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Care und Gerechtigkeit

Equal Care, die faire Verteilung der Sorgearbeit als Grundvoraussetzung für eine gerechte Gesellschaft

und Vorstellung der Kampagne #GeschenkterTag (geschenktertag.de (Opens in a new window))

von Almut Schnerring und Sascha Verlan

300 Jahre werde es noch dauern bis zur weltweiten Gleichberechtigung von Frauen und Männern, berichtete UNO-Generalsekretär António Guterres im Sommer 2023, Tendenz nicht etwa fallend, sondern steigend! Und obwohl die neue Bundesregierung im Herbst 2021 das 'Jahrzehnt der Gleichstellung' ausrief und sich in ihrem Koalitionsvertrag zum Ziel setzte, die Gleichstellung von Männern und Frauen noch in diesem Jahrzehnt, also bis 2030 zu erreichen, sind wir auch hierzulande weit entfernt von dem im Grundgesetz, Artikel 3 bereits 1949 festgelegten Ideal der Gleichberechtigung. Und so stellt sich die Frage: Warum sind wir nicht längst weiter? Woran liegt es, dass wir in den vergangenen Jahrzehnten so wenig substanziellen und nachhaltigen Fortschritt erzielt haben?

Warum sind wir nicht längst weiter?

Aus nachvollziehbaren Gründen lag der Fokus der Gleichstellungsbewegung in den vergangenen Jahrzehnten auf der Erwachsenenwelt: Vor 1962 durften Frauen in Deutschland kein eigenes Bankkonto eröffnen; erst seit 1969 werden verheiratete Frauen als selbst geschäftsfähig angesehen; bis 1977 konnten Männer die Arbeitsverträge ihrer Ehefrauen einseitig kündigen; die Straffreiheit von Abtreibungen in den ersten 12 Wochen der Schwangerschaft, die Anerkennung von Vergewaltigung in der Ehe als Straftatbestand … es gibt zahllose Beispiele, die diesen Fokus rechtfertigen und zu großen politischen Fortschritten und Erfolgen geführt haben. Trotzdem hat sich an der grundsätzlichen Verteilung von Macht, Repräsentation und Vermögen zwischen den Geschlechtern (zu) wenig geändert.

Equal Care als zentraler Ansatzpunkt

Mit der 'Initiative Equal Care Day' und dem gleichnamigen 'Aktionstag für mehr Wertschätzung, Sichtbarkeit und eine faire Verteilung der Sorgearbeit' (equalcareday.de) versuchen wir einen anderen Ansatz und stellen die Aufteilung von Care-Arbeit und die eng damit verknüpften Geschlechterrollenbilder ins Zentrum unserer Gleichstellungsbewegung: Die ungleiche Verteilung der Sorgearbeit - die bereits früh in der Kindheit beginnt, wenn Mädchen sehr viel stärker und selbstverständlicher in die alltägliche Familienarbeit eingebunden werden, und sich von da an immer weiter verstärkt - führt zu einer ungleichen Verteilung frei verfügbarer Zeit und Ressourcen. Wer verantwortlich ist für das Wohlergehen anderer Menschen, hat eben weniger Zeit und auch Kraft für die eigene Aus- und Fortbildung, für Karriere, Netzwerke und berufliche Selbständigkeit, für politisches oder kulturelles Engagement, sich in der Öffentlichkeit zu zeigen. Die ungleiche Verteilung der Sorgearbeit ist damit Ausgangspunkt und Ursache aller weiteren Gender Gaps und der zentrale Ansatzpunkt für eine nachhaltig gerechtere Gesellschaft, zum Nutzen und Wohle aller.

Equal Care als Bildungs- und Erziehungsziel

und als gesellschaftliches Ideal würde nicht nur Frauen ermächtigen, ähnlich große Vermögen zu erwirtschaften im Laufe ihres Lebens wie Männer (aktuell liegt der Gap bei über 50%) und paritätisch repräsentiert zu sein in den Führungsetagen von Politik und Verbänden, Medien und Wirtschaft, Wissenschaft und Kultur, Equal Care würde auch dazu führen, dass Männer länger leben (die durchschnittliche Lebenserwartung von Männern ist um fünf Jahre kürzer als die von Frauen), gesünder und zufriedener, dass sie nachhaltige und tiefe Beziehungen aufbauen können, insbesondere zu ihren eigenen Kindern. Equal Care würde nicht nur für mehr Gleichberechtigung sorgen zwischen den Geschlechtern, sondern auch in Bezug auf Herkunft, Alter, Bildung und sozialer Schicht.

Kampagne für 2024

Dieser unserer Ansicht nach notwendige und längst überfällige Paradigmenwechsel in der Gleichstellungsbewegung und -politik steht noch ganz am Anfang. Neben unserer Öffentlichkeits-, Kampagnen- und Überzeugungsarbeit im Rahmen des Aktionstages am 29. Februar / 1. März bauen wir ein breites Netzwerk auf von Betroffenen, Organisationen und Verbänden aus allen Care-Bereichen, die nicht länger bereit sind, sich gegeneinander ausspielen zu lassen, sondern ihre Gemeinsamkeiten herausstellen und für solidarische Lösungen eintreten. Wir ermutigen und unterstützen regionale Care-Bündnisse und organisieren mit dem Equal Care Day-Festival eine jährliche gemeinschaftsstiftende Veranstaltung, die die Care-Bewegung im deutschsprachigen Raum und europaweit zusammenführt.

 #GeschenkterTag

Die aktuelle Kampagne für den Equal Care Day 2024 heißt: #geschenkterTag und geht der Frage nach, wie wir den kommenden Schalttag - bislang ein zusätzlicher Arbeitstag, für den keine gesonderte Entlohnung vorgesehen ist - gemeinsam nutzen wollen. Wir haben dazu einige Vorschläge und freuen uns über Austausch und Beteiligung:

geschenkterTag.de (Opens in a new window)

Logo "Geschenkter Tag", Equal Care Day, 29.2.2024 (Opens in a new window)

 

 

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