Gleiche Rechte für alle, überall. Überall?
Die GEISTREICHS in Ebersberg: Lili, Nirit, Andi, Günther, Pit; nicht im Bild: Robert und Christian
Noch ganz beseelt von dem Konzert (Opens in a new window), das ich vergangene Woche mit meinem ORCHESTER SHLOMO GEISTREICH und mit meiner Tochter Lili als Gast im ausverkauften alten kino in Ebersberg (Opens in a new window) gegeben habe, will ich mich heute kurz fassen, jedenfalls kürzer als die letzten Male, bei denen ich mich ausführlich über die Situation in Israel und Palästina ausgelassen habe. Diese gibt nach wie vor Anlass zur Besorgnis, in der Tat jeden Tag ein wenig mehr. Dieser Tage zum Beispiel wurde das Gesetz in Israel (Opens in a new window) ratifiziert, das es praktisch unmöglich macht, den Ministerpräsidenten aus seinem Amt zu entfernen — jedenfalls nicht wegen einer Lapalie wie Korruption. Konkret heißt das: Netanjahu ist ermächtigt, bis auf Weiteres Regierungschef zu bleiben, wenn er nicht schwer erkrankt oder aus einem anderen Grund vollkommen ausfällt.
Die Stimmung in Israel ist aufgeheizt, die Zeiten sind gefährlich. Es könnte zu einer Eskalation, gar zu einem Bürgerkrieg kommen. Vielen Menschen macht es indes Hoffnung, dass seit Wochen Zehntausende Israelis auf die Straße gehen, um gegen diese neuen Gesetze, die sich "Justizreform" nennen, zu protestieren. Bisher konnte man beobachten, dass diese Menschen vor allem dafür protestieren, dass sie ihre Demokratie, also ihre Privilegien als jüdische Menschen innerhalb Israels beibehalten dürfen. Palästinenser — auch solche mit israelischem Pass — sieht man so gut wie nie auf den Demos. Dem israelischen Magazin +972 zufolge (Opens in a new window) scheint aber unter den säkularen jüdischen Regierungsgegnern die Einsicht zu wachsen, dass es keine Demokratie ohne Gleichheit für alle gibt. Die logische Folge ihrer Proteste müsste daher sein, dass diese Menschen die Belange der Palästinenser —besser noch: die Palästinenser selbst mit ins Boot holen. Sie müssten aber auch bereit sein, ihre eigenen Privilegien ein Stück weit aufzugeben und — was noch schwieriger erscheint — den zionistischen Traum von einer "Jüdischen Demokratie" begraben. Bisher gibt es leider wenige Anzeichen dafür, dass das geschehen wird, wie der mittlerweile verzweifelt-zynische Gideon Levy in seinem Beitrag in Haaretz (Opens in a new window) kommentiert.
Es wäre daher umso mehr wünschenswert, wenn aus Deutschland zu den Protesten positiv Position bezogen werden würde, wie Charlotte Wiedemann in diesem taz-Artikel fordert. (Opens in a new window)Internationale Medien wie der Guardian (Opens in a new window), selbst israelische Publikationen wie Haaretz (Opens in a new window) oder das Magazin +972 (Opens in a new window) berichten und stellen hierzu wichtige Fragen; in deutschen Medien habe ich vergeblich danach gesucht.
Wo soll das hinführen, wenn die Positionen und Interessen der jeweiligen Gruppen immer weiter auseinander driften? Wie kann eine Demokratie in einem Land Bestand haben, wenn sie nicht alle Menschen einschließt, die in diesem Land leben? Wie kann Frieden überhaupt nur gedacht werden, wenn nicht die Bedürfnisse aller Beteiligten respektiert und berücksichtigt werden, wenn Geschichte und Trauma der jeweils anderen Seite nicht anerkannt wird? Wie kann, wie soll ein respektvolles Zusammenleben funktionieren, wenn man sich niemals in die Schuhe der Anderen stellt?
Diese und viele weitere Fragen werde ich am kommenden Mittwoch, den 23. März, um 19 Uhr Charlotte Wiedemann im Münchner Gasteig stellen können. Sie wird ihr Buch
vorstellen, über das ich hier im Blog (Opens in a new window) bereits letzten Sommer geschrieben habe. Ich freue mich sehr darauf, diese Veranstaltung zu moderieren und die eine oder den anderen von Euch dort wiederzusehen. Alle Infos dazu HIER (Opens in a new window).
Herzlichst,
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