Skip to main content

Drehbuch für die Märkte: Mein Ausblick für 2024!

Ausgangspunkt für meine Überlegungen sind nicht die Märkte der westlichen Industrienationen. Ich beginne mit meiner Marktprognose für China und den asiatischen Markt für das Jahr 2024. Dann nähere ich mich sozusagen rückwärts den Möglichkeiten in den USA und Europa aus meiner Sicht an.

Spekulativ: Wie sieht das Szenario für China 2024 aus?

Es gibt mehrere Möglichkeiten, wie sich die chinesische Wirtschaft in diesem Jahr entwickeln könnte. Das von Vanguard und Fidelity bevorzugte Basisszenario geht davon aus, dass die Regierung Maßnahmen ergreifen wird, die das Verbrauchervertrauen erhöhen und damit den Binnenkonsum beleben sollen. Das große Fragezeichen steht über dem chinesischen Immobilienmarkt. Deshalb müssen wir uns den chinesischen Immobiliensektor etwas näher anschauen.

Das Vermögen der Chinesen ist im Durchschnitt zu 60 % direkt oder indirekt in Immobilien-Investments gebunden. Eine gigantische Blase mit einer riskanten Mischung aus lockerer Kreditvergabe und sinkender Nachfrage nach Immobilien lässt seit zwei Jahren Luft ab. Ob das ausreicht, um von einer stabilen Umgebung zu sprechen, ist die große Frage.

Experten von Vanguard und Fidelity gehen davon aus, dass die Regierung den Immobilienmarkt mit fiskal- und geldpolitischen Maßnahmen stabilisieren wird. Wichtigstes Argument dafür: Die Zentralregierung in Peking ist zwar stark und der Einparteienstaat ist eine lupenreine Autokratie, aber die Zufriedenheit der Bürger ist auch in einer Autokratie nicht ohne Bedeutung. Zufriedene Untertanen lassen sich leichter regieren als unzufriedene.

Spekulativ nehme ich an, dass mit dem großen Volkskongress der chinesischen kommunistischen Partei im März 2024 Maßnahmen verabschiedet werden, diesen maßgeblichen Sektor der chinesischen Volkswirtschaft zu stabilisieren. Der Anteil des Sektors an der gesamtwirtschaftlichen Leistung des Landes beträgt immer noch 20% (Quelle: Morningstar). Eine Verschlechterung der Lage hier führt zu einem Domino-Effekt, der auch vor anderen Sektoren inklusive der wichtigen Tech-Branche nicht haltmachen würde.

Deshalb steht und fällt das Wachstum in China mit stabiliserenden Maßnahmen des Immobiliensektors. Dazu gehört auch, dass ausreichend Liquidität für die Banken bereitgestellt wird. Der andere Schwerpunkt der Regierung liegt auf dem Abbau der Schulden.

Die fiskal- und geldpolitischen Maßnahmen der Zentralregierung würden auch den Unternehmen zugute kommen. Die exportorientierten Unternehmen würden profitieren. Wenn die chinesische Währung gegenüber dem Dollar abwertet, bringt das einen zusätzlichen Boost.

Aus Sicht der Verhaltensökonomie könnte man die Möglichkeiten für ein spekulatives Investment in den chinesischen Aktienmarkt so darstellen: Da mittlerweile die meisten Analysten seit Jahren von schlechten Rahmenbedingungen und von weniger Wachstum in China ausgehen, könnte man daraus schließen, dass diese Annahmen bereits  in den aktuellen Kursen eskomptiert ist, weil keiner mehr überrascht werden kann. Wenn alle die gleiche oder ähnliche (negative) Einschätzung teilen und entsprechend positioniert sind, werden die Risiken für weitere Abwärtsbewegungen kleiner.

Die Wahrscheinlichkeit für das eben beschriebene Szenario liegt nach Einschätzung der Experten von Vanguard und Fidelity bei 65 %. Der chinesische Aktienmarkt insgesamt ist nach Aussagen der Analysten aktuell günstig bewertet und hat – bei politischer Unterstützung der Zentralregierung, dem Abbau der Schulden und Sparmaßnahmen der Unternehmen – Aufholbedarf gegenüber den hervorragend gelaufenen Märkten in den westlichen Industriestaaten.

Ein großes Problem für den chinesischen Binnenmarkt-Konsum sind die deflationären Tendenzen. Durch die Zurückhaltung der Verbraucher steigen die Preise nicht. Was schlecht für China ist, hat einen positiven Effekt auf den Westen. Die Exporte von China in den Westen wirken dort als Inflationsbremse. Man geht davon aus, dass die überraschend starken Rückgänge bei den Inflationsdaten in Europa und den USA in den letzten Monaten auch auf diesen Effekt zurückzuführen sind. Laut den Experten von Fidelity wird der Einfluss der deflationären Tendenzen aus China auf die Inflationsentwicklung in Europa und den USA auch in diesem Jahr anhalten.

Sollte das eben beschriebene Szenario zutreffen, dann profitieren davon auch andere Länder im asiatischen Wirtschaftsraum. Im Basisszenario liegt die Wahrscheinlichkeit, dass die Prognose zutrifft, bei 65 %. Bleiben 35% Risiko übrig, dass es anders kommt als gedacht. Heißt für mich, dass ich auf eine Erholung der Kurse am chinesischen Aktienmarkt spekuliere, mich aber über andere Märkte im asiatischen Wirtschaftsraum hedgen kann. Was meine ich damit?

In dem ETF mit dem Kürzel VDEM, den ich für meine Spekulation einsetzen würde, beträgt der Anteil chinesischer Unternehmen aktuell circa 30%.

Innerhalb des ETF sind Unternehmen aus Indien und Taiwan mit 20% beziehungsweise 17% Anteil vertreten. In den letzten zwei Jahren ist verstärkt Kapital aus China in diese Länder (und Japan) abgeflossen. Entsprechend ist der Anteil chinesischer Unternehmen im VDEM ETF gesunken. Bei besseren Wirtschaftsdaten aus China kann sich die Richtung der Investments schnell wieder umkehren. Sobald Fondsmanager bemerken, dass chinesische Aktien im Portfolio Nachholbedarf haben und andere Märkte stagnieren, kann dieser Umschwung der Kapital-Verteilung schnell gehen. Bleibt der chinesische Markt schwach in diesem Jahr und meine Spekulation geht nicht auf, dann gehe ich davon aus, dass die nächstgrößeren Positionen im ETF – Indien und Taiwan – dieses Minus zumindest ausgleichen. Indien und Taiwan wirken aus meiner Sicht dann wie ein Hedge gegen China innerhalb des ETF.

Mein Ausblick für die USA und Europa 2024

Wenn China der Schwerpunkt für mein Drehbuch für die Märkte im Jahr 2024 ist, dann muss ich auch noch die anderen Regionen der Welt und meine Überlegungen dazu anschauen.

Für die Märkte in Europa und den USA sehe ich in diesem Jahr die Wahrscheinlichkeit für eine milde Rezension. Ich bin positioniert in dieser Region über ETFs und Einzelaktien (nur USA). Positionen auszubauen ist für mich aktuell mit einem schlechten Chance-Risiko-Verhältnis verbunden.

Die Zinserhöhungen der Zentralbanken in den USA und Europa kommen mit Verspätung in der Wirtschaft an. Die Wirtschaftsdaten in den kommenden Quartalen werden das zeigen.

Aktuell gehen viele Marktteilnehmer von einem Goldilocks-Szenario für Europa und die USA aus. Die Kursrallye zum Jahresende 2023 hat viel vorweggenommen. Die meisten Marktteilnehmer sprechen von einem Wirtschaftswachstum im Bereich von 1% (Europa) bis 2,5% (USA). Rezession fällt aus, Inflation sinkt weiter und entsprechend werden die Zinsen gesenkt.

Dieses Szenario spiegelt die beste aller Welten wider, denn Anleger können ALLES kaufen, weil es sowieso steigen wird. Ich bin davon nicht überzeugt. Die time lags bei den Inflationsdaten sind historisch betrachtet groß und können durchaus 12 bis 18 Monate betragen. Heißt – die Inflation könnte stagnieren oder sogar wieder leicht anziehen. In dem Zusammenhang sei auch an die geopolitischen Risiken erinnert, die sich verringern, aber auch erhöhen können.

Es ist eine unbestätigte Antizipation, die aktuell an den Märkten gespielt wird und in den Kursen eskomptiert ist. Ob es wirklich so kommt wie von den meisten erwartet, werden die Daten in den nächsten Quartalen zeigen. Ich beziffere die Wahrscheinlichkeit, dass die Inflation sich hartnäckiger hält als erwartet, mit 50%. Auch beim erwarteten Wirtschaftswachstum für die westlichen Industriestaaten zwischen 1% und 3% bin ich skeptisch, ob das tatsächlich eintritt. Die USA schaffen das mit Rückenwind im Wahljahr 2024 möglicherweise, für Europa bleibe ich negativ.

Quellen:

Vanguard (Opens in a new window)

Fidelity (Opens in a new window)

https://www.morningstar.de/de/news/244152/ausblick-china-2024-politische-unterst%C3%BCtzung-ipos-und-optimismus.aspx (Opens in a new window)

0 comments

Would you like to be the first to write a comment?
Become a member of Finlog and start the conversation.
Become a member