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"Die Mitte der Woche" - der Bettges Newsletter Nr. 3

Dieses Mal zu:

  • völkischen Attacken auf eine in Grund- und Universalrechten gründende und durch diese legitimierte Demokratie

  • Habermas’ System/Lebenswelt-Differenz

  • Der Vernissage von Miss Nico am Freitag auf St. Pauli

DIE “MITTE DER WOCHE”

Der Award für die "Mitte der Woche" geht an: jene Politker*innen und Journalist*innen, die eine Rechtsverschiebung dessen betreiben, was noch unter Angela Merkel als "Mitte" galt.

 Diese Behauptung, es gäbe so etwas wie eine "politische Mitte", die sich gegen "Ränder" behaupte, arbeitet eh mit der Mythisierung historischer Prozesse. Im deutschen Diskussionszusammenhang füttert es eine Fantasie an, dass 1933 nicht etwa Konservative und Bürgerliche den Nationalsozialisten zur Macht verhalfen, indem sie mit ihnen an irgendeinem Punkt in Abwehr des Kommunismus kooperierten, sondern bedrängt von "Rändern" links und rechts schlicht überrannt wurden.

 Ein Storytelling, das überschreibt, das es "die Mitte" war, die Juden als Rand behauptete, der sich doch nur an den Früchten der Mehrheitsgesellschaft laben wolle. Ein Motiv, das im Nationalsozialismus konstitutiv wirkte und zu dessen Popularität beitrug. Stattdessen formierte sich in 50er Jahren, sichtbar z.B. in Heimatfilmen, nach dem Ende des "Tausendjährigen Reiches" ein Narrativ einer von außen auf die "Normalen" eingestürzten bösen Kraft, der Nazis halt, die sie doch nur ihrer heilen Welt berauben wollte - völlig ignorierend, wie viele eifrig mitgespielt haben.

Diese Heimatfilm-Stories leben fort, ganz egal ob bei den Wahlen in Thüringen und Sachsen, beim Redenschwingen in Gillamoos oder in Talkshowgeplapper. Für die einen sind die Eindringlinge "woke", für andere ist es Migration, für Dritte wird die AfD externalisiert als eine seltsam von außen wirkende Kraft. Als formuliere sie nicht etwa so etwas wie eine Verdichtung von inmitten von Teilen der Mehrheitsgesellschaft wirkendem Denken und Fühlen. Jürgen Link würden dieses "Protonormalismus" nennen. (Opens in a new window)Sich abschottende Selbstverständnisse hegemonialer Teile der Gesellschaft also, die ein solches "Innen", deutsch, weiß, heterosexuell, erst produzieren, um sodann jene zu attackieren, die, nachdem sie erst ihren Platz zugewiesen bekamen als deviant, die ihnen zugewiesene Identität als politisch relevant behaupten. Während ein Mob mutmaßlich von Crystal Meth verstrahlter Jung-Nazis gegen CSD-Demos in Bautzen marschiert.

 Ein anderes formales Verständnis von "Mitte" wäre, jene zu unterscheiden, die im Rahmen der Verfassung für eine plurale Gesellschaft fighten. Die Demokratie erst durch die Grundrechte aller gleichermaßen legitimiert sehen und noch die Gewaltenteilung als konstitutiv für den Rechtsstaat betrachten.

 Dieses Verständnis löst sich seit geraumer Zeit auf. Wenn bayerische Spitzenpolitiker wild gestikulierend in Säle brüllen, es solle doch "das Volk" entscheiden, nicht die Gerichte - diese Schnipsel kursierten bei X -,  und die völlig unspezifisch begriffene "Migration" sei "unser Unglück", nein, "unser Unglück" sagte er nicht, formulierte aber Muster, die sich in dem furchtbaren Aufsatz Heinrich von Treitschkes "Unsere Aussichten" von 1879 ebenso finden (Opens in a new window) - dann ist da wieder diese "Mitte", die äußere Feinde generiert und in der Regel auch noch verlogene Selbstverständnisse wie Rüstungen trägt, um in heilige Krieg zunächst im Inneren zu ziehen. So auch die kursierenden Zerrbilder über die in heile Welten eindringenden GRÜNEN, eine Partei, der ich nicht allzu nahe stehe - wieder kreieren sie Fantasien des "Zersetzenden", das in ihre Grillfeste und Trachten-Kink-Parties eindringe.

Sie behaupten einen vordemokratischen "wahren Volkswillen", der, zumeist ethnisch definiert, in Traditionen gründete, sich somit der rationalen Kritik entziehe und wie eine höhere Wahrheit zu verteidigen sei. Hier entsteht eine Struktur "Volk = Gemeinschaft = Mitte", also ethnische Volksgemeinschaft, die völlig quer steht zu den Grundsätzen der Verfassung. Diese gründet in Individualrechten. "Freiheit" heißt aus dieser Perspektive nicht "Selbstbestimmung,  mit Anderen kooperierend und diese respektierend", sondern "Befreiung von den zersetzenden Kräften" - mit aller staatlichen Gewalt. Das wirkt nicht nur in Deutschland, das treibt auch Trump, Orban, Putin und Meloni an.

 Und Jungwähler*innen in Thüringen und Sachsen. Sie fügen sich da brav ein ins System. Was das mit "System" zu tun hat, dazu später mehr.

 Der SPIEGEL produzierte für seinen Instagram-Kanal eine selbstverständlich nicht repräsentative Umfrage in Meißen und lockte junge Menschen vor das Mikrophon (Opens in a new window). Einer derer hatte so etwas zu sagen:

 "Man kennt das ja: Sei schlau, wähl blau für Deutschland. Wir wollen Freiheit, wir wollen Frieden. Wer in Deutschland lebt soll auch arbeiten gehen und die hier reinkommen und unser Geld einfach annehmen, das ist Scheiße”.

Frage: Sollen die Deutschen mit Migrationshintergrund auch raus?

Antwort: “Ja."

 Die Befragten verwiesen hierbei auf die Attraktivität von TikTok-Aktivtäten der AfD als Inspiration. Der Jüngling im Interview sagte schlicht deren Slogans auf. Wie nah diese - hinsichtlich der Attacken auf Bürgerfeldempfänger*innen und der fortwährenden Behauptung einer Einwanderung in die Sozialsysteme - den Slogans auch von Politikern "der Mitte" sind, das festzustellen ist keine Demagogie. Den "Remigrations"-Topos griffen diese noch nicht auf. Was nicht ist, kann ja noch werden.

WAS HAT HABERMAS ZU ALLEDEM SCHON IN DEN 70ER JAHREN GESAGT? ZUR LEGITIMATION VON DEMOKRATIE ALS VERFAHREN

All das sind tatsächlich zentrale Themen im Werk von Jürgen Habermas. Manches hat sich im Zuge der Werkentstehung verschoben, ein paar Grundgedanken blieben jedoch konstant. Zentral entfaltet ein republikanischer Ansatz Wirkung - nicht im Sinne der US-Republikaner, sondern im Sinne der französischen Tradition -, der Demokratie als ein nicht in Kultur oder Sittlichkeit und Lebensformen, schon gar nicht in Ethnien oder unbefragten Traditionen, die einfach nur gelten, weil es sie gibt, begründet sieht.

 Stattdessen kann Demokratie nur als legitim begriffen werden, wenn sie am Leitfaden rationalen Argumentierens, an propositionaler Wahrheit (Propositionen sind Sätze der Struktur "Es ist der Fall, dass P") und Kriterien normativer Richtigkeit orientiert sind. In diesem Fall geht es um Normenbegründung.

 Als hypothetischen Maßstab formuliert Habermas das "Diskursprinzip". Das Diskursprinzip „D“ besagt, dass Normen nur dann gültig sind, wenn sie die Zustimmung aller Betroffenen als Teilnehmer eines praktischen Diskurses finden (oder finden könnten). Wichtig ist, dass Habermas selbst nie davon ausgeht, dass die Bedingungen je real erfüllt seien. Es seien Annahmen, die notfalls hypothetisch in realen Diskussionen vorausgesetzt werden müssen, um überhaupt vernünftig argumentieren zu können.

 Ergänzt wird dieses Prinzip durch den Universalisierungsgrundsatz: Jede gültige Norm der müsse der Bedingung genügen, dass die Folgen und Nebenwirkungen, die sich jeweils aus ihrer allgemeinen Befolgung für die Befriedigung der Interessen eines jeden Einzelnen (voraussichtlich) ergeben, von allen Betroffenen akzeptiert (und den Auswirkungen der bekannten alternativen Regelungsmöglichkeiten vorgezogen) werden können.

 Aus diesen Prinzipien lassen sich die Grundrechte im Grundgesetz ableiten. Die Begründung dessen war Ziel von Habermas' "Faktizität und Geltung" (1992). Sie erst legitimieren Demokratie als Verfahren - siehe oben - auf Basis der Argumentationsregeln, die normative Richtigkeit konstatieren können. Konkretes Recht wie im BGB kann als funktionale Ergänzung begriffen werden.

 Eine völkisch sich bestimmende Demokratie gilt in diesem Sinne als illegitim. Eine Diktatur der ethnischen Mehrheit, die Interessen der Hinausdefinierten gar nicht erst berücksichtigt, geschweige denn sie am Diskurs partizipieren lässt, ist rational nicht zu rechtfertigen. Hier wirken nur noch strategische Prozesse nackter Macht, die sich häufig funktional legitimieren - also als Mittel-Zweck-Relation.

 Dass Habermas diese Prozesse immer auch analysiert und attackiert, die strategischen und funktionalen, das wird in der Rezeption - z.B. bei Jens Balzer aktuell - in der Regeln völlig ignoriert. Tatsächlich verschob sich sein Interesse in den 90er Jahren eher dahin, die positiven Begründungen von Demokratie und Rechtsstaat auszuarbeiten - gerade um der Wiederkehr des Völkischen etwas entgegenzusetzen. Später wandte er sich den materialen, also inhaltlichen Ressourcen des vor allem westlichen Denkens in den Religionen zu, um deren Rationalisierung im argumentativen Sinne als Überwindung traditionalistischer Vorgänger einer verständigungsorientierten Vernunft zu konzipieren.

 Was dabei weiter den Hintergrund bildete, das waren die Kritiken des rein Strategischen und Funktionalen -  so lese ich ihn zumindest. Hier blieb er stets der Älteren Kritischen und der Kritik der instrumentellen Vernunft treu.

 Strategisch kommunizieren heißt, ganz platt, unabhängig davon, ob es etwas nun wahr oder falsch ist, Aussagen in die Welt zu setzen, um bestimmte Wirkungen zu erzielen. Das geschieht nicht nur in expliziter Propaganda oder in der Werbung, sondern auch in Alltag und Politik stets und überall.

 In der "Theorie des Kommunikativen Handelns" arbeitet Habermas diese Dimension aus. Wenn sich nun reihenweise Politiker*innen hinstellen und auf Migranten eindreschen, um dadurch Wähler*innen zu gewinnen, dann sind das eben diese strategischen Sprachmodi, die Wirkung entfalten.

 Habermas begriff sie in den 70er und frühen 80er Jahren als Teil von Systemfunktionalität. Systeme sind ihm zufolge die staatliche Administration und die für materielle Reproduktion zuständige Wirtschaft. Erstere operiert im Modus der Macht im Sinne von Autorität: wenn der Polizist einen Strafzettel verteilt, so entfaltet das Wirkung und diskutiert wird nicht mehr, weil die Mittel vorhanden sind, diese Entscheidung auch durchzusetzen. Der Rechtsstaat stellt idealerweise Verfahren bereit, dennoch Einspruch zu erheben. Viele der neuen Polizeigesetze aber stärken die Exekutive, selbst quasi-rechtssetzend zu agieren.

Auch wenn jetzt diskutiert wird, das Asylrecht als "nicht zeitgemäß" als Individualrecht aus funktionalen Gründen aufzugeben, setzt sich das Systemische ungezügelt durch. In der Wirtschaft gelten funktionale Prinzipien - Imperative - der Gewinnmaximierung, des Eingliederns in Arbeitsabläufe, der Konkurrenz an Märkten, zum Beispiel. Nach Habermas ebenfalls systemische Prozesse - wirtschaftliche Akteure unterscheiden ein "Innen" (innerbetrieblich) und ein "Außen" (Markt) und streben nach Beherrschung von Ressourcen. Sie "ernähren" sich von Rohstoffen wie Metallen und Arbeitskraft und halten so ihren "Organismus" am Laufen. Sie entfalten Macht durch Einfluss und Geld. Diese Mechanismen stehen völlig quer zu einer Konzeption der Grundrechte dann, wenn Menschen arbeiten MÜSSEN, um Geld zum Überleben zu haben. Ökonomische Systeme spucken alles Nicht-Verwertbare wieder aus, und das kann dann sehen, wo es bleibt.

 Wie all das nachhallt in dem, was der AfD-Slogans auswendig lernende Jüngling in Meißen äußert, sollte deutlich sein.

 Diese völkischen Ansätze sind letztlich immer insofern systemisch, dass sich Akteure in der System-Umwelt-Relation als die einordnen, die selbst über das Geld verfügen würden, das dann "illegitimerweise" den von "außen" Kommenden zugeschoben würde. Letztlich eine Illusion; keiner derer überweist irgendwem direkt das Geld.

 Es kommt so eine Identifikation mit dem administrativen System Staat ins Spiel. Weil sie ja irgendwann Steuern zahlen würden und Wahlentscheidungen als solche darüber begreifen, wem nun warum Geld überwiesen wird - ganz unabhängig vom Sozialstaatsprinzip im Grundgesetz oder Verpflichtungen auf die Menschenrechte. Dem Staat weisen sie den Zweck zu, als Garant des Erhaltens eines imaginierten Megaorganismus "Volk" zu agieren. Diesen definieren sie ethnisch. In Systemtheorien stecken immer Annahmen in Analogien zum Überleben biologischer Organismen. Auf der Rechten entsteht so die Fantasie eines "Volkskörpers", eine Denkfigur, die sich im Zuge des 19. Jahrhunderts formierte und zentral im Antisemitismus zirkulierte. Hier entstanden all die grausam wirksamen Metaphern von "Parasiten" und "Volksschädlingen", die heute in teilweise anderem Vokabular sich tradieren und bis hinein in Attacken auf die GRÜNEN reichen. In der Hinsicht ist noch der Junge in Meißen "Systemling".

HYPNOTISIERTE LEBENSWELT

 Im Werk von Habermas bildet "Lebenswelt" die Ergänzung zum Systemischen. Das rationale, also begründende kommunikative Handeln problematisiert etwas im Rahmen alltäglicher Zusammenhänge und macht es so Argumentationen zugänglich. Diese Konzeption versteht sich dezidiert als anti-traditionalistisch - konkrete Sittlichkeit wird ja gerade explizit kritische Sujet, um so Raum für die emanzipatorischen Anliegen des Diskursprinzips zu schaffen und Ständegesellschaften auch neueren Typs als falsch ausweisen zu können. Vernünftig ist, siehe oben, hypothetisch die Zustimmung aller Betroffenen zu konkreten Regeln zu diskutieren.

 Die Aussagen des jungen Mannes in Meißen machen allerdings deutlich, was dem entgegen steht - nicht nur das Hineinimaginieren in Befugnisse staatlicher Macht, sondern auch das Reproduzieren von Memen der AfD und ihrer völkischen Kriterien folgenden Exklusionspolitik. Ihre TikTokisierung politischer Kommunikation hebelt die Möglichkeit von Argumentation komplett aus. Es werden Häppchen so auswendig gelernt, wie Islamisten Fetzen aus Hadithen oder fundamentalistische Christen Bibelzitate vor sich hin plappern ganz egal, ob es gerade passt oder nicht.

 Programmatik der Rechten verfolgt dabei das Ziel, angeblich "vorpolitische" Räume, also Lebenswelten, zu kolonisieren. Diese zu fluten mit ihren Slogans, ihren Lügen - also strategischen Operationen - ihren Wortfetzen und Mem-Kanonaden. Im beinahe schon hypnotischen Sog des Timeline-Scrollens bei der Nutzung sozialer Medien entfalten diese offenkundig immense Sogwirkung. Mit diesen Suggestionstechniken hat Habermas nicht gerechnet. Das müssen wir jetzt übernehmen, Lösungen zu finden.

DIE AUSSTELLUNG VON MISS NICO

Das wollte ich eigentlich alles gar nicht schreiben. Eigentlich wollte ich auf einen FAZ-Text Bezug nehmen, in dem ein Interviewbuch mit Habermas angekündigt wird (Opens in a new window). Dieser behandelt eher dessen Positionen zum Krieg in der Ukraine. Geführt haben dieses Gespräch der Habermas-Biograph Stefan Müller-Dohm und Roman Yos, Autor eines Buchs über den jungen Habermas. Aus Aktualitätsgründen bahnten sich andere Gedanken ihren Weg. Hier trotzdem der Link.

 Und dann wollte ich noch auf eine Ausstellung von Miss Nico verweisen. Sie wird am Freitag um 18 Uhr in der Clemens Schulz-Straße 45, St. Pauli-Nord eröffnet - und wollte dann ausgehend von ihr über Lebenswelt philosophieren.

 Ich kenne Miss Nico seit den späten 80er Jahren. Sie arbeitet damals als DJ im "Tanzsaal". Den kennt heute fast niemand mehr. Der war da, wo später das "Molotow" unter der Ladenzeile der ESSO-Häuser eröffnet wurde. Sie hat mit meiner einst guten Freundin Christine, die "die Tür machte", und ihrer damaligen Lebensgefährtin Lommel 1990 einen kleinen House-Club namens "Or" in der Gerhardstraße unweit des Hans-Albers-Platzes eröffnet und auch dort aufgelegt. Dieser Club wurde vorrübergehend zu so etwas wie meinem Wohnzimmer - wundervolle Musik von SNAP über 70er-Disco-Kracher wie "Kung-Fu-Fighting" von Carl Douglas bis zu Chicago House, den Army of Lovers und Crystal Waters.

 Wir tranken Lipovitan, ein stark  coffeinhaltiges Multivitamingetränk aus Thailand, gemixt mit Wodka oder Sekt - Lipovitan wurde später verboten. Wegen zu hoher Dosierungen. Der Club war bis hin zum Personal queer definiert, aber offen für Heteros, rot gestrichen und mit Metallmöbeln ausgestattet, die Lommel aus Hafenschrott geschweißt hatte. Sie stellte auch praktikable BDSM-Möbel her.

 Miss Nico war Teil der "Housefrau"-Szene rund um Andrea Junker (Opens in a new window) . Diese produzierte auch "Housefrau TV" für das frisch gegründete VIVA. Alleine, dass das "Or" mitten auf dem Kiez von 3 Frauen gegründet wurde, zwei davon lesbisch, war Avantgarde. "Housefrau" stand zudem für aus der Musikgeschichtsschreibung immer wieder getilgte Bezüge; getilgt, weil viele nur auf Berlin Techno starren und damit schon in der musikalischen Form das Schwarze und Queere aus elektronischer Tanzmusik tilgen. Weil der Groove im Techno oft fehlt, das Sehnende, transzendente - eben der Gospel.

 Miss Nico adapierte früh auf verschiedensten Medien wie z.B. Paletten, eben jenen Holzkonstruktionen, mit denen Waren transportiert werden, und winzigen Kacheln eine Ästhetik aus den US-House-Communities. Eine, die Graffiti- und Flyer-Ästhetiken weiterentwickelte. Miss Nico arbeitete künstlerisch dabei ein wenig wie die deutsche Version von Keith Haring - sie zeichnete und malte kleine, skurrile Figuren von hohem Wiedererkennungswert.

 Die Ausstellung lohnt sich somit auf jeden Fall, weil Miss Nico den Stil weiterentwickelt hat, auf verschiedensten Untergründen ausarbeitet und zudem als Chronistin des Lebens auf St. Pauli bei Instagram ihre Fotografien veröffentlicht (Opens in a new window). Also: hin da!

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Topic Gesellschaft

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