Aus der Praxis: Podcast alleine managen
Denise ist Host, Redaktion, Audioproduktion und Projektmanagement. Alles in einem! Wie sie das schafft und wie ihre Prozesse aussehen, lest ihr in dieser Ausgabe.
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Wir alle haben für unsere Projekte einen ganz bestimmten Workflow, der für uns funktioniert. Aber geht das auch anders oder sogar besser? Und wie machen das eigentlich die anderen? Um diesen Fragen nachzugehen, habe ich vor drei Ausgaben ein neues Format eingeführt:
⬇️Workflow Deep Dive.
In diesem Format gehe ich mit Podcastschaffenden Schritt für Schritt ihren Podcastproduktionsprozess durch.
Photo Credit: Tamara Göbel
Diesmal spreche ich mit Denise Fernholz (Öffnet in neuem Fenster). Denise ist die wahrscheinlich bestvernetzte Frau in Podcastdeutschland. Sie war drei Jahre lang Redakteurin bei Podstars by OMR und hat den Podcastbranchen-Newsletter Mixdown (Öffnet in neuem Fenster) ins Leben gerufen, den wahrscheinlich viele von euch ebenfalls abonniert haben.
Anfang 2023 hat sie dann ein Abenteuer gewagt. Statt nur über Podcasts zu schreiben, hat sie auch selber einen gestartet: Sind wir endlich da? – der Podcast übers (Nicht-)Erwachsensein (Öffnet in neuem Fenster). Logline: Wie die NEON früher, nur zum Hören.
Ich wollte unbedingt mit ihr darüber sprechen, weil sie hostet den Podcast nicht nur selber, sie ist auch verantwortlich für Recherche, Skript, Aufnahme, Produktion, Veröffentlichung und Bewerbung. Also alles aus einer Hand. Wie schafft sie das?
Hier das Protokoll unseres Gesprächs:
Wie oft kommt der Podcast raus?
Jeden Mittwoch. Früher war der Releasetag am Montag, bis mir aufgefallen ist, dass ich mir dadurch immer das Wochenende versaue. Weil ich dann solange prokrastiniere, bis ich die ganze Arbeit am Wochenende machen muss.
Wer steckt dahinter?
Ich, alleine.
Was sind deine Rollen bei deinem Projekt?
Ich bin Host, ich bin Redaktion, ich bin Audioproduktion und Projektmanagement.
Arbeitest du noch mit anderen an dem Projekt zusammen? Und was sind ihre Rollen?
Mein Podcast-Intro und mein Outro sind von einem ehemaligen Kollegen von mir erstellt worden, weil ich von Musikproduktion keine Ahnung habe und er sehr viel. Außerdem habe ich am Anfang zwar die Folgen geschnitten, für die Postproduktion habe ich aber jemanden beauftragt. Der hat auch extra Beats für den Podcast gebaut.
Mittlerweile mach ich die Audioproduktion komplett selbst und nutze Musik aus einer Datenbank namens slip.stream (Öffnet in neuem Fenster). Das war eine finanzielle Entscheidung. Außerdem wollte ich gerne einmal alles selbst machen, um das zu lernen.
Schritt 1: Ideenfindung
Ich arbeite beim Projektmanagement mit Milanote (Öffnet in neuem Fenster). Dort habe ich mehrere Boards, in denen ich ganz viele Themen sammle. Wenn ich auf irgendwas stoße, irgendeinen Internet-Trend oder irgendeinen schlauen Gedanken, den ich irgendwo gehört habe oder wenn ich von einem YouTube-Video oder von Gesprächen mit Freunden inspiriert bin, das kommt dann alles immer in diese Boards. Manchmal reichen diese anfänglichen Ideen auch nicht für eine ganze Folge. Jede Woche entscheide ich mich dann, welches dieser Themen ich angehen möchte.
Schritt 2: Recherche
Ganz oft habe ich zu einer Idee schon Recherchequellen gesammelt. Wenn ich irgendwas zu einem Thema finde, dann verlinke ich es direkt in dem Board. Die Idee ist dann für mich wie ein Folgentitel und dann recherchiere ich dazu: Ich gucke mir viele YouTube-Videos an, ich lese viel, ich kaufe mir Bücher. Manchmal gucke ich auch ganze Serien, wenn ich mich in so eine bestimmte Mood begeben will.
Die Recherche ist dann manchmal auch sehr ausladend. Ich glaube, dass ich durch die Recherche oft auch prokrastiniere. Ich recherchiere dann so exzessiv, dass das Schreiben einfach immer weiter nach hinten rückt.
Ab und zu hast du auch Gäste im Podcast. Wie wählst du die aus?
Ich habe auch eine Liste mit Leuten, mit denen ich gerne mal sprechen würde. Ganz viele frage ich aber nicht an, bevor ich nicht weiß, was für einen Turn ich für das Interview machen kann. Ich will nicht jemanden interviewen, um ihn interviewt zu haben. Ich will dann über ein ganz bestimmtes Thema mit der Person sprechen, das auch zum Podcast passt.
Ich habe zum Beispiel mit Toyah Diebel darüber gesprochen, ab wann man eigentlich weiß, wann man Eltern werden sollte. Mit Maggie Herker habe ich über das Scheitern gesprochen. Ich versuche mit Leuten zu reden, bei denen ich das Gefühl habe, ich habe die Leute verstanden. Dann klingt es hoffentlich nicht so wie andere Interviews, die sie gegeben haben.
Schritt 3: Skript schreiben
Ich öffne dazu dann immer ein Google Doc und hau da alles rein. Irgendwelche Satzfetzen, irgendwelche Gedanken, irgendwelche Zitate, irgendwelche Links. Manchmal sind es zwei DIN-A4-Seiten, manchmal vier. Bis ich merke, ich bin an einem Punkt, an dem ich genug zu sagen habe.
Dann muss ich das erst einmal strukturieren, damit ich beim Schreiben weiß, mit was ich einsteigen möchte und worüber es im Mittelteil geht und wie ich ende. Das hilft mir sehr beim Schreiben.
Ich versuche immer, die Folgen nicht zu lang werden zu lassen. Oft denke ich dann, dass ich einen Gedanken zu einer Extrafolge machen könnte. Da mach ich mir dann direkt ein extra Dokument auf. Ich habe auch ein ganzes Dokument, in dem ich nur einzelne Abschnitte sammle, die ich aus anderen Skripten rausgeschmissen habe, die aber für andere Folgen relevant sein könnten.
KI-Tools wie Chatbots nutze ich manchmal um mir Sachen übersetzen oder auch zusammenfassen zu lassen. Manchmal nutze ich es auch als Negativ-Inspiration, also dass ich den Chatbot zum Beispiel frage: „Was sind die wichtigsten Meilensteine beim Erwachsen werden?“ Das Ergebnis finde ich dann so schlecht, da kommen mir direkt bessere Ideen.
Für so ein Skript brauche ich mindestens einen Arbeitstag, also acht Stunden. Aber das Problem beim Schreiben ist, dass ich natürlich nicht acht Stunden am Stück schreibe. Oft muss ich dann mittendrin noch einmal etwas recherchieren, dann werde ich von etwas abgelenkt. Oder ich sitze einfach nur zehn Minuten vor der leeren Seite und warte, dass irgendwas passiert. Zum Beispiel die Folge, die ich gestern geschrieben habe, war eine absolute Qual. Oft verbringe ich auch sehr viel Zeit mit Selbstzweifeln: Wen interessiert überhaupt, was ich zu sagen habe?
Arbeitest du mit Deadlines, um den Prozess einfacher zu machen?
Also ich habe den Podcast seit einem Jahr und habe es noch nie geschafft, Folgen vorzuproduzieren. Weil immer irgendwas etwas dazwischen kam. Ich arbeite gerade sehr intensiv daran, das zu ändern, ich habe aber leider noch nicht die richtige Lösung gefunden. Ich prokrastiniere leider sehr hart und das stört mich auch extrem.
In einer Produktion, in der mehrere Leute involviert sind, gäbe es jetzt eine Abnahme des fertigen Skripts. Wie machst du das?
Eine Zeit lang hat mein Mann immer die Skripte nochmal gelesen. Bis mir aufgefallen ist, dass er nie Kritik äußert. Dann dachte ich, dann brauche ich ihn auch nicht immer behelligen und seine Zeit stehlen. Er hört auch die Folgen lieber, wenn er das Skript vorher noch nicht gelesen hat. Ich habe dann entschieden, dass ich niemanden mehr drüber lesen lasse, weil ich mir einfach selbst vertraue, dass es schon gut ist.
Schritt 4: Aufnahme
Ich nehme an meinem Schreibtisch auf, mit einem Shure MV7 Mikrofon. Bei Ikea hab ich mir so einen Aufsteller aus Filz gekauft, um etwas Schallschutz zu haben. Das ist nicht optimal, weil der Raum nicht gedämmt ist. Aber momentan kann ich noch kein Geld in weitere Dämmung investieren.
Vor der Aufnahme teile ich mir das Skript in Absätze auf und setze schon mal Pausen, um an diesen Stellen Musik einzubauen. Wenn es gut läuft, schaffe ich so einen Absatz in einem Take, manchmal muss ich aber auch denselben Satz zehnmal sagen. Dabei lösche ich die schlechten Takes direkt bei der Aufnahme, ich mache also den Schnitt simultan zur Aufnahme.
Schritt 5: Postproduktion
Die Audioproduktion meines Podcasts mache ich noch in GarageBand. Dafür schäme ich mich ein bisschen, aber es reicht momentan für mich, weil ich meine Stimme nicht bearbeite. Aber ich möchte mich mehr in GarageBand einarbeiten, was noch so möglich ist und mir auch andere Software anschauen.
Bei der Produktion der Folge füge ich dann das Intro und die Musik an den Stellen ein, die ich im Skript vermerkt habe. Ich versuche Musik auszusuchen, die zum Vibe der Folge passt. Ungefähr 20 Songs benutze ich immer wieder, sodass der Podcast auch einen gewissen Wiedererkennungswert hat.
Dabei suche ich vor allem Musik, die ein kurzes Intro hat, die ich laut anspielen lassen kann und sich dann aber gut als Musikbett unter meiner Stimme einfügt. Ich spiele mit der Musik viel herum und das macht mir sehr viel Spaß. Dabei merke ich immer wieder, was einen krassen Unterschied Musik machen kann. Ich kann das Gefühl der Folge sehr mit der Musik beeinflussen.
Für die Aufnahme und die Produktion brauch ich meistens jeweils eine Stunde, also zwei. Die fertige Folge ist dann meistens fünf bis zehn Minuten lang. Ganz am Ende höre ich dann nochmal über alles drüber. Bisher ist mir auch noch nie ein grober Schnitzer passiert.
Schritt 6: Veröffentlichung
Den Titel für die Folge habe ich meistens schon, bevor ich überhaupt anfange zu schreiben. Der ist für mich wie eine Prämisse, an der ich mich entlanghangele. Durch mein Skript habe ich es dann auch sehr einfach für die Shownotes, meistens benutze ich das Intro des Skripts für die Beschreibung.
Außerdem verlinke ich alle meine Quellen, welche Musik ich verwendet habe und gebe Credit für mein Intro und Outro. Manchmal passe ich dann noch die Shownotes seo-technisch etwas an, also achte auf die richtigen Keywords.
Aber ich denke oft auch: Naja, wie oft lese ich selbst Shownotes? Ehrlich gesagt fast nie. Deshalb steckt da meist nur so eine Viertelstunde Arbeit drin.
Schritt 7: Bewerbung
Mein Podcast hat einen eigenen Instagram-Kanal (Öffnet in neuem Fenster), der ist aber immer noch ein Sorgenkind. Ich habe es noch nicht geschafft, einen Workflow zu finden, damit ich wirklich guten Content jede Woche liefern kann. Das gehört zu den Themen, die für den Sommer ganz oben auf meiner To-Do-Liste stehen. Ich möchte idealerweise schon vor der Aufnahme mitdenken, was ich für Social Media daraus machen kann.
Ich will noch verschiedene Sachen ausprobieren mit Videosnippets, zum Beispiel indem ich vielleicht nachträglich nochmal Teile aus dem Skript einspreche. Ich habe ein riesiges Milanote-Board, in dem unfassbar viele Ideen draufstehen für Social-Media-Content, aber es scheitert dann leider immer an der Umsetzung.
Ich hoste meinen Podcast auf Acast und bin da sehr zufrieden. Anfangs war ich noch bei Spotify for Podcasters. Bei Acast ist mein Podcast auch für Programmatic Ads freigeschaltet, sodass Firmen Werbung in meinem Podcast schalten können.
Natürlich schalten sie nicht explizit Werbung in meinem Podcast, aber ich falle in so eine Kategorie, für die sich die Werbetreibenden entschieden haben. Damit habe ich mittlerweile so 15 Euro verdient.
Du hast dann auch noch einen eigenen Newsletter für deinen Podcast?
Ja, aber der hat eine komplett andere Zielgruppe. Mein Podcast richtet sich an Menschen in ihren 30ern, die sich ein bisschen lost fühlen. Der Newsletter richtet sich dagegen sehr an die Podcastbranche. (Öffnet in neuem Fenster) Der ist mein professionelles Outlet, in dem ich über Podcast-Kram abnerden kann und mit dem ich nochmal so eine Meta-Ebene eröffnen kann, abseits vom thematischen Schwerpunkts des Podcasts. Wie ist es eigentlich wirklich, einen eigenen Podcast zu machen? Angefangen hat es damit, dass ich genervt war, dass niemand Zahlen veröffentlicht und niemand darüber spricht, wie schwer es eigentlich ist, so einen Podcast zu starten, wenn man vorher keine Reichweite hat.
Was macht dir am meisten Spaß in deinem Prozess?
Eigentlich die Postproduktion, was ein bisschen blöd ist, weil es der kleinste Teil ist.
Ich hoffe, dass ich, sobald ich mal richtig in Vorproduktion komme, auch wieder mehr Spaß am Schreiben habe. Ich liebe schreiben, das ist mein Job und das mache ich seit Jahren. Aber das könnte auf jeden Fall viel besser laufen.
Was möchtest du an deinem Prozess verbessern?
Also das Prokrastinieren nervt mich extrem.
Wie fandet ihr die zweite Ausgabe meines neuen Formats ⬇️Workflow Deep Dive? Welche Fragen oder Prozesse soll ich in meinen Fragebogen noch aufnehmen? Von welchem Projekt oder von welchen Kolleg*innen würdet ihr gerne den Workflow hier lesen? Schreibt es mir! Entweder direkt per E-Mail (Öffnet in neuem Fenster) oder in meiner Umfrage (Öffnet in neuem Fenster).
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Die nächste Ausgabe erscheint am 25. Juni.
Bis bald in eurem Postfach
Niklas
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