaum, die vom berüchtigten „Jud Süß“ Regisseur Veit Harlan entdeckt und geheiratet wurde. Sie spielte in seinen antisemitischen Propagandawerken Hauptrollen, weil sie dem arischen Ideal entsprach. Als ihr Mann ab 1950 wieder inszenierte, spielte Söderbaum erneut zahlreiche Hauptrollen in seinen Filmen.

Als letztes wird Lída Baarová porträtiert, die mit dem auf Schauspielerinnen spezialisierten Schürzenjäger und verliebten Nazipropagandaminister ein Verhältnis gehabt haben soll, das erst mit einem Machtwort Hitlers beendet wurde. Joseph Goebbels wollte sich angeblich wegen Baarová scheiden lassen. Seine Frau Magda intervenierte beim „Führer“. Baarová erhielt daraufhin Spielverbot und ging 1939 zurück in ihre Heimatstadt Prag. 1945 wurde sie in der Tschechoslowakei wegen Kollaborationsverdachts inhaftiert und nach 18 Monaten wieder freigelassen und rehabilitiert.

Die Autorin stellt sich die Frage: „Inwieweit tragen Künstler und Künstlerinnen ein System mit?“.

 

 

Ernst Reuß (Opens in a new window)

 

 

Evelyn Steinthaler, Schau nicht hin, Kunst als Stütze der Macht - Die Geschichte der Diven des NS-Kinos, Kremayr & Scheriau Verlag, Wien 2024, 208 Seiten, 25 Euro.

Evelyn Steinthaler, „Mag’s im Himmel sein, mag’s beim Teufel sein“ (Opens in a new window), Stars und die Liebe unter dem Hakenkreuz, Kremayr & Scheriau Verlag, Wien 2018, 192 Seiten, 22 Euro.

Topic Krieg/Nazis

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