Neues aus der zarten Horizontale –
Volume 3
Liebe Lesende,
mitten aus der Versenkung in die zahlreichen Texte, die uns im Zuge unseres kürzlich abgelaufenen Open Calls für den Herbst/Winter 22 erreicht haben, melden wir uns mit unserem Oktober-Newsletter. Während ein Großteil unserer Redaktion sich gerade hauptberufsbedingt mit Terminplänen, Blasenpflastern, Ibuprofen und Halstabletten für die Frankfurter Buchmesse kommende Woche wappnet, vertiefen wir uns nebenher mit großer Freude in die verschiedenen Essays, Gedichte, Kurzgeschichten, Fragmente, Collagen, Schreibprojekte und Experimente, die uns in den vergangenen Wochen zugesendet wurden und die auf der Suche nach einem (Zwischen-)raum zur Publikation sind. Soviel können wir bereits vorab sagen: die inahltliche wie formale Spannbreite der Texte wird wieder ganz im Sinne des Magazin Konzepts stehen, Formgrenzen zu hinterfragen und engagierten Nachwuchsautor:innen eine möglichst unbegrenzte Bühne zu geben. Ende dieser Woche werden wir die Auswahl für unsere Herbstveröffentlichungen im virtuellen Raum zwischen München und Berlin finalisieren. Und wir freuen uns schon darauf, diese so verschiedenen Texte von Gastautor:innen schon bald Woche für Woche in unserem Magazin und unseren Social Media Accounts vorstellen zu können und auch den ein oder anderen Einblick in die Lektoratsarbeiten zu geben.
Bis es so weit ist, wollen wir aber gern noch einmal zurückblicken auf die vergangenen Wochen, und euch ein paar Einblicke geben.
Treffen im Zwischenraum II
Vor gut einem Monat, am 10.09. fand unsere zweite Veranstaltung der Lesereihe “Treffen im Zwischenraum” gefördert durch das Neustart Kultur Programm des Deutschen Literaturfonds in der Berliner Lettrétage statt. Wir sind, Wochen später, immer noch beflügelt von diesem Abend und möchten uns an dieser Stelle vor allem noch einmal ausdrücklich bei der Lettrétage bedanken, der Berliner Ankerinstitution für die freie Literaturszene, die uns in ihr Programm mitaufgenommen, den Raum und die Technik zur Verfügung gestellt und (quasi das Wichtigste) die Bar geschmissen hat. Es ist im Kulturbetrieb eine seltene Angelegenheit, auf zugängliche Räume zu stoßen, deren Türschwellen nicht durch finanzielle oder programmbedingte Barrieren versperrt sind. Die Berliner Lettrétage ist ein wunderbares Beispiel dafür, was entstehen kann, wenn so ein Raum geschaffen und darüber hinaus auch noch von großartigen Menschen bespielt wird, die einem die Nervosität eben so nehmen, wie die Angst um einen Technik-Ausfall. Es war uns ein Fest, unsere Lesung dort abzuhalten und danach bis in die späten Stunden verweilen zu können, um miteinander ins Gespräch zu kommen, uns über die gelesenen Texte auszutauschen und die Berliner Eröffnungsfeier unseres Magazins angemessen zu feiern. Vielen Dank dafür, und für euer zahlreiches Kommen!
Und ein besonderes Dankeschön an unsere Autorin Nina Süßmilch, die ihren sehr persönlichen und politischen Text “Nicht-Mutterschaft. Warum ich kein Kind haben werde” vorgelesen hat, sowie an die Autorinnen Rebekka Bauer und Lucia Graf, die im Anschluss ihre lyrische Schreibperformance “Papers of a Room with a sink” vorgetragen haben. Beide Texte findet ihr auf unserer Homepage www.zartehorizontale.art (Öffnet in neuem Fenster). Ebenso wie die zwei Texte, die aus der Redaktion gelesen wurden, “Vulkanina” von Melina Brüggemann und “Zwei Frauen ihrer Klasse” von Dagmara Budak und Katharina Walser, die wir euch weiter unten im Newsletter noch vorstellen.
Nina Süßmilch liest (Nicht-) Mutterschaft
Dagmara Budak und Katharina Walser lesen Zwei Frauen ihrer Klasse
Rebekka Bauer und Lucia Graf lesen Papers of a Room with a Sink
Melina Brüggemann liest Vulkanina
zH Redaktion bei der Moderation
Treffen im Zwischenraum in der Berliner Lettrétage
Wann und wohin es uns mit unseren “Treffen im Zwischenraum” als Nächstes verschlägt, steht aktuell noch nicht fest, aber wir haben schon viele Ideen und Orte im Kopf und werden euch selbstverständlich auf dem Laufenden halten, wo wir 2023 zarte Horizontale auf die Bühne holen.
Neue Publikationen
In der Zwischenzeit haben zwei unserer Redaktionsmitglieder Texte veröffentlicht, die beim Treffen im Zwischenraum ebenfalls, zumindest zum Teil, vorgelesen wurden und die wir euch hier kurz vorstellen möchten:
Zwei Frauen ihrer Klasse
Wochen-, wenn nicht monatelang haben Dagmara Budak und Katharina Walser gemeinsam an einem Schreibprojekt gearbeitet. Entstanden ist dabei nicht nur eine neue Schreibfreundschaft, sondern vor allem ein dialogisches Schreibexperiment, ein Antworten, Weiterschreiben, Andoc(k)en, das sich in einem prozessualen Austausch zum Thema Armut, Klasse, Bildung und Klassenwechsel äußert. Abwechselnd stellen die beiden Autorinnen sich dabei nicht nur Fragen und beantworten eben diese, sondern sind auch dazu bereit, im Laufe ihres Schreibprozesses bereits Geschriebenes und Gedachtes zu revidieren, um den linearen Prozess des Schreibens durch die dialogische Perspektive zu durchkreuzen. Zwei Frauen ihrer Klasse ist ein kraftvoller, kluger, wütender Text, der sich in keine Gattung pressen lässt, der genauso journalistisch wie autobiografisch ist und seinen eigenen Entstehungsprozess permanent mitverhandelt. Genau deshalb ist es ein Text, der programmatisch dafür einsteht, was wir mit unserem Magazin erreichen möchten. Es ist ein Text, dessen 40 Seiten man am besten in Episoden liest, um immer wieder neue Gedanken und Perspektiven daraus mitnehmen zu können und den eigenen linearen Denkprozess ins Dialogische überführen zu können. Wir wünschen euch viel Spaß bei der Lektüre!
“Wir haben uns dafür entschieden, dieses Gespräch über Klasse nicht in einen geplanten Text zu pressen, keine Gliederung zu erstellen, sondern genau das zu tun, was unsere Chat-Texte auch waren: Ein Drauflosschreiben, ein gemeinsames Erinnern, ein Offenhalten, dessen, wo der Text hin möchte. Ein Rantasten, daran, wie wir uns diesem überwältigend großen Thema über unsere eigenen Erinnerungen und unsere Lektüren nähern können. [...] Am Ende wird es wohl weder ein rein autobiografisches Projekt, noch zur Gänze akademisch oder journalistisch, sondern ein Miteinander all dieser Schreibformen – eine Collage aus Fragen, Antworten, Nachträgen, Intermissionen und Zitaten.”
Vulkanina
In ihrem persönlichen und selbstironischen Erinnerungsbericht Vulkanina begibt sich unsere Redakteurin Melina Brüggemann auf eine familiäre Spurensuche und schreibt ausgehend von einem Vulkanbesuch über das alleinige Reisen und über explosive Frauen. Zwischen Familienfotos, die es nie gegeben hat, Suchmaschinenergebnissen, die eine innere Hitze zum brodeln bringen, und eigenen Erlebnissen rund um einen aktiven Vulkan entsteht nach und nach durch die verschiedenen Zeiten hindurch ein Bild, zwischen Erinnerung und Imagination: von drei Generationen von Frauen und einem Vulkan.
“Ich komme aus einer Familie starker Frauen, aber ich bin die erste von ihnen, die auch das Zugeben und das Anerkennen von Schwäche als eine Stärke versteht. Wenn Stärke nur um ihrer selbst willen zutage tritt, dann verhärtet sie sich schnell, so wie die flüssige Lava, die zu Stein wird. Das denke ich, während ich von Catania aus auf den dampfenden Berg schaue und an das nichtexistierende Foto meiner Großmutter und Mutter zusammen auf dem Ätna denke, der eigentlich der Vesuv ist.”
Ausblick in den Herbst
In wenigen Wochen wird es auf unserer Homepage wieder wöchentlich neue Texte zu entdecken geben. Von der Redaktion, von Gastautor:innen, freie Einsendungen und Beiträge zu unseren Schreibprojekten. Darüber hinaus startet diesen Herbst etwas ganz Neues: zarte Horizontale bekommt einen Podcast!
Unter dem Titel zarte Laute starten wir ab November Gesprächsreihen zu den Themen: "Schreiben zwischen Formgrenzen", "Schreiben im Dialog", "Schreiben & Geld", "Schreibräume suchen" und "Schreiben hinter den Kulissen". Eingeladen werden sowohl etablierte Autor:innen, Redaktionsmitglieder anderer Literatur-Magazine als auch unsere Gastautor:innen. In diesem Sinne: stay tuned.
Außerdem könnt ihr uns am 29.11. im Münchner Literaturhaus (Öffnet in neuem Fenster) treffen. Im Rahmen des Münchner Literaturfests stellen wir dort unser Magazin im Rahmen eines Zeitschriften Basars und einer Ausstellung vor. Danke an dieser Stelle bereits an Bene Feiten und die Münchner Schiene für die Einladung!
So viel zum Oktober – Danke für euer Mitlesen, Mithören und vor allem: eure Unterstützung, ohne die unser Magazin nicht wachsen könnte. Und wie immer gilt: Wir freuen uns darauf, von euch zu hören und zu sehen – egal auf welchem Weg freuen wir uns über euer Feedback und das Netzwerken.
Herzliche Grüße aus Berlin und München,
eure zH Redaktion