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Week in Review

Kalender-Konventionalisten könnte es so vorkommen, als sei dieser Newsletter gerade tatsächlich noch später dran als eh schon, naja: immer. Das ist sachlich richtig, hat aber zwei recht plausible Gründe: Erstens brummt es in meinem Kernbusiness mit dem Bachelor, Prominent getrennt, GNTM, Love Island gerade gewaltig, die Folter endet nie. Und zweitens musste ich die ganze Woche lang Material ansparen, um endlich mal ein Format auszuprobieren, das ich andernorts selbst sehr gerne lese: Einen persönlichen Wochenrückblick nämlich, weil man ja gar nicht mehr erst so tun muss, als sei man nicht egozentrisch, wenn man eh schon dreist genug ist, den Leuten einen eigenen Newsletter aufzudrängen.

Montag ist Erwerbsarbeit

Es gibt gar nicht so wenige Leute, die denken, ich würde nur zwei Wochen im Jahr arbeiten – nämlich zur Dschungelcamp-Zeit –, und mich die restlichen Monate von diesen Strapazen erholen. Das wäre zwar würdig und recht, wie es so schön bei diversen Anlässen in katholischen Gottesdiensten gern heißt, haut ökonomisch aber nicht ganz hin. Weswegen ich also am Montag um 4 Uhr morgens aufstehe und einen Artikel (Opens in a new window) (Spiegel+) über die hundertstündige "Sound of Peace"-Friedensveranstaltung am Vortag schreibe. TLDR: Ich fand die Vorstellung von einer Parallelwelt süß, in der dem anderweitig unanfassbaren Putin mit alten Pur-Schmonzetten emotional beizukommen wäre (kein Witz, Hartmut Engler sang wirklich "Brüder"), das Veranstaltungskonzept ganz gut, die editierte und kommentierte Fernsehübertragungs-Version aber ein bisschen zu "Obacht, gleich kommt Adel Tawil!"-eventisiert.

Danach schreibe ich noch zwei Kolumnen, eine für "51", das Mitgliedermagazin meines geliebten Rekordmeisters FC Bayern München, und eine neue Folge für ein Kolumnenformat, das noch geheim ist, das nächste Woche zum ersten Mal in einem Printmedium erscheint und in der es überraschenderweise weder um TV noch um Tiere gehen wird. Ja gut, Juri hat einen kleinen Cameo in Folge 2, who am I even kidding.

Ab frühem Abend komatöser Schlaf.

Dienstag ist Ebaystreit

Der Tag täuscht erstmal Erfreulichkeit an: Ich finde auf Ebay UK endlich ein ganz spezielles Souvenir-Halstuch, das 1953 in England anlässlich der Krönung von Elisabeth II. verkauft wurde, und hinter dem ich schon sehr lange vergeblich für meine Sammlung von Elizabeth-Memorabilia hinterher hechele. Auf dem Tuch ist die damals noch-nicht-Queen zu sehen, wie sie zwei Jahre zuvor in Vertretung für ihren kranken Vater, König George VI., zu Pferd die Parade "Trooping th Colour" abnimmt, eines meiner liebsten Fotos von ihr –  so sieht es aus und ich muss es besitzen:

Leider weigert sich der Verkäufer auch auf terrierhafte Nachfrage meinerseits,  das Tuch nach Deutschland zu verschicken, es ist sehr traurig. Ich tröste mich damit, dass ich im offiziellen Giftshop der Royals die eh schon überfällige Flasche Buckingham-Palace-Gin kaufe, die mit Kräutern angereichert ist, die im Palastgarten wachsen. Und von den Royals garantiert persönlich gepflückt wurden, da lasse ich mir nichts anderes einreden. 

Eins meiner liebsten Objekte in meiner Royalssammlung ist übrigens diese nur minimal müffelnde Sporttasche:

Mittwoch ist Detekteigründung

Es gibt in erfolgreichen Krimiserien, egal ob in Buchform oder im TV,  ja diese komischen Dörflein, in denen es brutal idyllisch zugeht – die nämlich einerseits tatsächlich butzenscheibenputzig sind bis zum Erbrechen, in denen andererseits aber auch Gewalttaten am laufenden Band passieren. Ich habe ein bisschen Sorge, dass sich mein Heimatdorf in ein solches Dorf verwandeln könnte, denn nach einem sogar bei "Aktenzeichen XY"-vorgestellten Cold Case um eine mysteriös verschwundene Frau gab es dort jetzt einen neuen, etwas nebulösen Verschwindensfall mit trauriger Todesfolge. Ich bespreche den Ermittlungsstand beim Kaffeetrinken mit meiner Schwester, und wir überlegen, wie unsere Leben verlaufen wären, wenn wir doch die Detektei "Rützel & Rützel" gegründet hätten, statt nur vermeintlich plausibleren Tätigkeiten nachzugehen. Wir sind, mittlerweile durch unser Viertel spazierend, noch mittendrin in diesen Überlegungen, als wir auf einen herren- und halsbandlosen Dackel stoßen. Der steht einfach so rum auf dem Gehweg und scheint nicht recht zu wissen, wohin mit sich. Wir halten alle Passanten an, aber niemand kennt ihn. Ein sehr nettes Paar bietet an, die Polizei zu rufen, damit ihn ein Streifenwagen einsammeln kommt. Ich nehme den Dackel, dem der Rummel um seine Identitätsfindung langsam ein bisschen stressig zu werden scheint, und der sich darum anschickt, unauffällig, Entschuldigung: davonzudackeln, auf den Arm, setze mich in einen Hauseingang und warte auf die Polizei. ODER ZUMINDEST SIEHT ES SO AUS.

Meine Schwester, die mich sehr gut kennt, ahnt natürlich, dass ich in Wahrheit hochaufgeregt überlege, ob ich den Dackel, der sich wie ein perfekt portionierter, warmer Brotleib in meinen Arm schmiegt, nicht einfach mit nach Hause nehmen könnte, und ermahnt mich in angemessen scharfem Ton, da nichtmal im Traum dran zu denken. Nach etwa 20 Minuten kommt dann nicht die Polizei, aber der Besitzer, schlendernderweise und kein bisschen außer sich: Der Dackel sei ihm beim Kaffeetrinken im Park unbemerkt abhanden gekommen. Ich rücke ihn mürrisch raus, erfahre immerhin noch, dass er Hugo heißt, und verbuche die erfolgreiche Dackelrückführung als ersten erfolgreich gelösten Fall unserer Schwesterndetektei.

Donnerstag ist Hundesitting

Der Hugoverlust schmerzt auch noch am nächsten Tag, aber glücklicherweise wird mir direkt ein neuer Zweithund zugeführt: Ich passe heute auf Alma auf, Juris sehr elegante, spektakulär bemuskelte Hundeplatzfreundin, weil ihre Besitzerin einen Ärztetag mit mehreren Konsultationen einlegt und Alma nicht gern alleine zuhause bleibt, wenn es länger dauert. Ich fühle mich sogleich wie in einer romantischen Komödie, als ich mich schon nach 30 Metern jerrylewishaft in beiden Leinen verheddere, allerdings eher in einer unspannenden, dramaturgisch ärmlichen Direct-to-Video-Variante: Es gibt kein amouröses Einschnürobjekt weit und breit.

https://www.youtube.com/watch?v=JXntqmufc2s (Opens in a new window)

Dafür werde ich alle paar Meter von Passant:innen angesprochen, denn die beiden Windhunde machen zusammen selbstverständlich schwer was her. Zwei Kinder fragen mich, ob ich sehr reich bin, weil ich mir gleich zwei solcher Hunde leisten kann, und ich erkläre ihnen, dass Juri und Alma entsorgte spanische Jagdhunde sind, die keiner mehr haben wollte.  Ich nehme die Hunde mit zum Kaffeedate mit einem lieben Bekannten, und Alma gewinnt alle Herzen, weil sie in ihrer typischen Autoscooterart erstmal an alle Menschen ranrumpelt, um gestreichelt zu werden. Wir hängen im Park rum und sehen classy aus.

Freitag ist Migräne

Und darum alle Schotten dicht. Eine Kolumne muss aber doch noch, in "Die Woche auf dem Boulevard" für die Berliner Zeitung resümiere ich in der Samstagsausgabe in Interviewform die wunderlichen Geschehnisse aus der Promiwelt und erzähle olle Kamellen aus meinem Leben.

Samstag ist Hundedemo

 Ja gut, jetzt wird es dann zum Ende hin doch noch bisschen hundelastig, aber so ist das eben öfters mal im Rützellife. Heute ist Windhund-Demo am Brandenburger Tor: Juri, Alma und die allermeisten ihrer Artgenossen hätten in ihrer spanischen Heimat nämlich kaum Überlebenschancen, weil sie dort zur Jagd eingesetzt und von den meisten Jägern immer noch als Arbeitsmaterial und nicht als fühlende Lebewesen gesehen werden. Entsprechend katastrophal werden sie sehr oft gehalten, und, wenn sie nicht mehr die erwünschte Leistung bringen – und damit, toxische Männlichkeit Helau, dem Jäger "Schande machen" – in vielen Fällen wirklich grausam getötet. Wenn diese ausgemusterten Hunde Glück haben, werden sie nicht umgebracht, sondern in einer Auffangstation abgegeben, von wo sie dann mit noch mehr Glück weitervermittelt werden – oder aber eingeschläfert, wenn sich nach Ablauf einer gewissen Frist niemand für sie interessiert.

Das neue spanische Tierschutzgesetz könnte nun die Situation der Galgos und Podencos in Spanien verbessern (Opens in a new window), aber die Jäger protestieren hartnäckig dagegen. Deswegen treffen sich die Berliner Windhundleute zu einer kleinen Gegendemo, auch als Solidaritätszeichen an die spanischen Tierschützer:innen.

Als ich mit Juri und seinem Protestschild ("Nein zur Jagd") in der Ubahn heimfahre und ein paar Mal darauf angesprochen werde, bin ich innerlich schon für die Ampamperei gewappet, ob es denn gerade keine anderen Probleme in der Welt gäbe. Als ob das überhaupt zur Debatte stehe, als ob das nicht eh die ganze Zeit im Kopf wäre. Ich komme aber tatsächlich raunzefrei nach Hause, habe obendrein noch ein paar freundliche, interessante Gespräche geführt – und vermeide nach dieser ungewohnten Vielmenschenkonfro für dieses Wochenende  alle weiteren Sozialkontakte. Man muss sein Glück in Berlin auch nicht unnötig herausfordern.

Bis nächste Woche!

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https://steadyhq.com/de/anja-ruetzels-interessanter-newsletter/about (Opens in a new window)

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