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Wie innen, so außen

Wie innen, so außen. Ich treffe eine Entscheidung, und alles verändert sich. Das gesamte innere Gefühl. Die gesamte Wahrnehmung. Und die Außenwelt mit dazu. Innerhalb von zwei Stunden.

Ich radle im Regen bei Eiseskälte zum Bäcker. Setze mich draußen unter die Markise und trinke einen großen, wunderbaren Kaffee. Schaue dem Regen zu, den Tropfen, die von der Markise fallen. Den Pfützen, die sich unter meinem Stuhl immer weiter ausbreiten. Höre dazu meine Lieblingsmusik über Kopfhörer. Und bin in meiner eigenen kleinen Welt. Die Menschen gehen ein und aus zu meinem persönlichen Soundtrack. Geduckt und frierend, jeder in seiner Welt. Und doch irgendwie verbunden. Mir ist kalt, aber nicht innendrin. Innendrin steigt eine große Wärme auf, eine lang vergessene Liebe. Zu mir selbst. Ich sitze da, wärme mir die Finger an der Kaffeetasse, genieße dieses Getränk, das für mich so viel transportiert. Ruhe. Geborgenheit. Pause. Bei mir sein. Runterkommen. Atmen. Neuanfang. Kraft. (Was, ein Kaffee? Ja, ein Kaffee. Ist bei mir so.)

Plötzlich bin ich unglaublich dankbar. Für den Kaffee. Und dass ich ihn mir leisten kann. Für die Bäckerei. Für meinen ruhigen Kiez. Die Vertrautheit, die Geborgenheit. Für den Regen. Die Menschen. Die da sind und mich trotzdem in Ruhe lassen. Für meine Kopfhörer, mein Handy, das Internet. Für Menschen, die auf YouTube Entspannungsmusik hochladen, die mir guttut. Für Menschen, die um 5 Uhr morgens aufstehen, damit ich hier sitzen und Kaffeetrinken und Croissant essen kann. Für den Frieden, der hier ist, jetzt in diesem Moment. Für mich selbst, die all das wahrnimmt und genießt und dankbar ist.

Und auf einmal wird mir klar, vorhin hatte ich eine Entscheidung getroffen: Den Wahnsinn draußen zu lassen. Das Drama mit Menschen, an denen ich mich festzuhalten versuche. Von denen ich mir Energie erhoffe. Und an die ich meine Energie abgebe. Ich habe mich entschieden, wieder zu mir zurückzukommen. Mich auf mich zu konzentrieren. Es zu wagen, allein zu sein, mit mir. Bei mir. Und dieser Wechsel im Innen hat im Außen alles verändert. Meine Wahrnehmung. Mein Gefühl. Meinen ganzen Zustand.

Der Regen ist nicht mehr kalt und störend. Der Regen ist schön und beruhigend. Ich bin nicht mehr im Mangel, sondern reich beschenkt. Ich spüre wieder, da ist was in mir, das ich schenken möchte, schenken kann. Nicht einem Menschen, mit dem Preis, dass ich mich festbinde an diesen Menschen. Sondern ich versprühe meine Energie, streue sie weit. Wie Glitzerregen-Samen, die ich aufs weite Menschheits-Feld streue. Verbreite sie, verteilen sie an Viele. Und gleichzeitig bin ich bei mir. Bleibe bei mir. Ich tue gut und strahle und bin fröhlich und sprudle ganz viel in die Welt hinaus. So will ich das. Und bekomme ganz viel Freude zurück. Weil das so funktioniert. Weil das so genau richtig für mich ist. Und gleichzeitig bleibe ich fest geerdet an meinem Platz, in mir, in meinem Leben.

So kann es gehen. So soll es sein. Für mich. Und auf einmal verabschiedet sich der Schmerz und die Einsamkeit und die Enttäuschung und die Wut. Sie lösen sich auf und fließen mit dem Regenwasser in den Pfützen davon.

Ich bin so dankbar. Wie innen, so außen. Das ist ein guter Weg. Den geh ich weiter.

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