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Faulheit gibt es nicht – Über das Chaos im Kopf bei ADHS

Faulheit gibt es nicht – Warum das Chaos in deinem Kopf mit deiner Wohnung zusammenhängt

Faultier auf einem Ast als Symbolbild
Faulheit muss nicht immer nur negativ sein

Podcast-Version von NotebookLM zu diesem Text über Faulheit bei ADHS:

Du bist nicht faul. Dein Chaos hat Gründe.

Schmutzige Tassen, ein Schreibtisch voller Stapel und die ständige Frage: „Warum kriege ich das nicht hin?“ Wenn dir das bekannt vorkommt, habe ich eine gute Nachricht: Es liegt nicht an dir. Es liegt an Barrieren, die oft unsichtbar bleiben – und an Erwartungen, die niemals für dich gemacht waren.

Menschen mit ADHS kämpfen oft mit einem unerbittlichen inneren Kritiker, der ihnen sagt, sie wären faul. Doch die Wahrheit ist eine andere. Faulheit existiert nicht, schreibt Dr. Devon Price in ihrem Essay „Laziness Does Not Exist“. Was wir als Faulheit wahrnehmen, ist oft nur ein Ausdruck von Überforderung, fehlender Struktur oder Angst. Genau hier setzt meine Decluttering Challenge in unserer ADHSSpektrum Community auf Skool an – als Werkzeug, um nicht nur die Wohnung, sondern auch das innere Chaos zu ordnen. Quasi eine Art inneres Fittness-Center zum Trainieren und sich entwickeln. Aber nicht gegen Faulheit. Sondern in Richtung pragmatische Veränderung als Prozess.

Das Unsichtbare sichtbar machen: Warum Faulheit nur ein Mythos ist

Dr. Devon Price erklärt: Wenn Menschen nicht handeln, gibt es immer Gründe dafür. Vielleicht blockiert sie die Angst zu scheitern, vielleicht wissen sie nicht, wo sie anfangen sollen, oder sie kämpfen mit inneren und äußeren Barrieren, die andere nicht sehen. Besonders Menschen mit ADHS kennen diese Unsichtbarkeit. Die Welt sieht nur das Chaos bzw. ein aufgeräumtes Zimmer oder Zettelwirtschaft aber nicht den inneren Kampf, der dahintersteckt.

Für jemanden mit ADHS ist das Aufräumen keine einfache Aufgabe. Es bedeutet, sich durch eine Flut von Reizen zu kämpfen, Prioritäten zu setzen und gegen die Lähmung anzukämpfen, die durch Perfektionismus oder überwältigende To-do-Listen entsteht. Ein Stapel ungeöffneter Briefe ist dabei kein Zeichen von Faulheit, sondern von Exekutivfunktionsproblemen – der Schwierigkeit, komplexe Aufgaben in kleine, machbare Schritte zu zerlegen.

Warum halten wir dennoch an der Idee von „Faulheit“ fest, obwohl sie wissenschaftlich widerlegt ist? Ein Grund könnte sein, dass es einfacher ist, Menschen zu verurteilen, als sich mit den systemischen und individuellen Barrieren auseinanderzusetzen, die hinter dem Verhalten stehen. Doch was wäre, wenn wir Chaos als etwas Normales akzeptieren würden, anstatt es zu stigmatisieren? Könnten wir vielleicht erkennen, dass es nicht immer unsere Aufgabe ist, alles unter Kontrolle zu bringen?

Die Decluttering Challenge: Dein Werkzeug für Ordnung im Kopf und in der Wohnung

Was, wenn das Chaos auf deinem Schreibtisch nur ein Spiegel deines inneren Zustands ist? Was, wenn das Ziel nicht Perfektion, sondern Bewegung ist? Genau hier setzt die Decluttering Challenge an. Es geht nicht darum, die ganze Wohnung in einem Rutsch aufzuräumen. Es geht darum, die lähmende Angst zu überwinden, indem du einen kleinen Schritt nach dem anderen machst.

Heute nur die Schreibtischschublade. Morgen das Bücherregal. Und übermorgen vielleicht der Stapel alter Briefe. Es ist eine Übung in Selbstfürsorge – nicht nur für deine Wohnung, sondern für dich selbst. Denn jedes kleine „Ich hab das geschafft!“ baut ein bisschen mehr Selbstvertrauen auf, bis aus einer Kette von kleinen Erfolgen ein großer entsteht.

Dabei geht es nicht nur um radikale Ordnung. Chaos darf auch seinen Platz haben. Manchmal sind sogenannte „Nischen des Chaos“ ein sicherer Raum, der es erlaubt, sich selbst nicht zu überfordern. Ob es die „kreative Ecke“ ist, in der Stapel wachsen dürfen, oder eine Schublade für Kleinkram – diese Nischen können helfen, Struktur und Freiheit in Balance zu bringen.

Die Frage ist: Dürfen wir Chaos bewusst zulassen, ohne es als Scheitern zu bewerten? Könnte es nicht sein, dass gerade diese kleinen Freiräume für Unordnung uns helfen, langfristig stabiler und produktiver zu sein?

Der Ansatz der radikalen Akzeptanz und pragmatischen Veränderung

Die Decluttering Challenge ist mehr als eine Anleitung zum Aufräumen – sie berührt tiefere, emotionale Ebenen, die sich auch in der dialektisch-behavioralen Therapie (DBT) wiederfinden. Ein zentraler Grundsatz der DBT ist die Balance zwischen radikaler Akzeptanz und dem Mut zur Veränderung.

Radikale Akzeptanz bedeutet: Anerkennen, was ist. Das Chaos, die Barrieren, die Unsichtbarkeit von ADHS und die Schamgefühle, die oft damit einhergehen. Diese Akzeptanz ist kein Aufgeben, sondern eine Einladung, die Realität ohne Urteil anzuerkennen. Sie erlaubt es, Mitgefühl für sich selbst zu entwickeln – und das ist der erste Schritt, um Veränderungen überhaupt möglich zu machen.

Doch radikale Akzeptanz allein reicht nicht. Sie muss durch pragmatische Veränderung ergänzt werden. Veränderung heißt: Kleine, machbare Schritte gehen, selbst wenn es schwerfällt. Genau das ist die Herausforderung bei ADHS. Denn Exekutivfunktionsprobleme – die Schwierigkeit, Dinge zu planen und umzusetzen – können den Anstoß ins Handeln blockieren.

Ein Beispiel: Wenn eine Aufgabe wie „Das ganze Wohnzimmer aufräumen“ zu überwältigend ist, dann ist es möglicherweise ein erster Erfolg, einfach nur die Fernbedienung an ihren Platz zu legen. Welche kleinen Schritte kannst du gehen, um dich selbst zu entlasten, anstatt dich weiter zu blockieren?

Die Decluttering Challenge vereint beide Ansätze. Sie sagt: Dein Chaos ist kein moralisches Versagen. Es ist ein Teil von dir, der Aufmerksamkeit und Verständnis verdient. Gleichzeitig fordert sie: Fang klein an, räume eine Ecke auf, mache den ersten Schritt – und erlaube dir, dabei nicht perfekt sein zu müssen.

Die gesellschaftliche Rolle von Ordnung und Leistung

Warum wird Ordnung oft mit Disziplin und Moral gleichgesetzt, obwohl sie neurobiologisch und kontextuell so unterschiedlich bewertet werden kann? Dieses gesellschaftliche Ideal von Ordnung zementiert oft Schamgefühle bei Menschen, die anders funktionieren. Aber was wäre, wenn wir unsere gesellschaftliche Sichtweise radikal hinterfragen? Müssen neurodivergente Menschen sich anpassen, oder braucht es viel radikalere Veränderungen im System, damit auch ihre Lebensweisen akzeptiert werden?

Die Decluttering Challenge fordert uns auf, Ordnung neu zu denken: Es geht nicht darum, perfekt zu sein, sondern darum, für sich selbst eine Balance zu finden, die auch Platz für Chaos lassen darf. Sind wir bereit, diese Definition von Ordnung zu akzeptieren – oder halten wir weiter an alten Idealen fest?

Ein Plädoyer für Mitgefühl und Handeln

Die Decluttering Challenge zeigt, dass Ordnung kein moralisches Ziel sein muss. Es geht nicht darum, dass dein Zuhause aussieht wie aus einem Magazin. Es geht darum, die unsichtbaren Barrieren zu erkennen, die dich zurückhalten – und sie Schritt für Schritt zu überwinden.

Denn Faulheit? Die gibt es nicht. Was es gibt, sind Ängste, Überforderung und fehlende Unterstützung. Wenn wir lernen, diese Barrieren zu sehen, können wir uns selbst und anderen helfen, das Chaos zu bewältigen – im Kopf, im Haushalt und im Leben.

Bist du bereit, dein Chaos mit Akzeptanz und Pragmatismus anzugehen? Die Decluttering Challenge ist deine Einladung, Ordnung in deinem Kopf und deinem Leben zu schaffen – mit Mitgefühl, kleinen Schritten und einem tiefen Verständnis für die unsichtbaren Kämpfe, die dich zurückhalten.

Mich würde DEINE Meinung zu Faulheit und Unordnung interessieren?

Wie stark bist du durch ständige Ermahnungen / Vorwürfe und Kritik schon verzweifelt bzw. verletzt ?

Welche Wege haben dir da raus geholfen und vor allem : Wie geht ihr dann mit der Unordnung eurer Kids oder Lebensabschnittsgefährten um?


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