Weihnachten in einem Kinderbuch von 1851.
Karl und Marie - Kinderleben.
Eine Sammlung von Erzählungen für Kinder von 5 bis 9 Jahren
Elise Averdieck (Opens in a new window) (1808-1907)
Abschrift der 9. Auflage 1880 (Opens in a new window) (1. Auflage 1851)
Das Buch beschreibt das Leben einer wohlhabenden Kaufmanns-Familie in der Nähe von Hamburg. Marie (6 Jahre), Karl (4 Jahre), Elisabeth (1 Jahr) sind die Kinder; Trina und Martha die Hausangestellten; Adolf Meiler ist ein Vetter, der beim Vater lernt; die Waise Lotte Bendel ist eine Ziehtochter.
Die Autorin Elise Averdieck war Lehrerin und hatte ihr Buch für den Schulunterricht konzipiert. Der Lehrcharakter ist ihm deutlich anzumerken. Die Erstauflage erschien unter einem männlichen Pseudonym, war aber so erfolgreich, dass die nächsten Auflagen und 3 Folgebände unter Averdiecks echtem Namen erscheinen konnten. In den Kapiteln 18-21 beschreibt Elise Averdieck die Weihnachtsvorbereitungen und das Weihnachtsfest. Diese Kapitel stelle ich Euch in diesem Newsletter vor. 28 weitere Kapitel findet Ihr hier (Opens in a new window).
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Herzlichen Dank und frohe Festtage
Eure Karin
18. Die Weihnachtszeit.
Die Kinder müssen nun alle Tage im Zimmer bleiben, aber sie sind doch sehr fröhlich und haben einander gar viel zu erzählen. Abends, wenn die kleine Elisabeth zu Bette ist, dann erzählt ihnen die Mutter immer etwas von der Weihnachtsgeschichte, und sie lernen und singen viel Weihnachtslieder. Jeden Abend kommt ein neues Bild an die Tapete, und die Kinder wissen es schon, wenn alle vierundzwanzig Bilder an der Tapete hängen, dann ist Weihnachten da. Da sehen sie auf den Bildern das Christkindlein, wie es ganz klein ist und in der Krippe liegt, und den Engel Gabriel, den der liebe Gott zu der Jungfrau Maria schickt, um ihr zu sagen, daß sie einen Sohn haben solle - und Jospeh und Maria - und Zacharias und Elisabeth - und die Stadt Bethlehem - und die große Königsstadt Jerusalem - und die Weisen, die aus dem Morgenlande kommen, das Kindlein anzubeten und die frommen Hirten - und wie Joseph und Maria mit dem heiligen Kinde nach Egypten flüchten und noch viel, viel mehr schöne Dinge sehen sie auf den Bildern. Morgens stricken Charlotte und Marie viel fleißiger als sonst, denn die großen Strümpfe, daran sie stricken, sollen noch fertig werden bis Weihnachten; die soll der liebe Papa geschenkt bekommen. Karl lernt ein Lied aus dem neuen Fabelbuch, ein ganz langes. Jeden Tag lernt er vier Reihen, damit er zur rechten Zeit damit fertig werde. Auch Vetter Adolf sitzt oftmals des Abends, wenn der Papa noch schreibt, auf seinem Zimmer und zeichnet an einem großen Bilde, was er Mariens Aeltern zu Weihnachten schenken will. Aber mehr als Alle hat die liebe Mama zu thun, die näht und packt und kramt und geht aus, und wenn sie wieder nach Hause kommt, dürfen die Kinder niemals sehen, was sie gekauft hat. An den letzten drei Abenden vor Weihnachten ist aber die noch größte Freude; da werden alle Spielsachen zusammengeholt und nachgesehen, was davon an die Armen verschenkt werden soll. Marie bringt ihre Puppe, Karl viele Soldate, Elisabeth eine kleine Küche, Lottchen ein Nähkästchen. Außerdem finden sich noch Kegel, kleine Reiter, vielerlei Bilder und mancherlei kleine Spielereien, mit denen Kinder erfreut werden können. Manches ist schadhaft, das wird noch ausgebessert: genäht, geklebt, genagelt, gemalt, wie es gerade Noth thut. Man bringt noch möglichst viele alte Kleidungsstücke dazu. Als nun Alles bei einander ist, da finden sich genug Sachen um sechs arme Kinder zu beschenken. Am Abend vor Weihnachten wird Alles in einer kleinen Stube neben dem großen Saale aufgeziert. Die Sparbüchsen der Kleinen müssen auch noch manchen Schilling hergeben; dafür werden Rüben, Wurzeln, Reis und Pflaumen gekauft, und Vetter Adolf schenkt noch einen großen Thaler, um für jedes Kind zwei Pfund Fleisch zu kaufen, was sie am Weihnachtstage mit ihren Aeltern und Geschwistern verzehren sollen. Da werden denn die Tische der Armen ganz voll guter Dinge, und Karl meint: „Ich möchte wohl ein armes Kind sein, wenn ich so schöne Sachen zu Weihnachten haben soll!“ - Zuletzt werden noch viele Netze und Ketten und Blumen geschnitten von ganz dünnem farbigen, oder auch von stärkerem Gold- oder Silberpapier. Nüsse, Eier, Aepfel und Kartoffeln werden mit Gold oder Silberschaum überklebt; und die Kleider und Kinder und Gesichter der Kinder haben alle ein Bischen abbekommen von dem glänzenden Schmuck, und Mariechen bittet: „Wasch' es nicht ab, Mama, wasch' es nicht ab, das sind lauter kleine Weihnachtssterne!“
19. Der vierundzwanzigste December.
Am 24. December früh sechs Uhr kann kein Kind mehr schlafen. Erst flüstern Karl und Marie ein Weilchen mit einander. Als es aber im Nebenzimmer noch immer ruhig bleibt, obgleich Lisbethchen schon erzählt: „Dede und dada und Papa und Mama und Lili,“ da steigen Beide aus den Betten, ziehen ihre Pantoffeln an, laufen zu Papa und Mama un die Schlafstube und rufen: „Weihnachten ist da!“ Papa meint: sie irren sich, und Mama will es auch gar nicht glauben; aber es hilft nichts; Karl und Marie lassen ihnen keine Ruhe mehr, sie haben so viel zu erzählen und zu erinnern und zu bitten, daß die Aeltern nur schnell aufstehen, sich ankleiden und die Kinder treiben, sich auch fertig zu machen, damit um sieben Uhr Alle zur Morgenandacht versammelt seien. „Aber Papa, heute betest Du doch was von Weihnachten, nicht wahr?“ fragt Karl. „Ja gewiß,“ antwortet der Vater „und wir singen dann Alle ein Weihnachtslied dazu. Denkt nur nach, welches das schönste ist.“ Die Kinder gehen, kleiden sich an und berathen sich dabei. „O du selige?“ Nein das geht nicht, das muß am Abend gesungen werden. „Alle Jahre wieder kommt das Christuskind“ - das ist gar zu kurz. „Wenn ich in Bethlehem wär', du Christuskind“ - dabei müssen die Bilder sein, und die hat Mama schon alle in die Weihnachtsstube getragen.
Ach und nun will Trina den Karl waschen: nun kann er gar nicht sprechen. Und nun müssen sich die Kinder so sehr freuen, nun können sie gar nicht denken. - Ach, und nun klingelt der Papa schon, weil es sieben Uhr ist. Die Kinder laufen mit Lottchen hinunter und singen auf der Treppe ohne es zu wissen und zu wollen: „Mir ist so froh, ich weiß nicht wie, möcht' immer jubeln und singen!“ - „Das habt Ihr gut ausgewählt,“ sagt Papa. Mama setzt sich ans Klavier und Alle singen:
Mir ist so froh, ich weiß nicht wie,
Möcht' immer jubeln und singen,
Und wie eine süße Melodie
Hör' ich's im Herzen klingen.
Es flimmert mir vor den Augen klar,
Als schwirrten die Sterne hernieder,
Mir ist, als hört ich der Engel Schaar,
Der frommen Hirten Lieder.
O lieber treuer Heiland mein,
Du hast mir den Jubel gegeben,
Weil du geworden ein Kindlein klein
Im armen Erdenleben.
Du hast ja in diese Winternacht,
In dieses Stürmen und Toben
So reichen Frühling hineingebracht
Vom lichten Himmel droben.
Du hast so leuchtende Freude heut'
Gestreut un unser Leben,
Mit vollen Händen weit und breit
Deine holden Gaben gegeben.
Und wo du, lieber Heiland, bist,
Muß Licht und Freude blühen,
Und wo deine treue Liebe ist,
Muß Weinen und Klagen fliehen.
Drum klopt mein Herz mir in der Brust,
Daß du ein Kind geworden,
Und hast mit ewiger Liebeslust
Geschmückt den Kinderorden!
Darauf lies't der Vater die Weihnachtsgeschichte aus dem zweiten Kapitel des Evangelisten Lucas, und Alle danken zum Schluß dem lieben Heiland, daß er auf Erden gekommen ist, um uns selig zu machen. Aber nun müssen die Kinder wieder hinauf, und den ganzen Tag oben bei Trina bleiben. Unten wird geschurrt und geschoben, und geklappert und geknittert, das klingt gar wunderlich. Um drei Uhr wird in der Kinderstube zu Mittag gegessen. Papa und Mama und die Kinder sehen so freundlich aus, sie sind gewiß recht gesund, aber keines ist recht hungrig, und wie Karl betet: "Komm, Herr Jesu, sei unser Gast!" da meint er: "Das Christkind kommt eigentlich erst heute Abend, wenn alle Lichter brennen, daher können wir auch gar nicht recht essen." Elisabeth, die sonst bis vier Uhr schläft, hat heute schon um drei Uhr fertig geschlafen und sitzt ordentlich mit zu Tische. Als sie abgegessen haben, gehen die Aeltern hinunter, und die Kinder waschen sich Hände und Gesicht, binden reine weiße Ueberzüge vor und -- warten.
20. Das Christfest.
Die Kinder singen viel Lieder, Trina erzählt mancherlei, und so vergeht die Zeit. Da geht die Thür. Alle Kinder springen auf; aber der Vater ist's noch nicht, wenigstens nicht der Vater, auf den die Kinder warten; es ist der alte Martin und Mutter Anna mit dem kleinen Peter. Dieser ist einer von den sechs Gästen, die sich die Kinder eingeladen haben. - Wieder geht die Thür. Noch nicht der Vater! Gesa ist es, die Tochter der Scheuerfrau, mit ihren beiden Brüdern, Hans und Adolf. Alle lauschen - dann geht was auf der Treppe! Ob es wohl der Vater ist? Nein, noch nicht, es sind die letzten beiden kleinen Gäste: Mathilde und Jette. Da schlägt es fünf Uhr! Und nun -- und nun -- unten geht die Thür, es kommt die Treppe herauf -- die Stubenthüre wird aufgemacht und -- „Kommt, das Christkind ist da!“ ruft der Varter. Alle eilen hinunter. Die Thüre ist noch zu, aber durch die Ritzen und durchs Schlüsselloch da glitzert und strahlt es, daß man sich gar nicht denken kann, wie wunderhell!
Nun ordnet der Vater sie nach der Größe; die kleinsten der Kinder voran, die größern dahinter und zuletzt Martha, Trina, Martin und Anna. In der Stube spielt Mama: „O du selige, o du fröliche, freudenbringende Weihnachtszeit! Welt ging verloren, Christ ward geboren, freue dich, o Christenheit!“ Alle stimmen schon draußen vor der Thür das schöne Weihnachtslied an, und während sie singen, macht der Vater langsam die Thüre auf, daß sie hineinsehen und hineingehen können. Ach wie schön, wie schön ist's drin! das ganze Zimmer ist von oben bis untern mit Tannenzweigen geschmückt, daß es aussieht, wie ein Platz mitten im Walde. Gerade aus, auf einem niedrigen Tischchen, steht eine allerliebste Hütte von Binsen und Schilf und Moos gemacht und mit Tannnenzweigen besteckt. In der Mitte steht eine Krippe; darin liegt das liebe Jesuskindlein und sieht gar hold unf freundlich aus. Bei der Krippe kniet die Jungfrau Maria, Jesu Mutter und hat die Hände gefaltet, als bete sie; bei ihr steht Joseph, der Zimmermann, und betet auch. Auf der andern Seite der Krippe knien zwei Hirten, und ein dritter steht hinter den Beiden, und Alle schauen auf das heilige Kindlein und sehen dabei sehr fromm und selig aus. Vor der Krippe stehen Körbchen mit Blumen und Früchten, und ein Paar Lämmchen liegen dabei. Das Alles haben die Hirten für das Christkindlein zum Geschenk mitgebracht. Sonst sieht es aber in der Hütte gerade so aus, wie in einem Stall. Da liegt Heu und Stroh umher; an der Wand hängen Nester mit brütenden Hühnern, es stehen und liegen da allerlei Geräthschaften und aus einer zweiten Krippe, die weiter nach hinten steht, fressen zwei Kühe und ein Esel. Aber rund um die Hütte her da sieht es gar nicht aus, wie sonst um einen Stall. Am Eingange stehen zwei himmlische Engel mit lichten Flügeln, die schauen mit gefalteten Händen hin auf das heilige Kind. Und hoch über ihnen da strahlt ein Stern herab auf das Hüttlein, so groß und so leuchtend, daß man wohl sieht, er habe was Besonderes zu bedeuten. Die Tannenzweige, die das Zimmer schmücken, sind aber auch nicht kahl und dunkel. Darin hängen alle die bekannten Weihnachtsbilder, und eine zahllose Menge von goldenen Netzen und Ringelketten und Ringelstreifen und leuchtenden Glaskugeln und bunten Blumen. Alles ist so blendend hell, daß die Kinder es beinahe nicht in den Augen aushalten können, und doch sehen sie kein einziges Licht; sie können gar nicht begreifen, wo die Helligkeit eigentlich herkommt.
Wohl eine Stunde lang stehen Alle vor der Hütte, und können sich nicht satt sehen an dem lieblichen Bilde. immer findet der Einge dies, der Andere das, was er bisher noch nicht gesehen hatte und nun den Andern voll Freuden zeigt. Dazu spielt die liebe Mama alle Weihnachtslieder, eins nach dem andern. Nun verstehen die Kinder erst recht, was sie gelernt haben, und singen mit einer Lust, wie nie zuvor.
21. Die Geschenke.
Nun werden die sechs kleinen Gäste zu ihren Geschenken geführt, und ihnen wird gezeigt und erklärt Alles, was die Kinder für die bereitet haben. Die Freude dabei ist so groß, daß die Kinder die Geschenke, die sie selbst noch erwarten, ganz vergessen, und es auch nicht merken, daß Papa sich fortgeschlichen hat. Mit einem Male fängt es im großen Saale an zu klingeln und zu trommeln. Die Thüren werden aufgestoßen und drinnen strahlt es noch heller, als im kleinen Zimmer. Da steht ein großer Tannenbaum, wohl mit funfzig brennenden Wachselichtern und ganz behängt mit goldenen und silbernen Aepfeln, Nüssen, Mandeln, Eiern und mancherlei Zuckerwerk. Rechts und linke sthet ein Tischchen bei dem andern, und alle sind mit Geschenken bedeckt. Für Vetter Adolf liegt da eine Schreibmappe, ein Tintefaß, ein Spazierstock, ein Fernglas und einige hübsche Bilder; für Lottchen: ein Nähkasten, ein Strickkörbchen, ein hübsches Lesebuch mit vielen Bildern und mehrere Kleidungsstücke; für Marie: eine Wiege mir einer Puppe darin, die eben so gekleidet und eingewickelt ist, wie die Schwester Elisabeth am worigen Weihnachtsabend. Neben der Wiege steht ein kleiner Warmkorb und darauf liegt ein vollständiger Nachtanzug für die Puppe. Dabei steht auch ein kleiner Stuhl, auf dem Marie sitzen soll, wenn sie das Püppchen an- und ausziehen oder wiegen will. Mehrere Zinnsachen und verschiedenes Steinzeug für ihre kleine Küche sind auch noch auf dem Tische, ein Bilderbuch mit schönen Geschichten und noch manche Dinge zum Spielen und zum Anziehen. Karl bekommt einen bunten Ball, einen großen Ochsen mit goldenen Hörnern, eine Schaufel und eine Harke, eine Trommel und einen Soldatenhut, einige Schachteln mit Bleisoldaten und eine Rechnentafel mit goldenen und silbernen Griffeln dabei. Für Lisbethchen ist da ein kleiner Korbwagen, eine Puppe, ein Kukuk, ein Sägemann und ein kleines Theezeug von weißem Holze. Martha und Trina bekommen jede Zeug zum Kleide, ein buntes Mützenband, ein Buch, etwas Geld, um sich kaufen zu können, was sie sonst noch nöthig haben, und eine Menge Aepfel, Nüsse und Kuchen. - Die Kinder stehen erst ein Weilchen und staunen den glänzenden Baum an. "Seht!" sagt der Vater, "eh' das Christkind auf Erden gekommen war, da hatte man kein Weihnachten und noch weniger einen Weihnachtsbaum. Da kannte man wohl einen Baum, der den Menschen viel Leid gebracht hatte, aber keinen, über den man sich freuen konnte. Kennt ihr wohl den Baum, der die Menschen so unglücklich und traurig gemacht hat?" - "Du meinst wohl den Baum im Paradiese?" fragt Lottchen. "Ja wohl, den meine ich," antwortet der Vater. "Als Adam und Eva von dem Baume gegessen hatten, von dem sie nicht essen sollten, da jagtre Gott sie aus dem schönen Paradiese, und sie kamen in viel Leid und Trübsal. Da waren Adam und Eva traurig über den Baum, und alle Menschen, die nach ihnen lebten auch. Als aber Gott sich ihrer erbarmte und ihnen seinen Sohn schickte, damit der die Menschen wieder ins Paradies zurückbringe, da wurden alle Traurigen getröstet. Um jedoch nie zu vergessen, wie unglücklich sie durch ihren Ungehorsam geworden, stellten sie alle Jahre einen Baum auf ihren Weihnachtstisch; um aber auch immer daran zu denken, wie liebevoll und gnädig Gott sich uns zeigt, indem er uns seinen eingebornen Sohn schenkt, schmückt man den Baum mit glänzenden Sachen und strahlenden Lichtern. Und so wie wir mehr von dem Glanz, als von dem Baum sehen, so ist auch die Gnade Gottes größer, als alle Sünde, wenn wir's nur glauben und annehmen wollen." So spricht der Vater. Dann führt er jedes Kind an sein Tischchen, und Jubel und Freuen und Zeigen und Erzählen und Danken will gar kein Ende nehmen. Jeder meint, er habe doch die schönsten Sachen erhalten und viel mehr als er erwartet. Trina nimmt darauf ihre alten Aeltern mit oben in die Kinderstube. Da hat sie auch einen kleinen Baum für die aufgeziert und mancherleich gekaufte und gearbeitete Sachen herumgelegt. Die gute Mama hat noch zehn große Düten dazu gethan mit Reis und Grütze und Mehl, und wer weiß, was alles für schöne Eßwaaren.
Nachdem die Kinder noch ein paar Stunden gespielt und sich gefreut haben, ruft Mama sie zum Abendbrot. Das war auch sehr niedlich. Im Bethlehemstübchen war ein kleiner Tisch gedeckt für neun Persönchen. Lottchen soll schon mit den großen Leuten um zehrn Uhr Karpfen und Kartoffeln essen; die Kinder bekommen aber um acht Uhr gebratene Küken, Spinat, Kartoffeln und gekochte Früchte, und zum Nachtisch goldene Aepfel und Nüsse und Zuckerwerk vom Weihnachtsbaum. O, das ist eine Freude! So etwas Schönes haben die sechs armen Kinder noch niemals gegessen; es schmeckt ihnen wunderschön. So sehr ihnen das aber auch Alles gefällt, lieber als beim Abendbrot und lieber als bei den Geschenken sind sie doch bei der Bethlehemshütte, und Papa muß immer für neue Lichter sorgen, damit sie hell erleuchtet bleibe, so lange die Kinder noch wach sind.