Ein psychedelischer Theatertrip
Wenn mystische Musik aus der Fernsehserie “Twin Peaks (Öffnet in neuem Fenster)” und psychedelische Lichtspiele einen Theaterabend einläuten, dann bekommt man bereits in den ersten Minuten eine Ahnung davon, wohin die Reise gehen könnte. So auch bei “Der Prozess” am Hamburger Thalia Theater in einer Inszenierung des Regisseurs Michael Thalheimer.
Die sich stetig drehende Irrgartenbühne scheint die Protagonisten des Stückes und auch die Nerven des Publikums langsam zu zermahlen, immer wieder erklingt ein eklig schrilles Lachen, das selbst die Jugendlichen im Oberrang entsetzt von ihren Smartphones aufblicken lässt. Offenbar ist Kafka gerade in der Schule dran oder aber sie sind wegen Merlin Sandmeyer gekommen, der den Josef K. spielt und vielen aus dem Streamingerfolg “Die Discounter (Öffnet in neuem Fenster)” als Ladendetektiv bekannt ist.
Während ihm als Jonas bei “Feinkost Kolinski” nur wenig gelingt, entgleitet ihm nun als zunehmend verstörter Josef K. auf der Theaterbühne sein komplettes Leben. Die Geschichte seiner mysteriösen Verhaftung und eines undurchschaubaren Gerichtsprozesses ist bekannt und wirkt – obwohl das Romanfragment von Franz Kafka schon vor über 100 Jahren geschrieben wurde – ziemlich zeitlos.
So gerät der Abend mit dem virtuos aufspielenden Thalia-Ensemble zu einem Lehrstück einer oft überfordernden Wirklichkeit. Der 100. Todestag Kafkas am 3. Juni dieses Jahres kann also kommen – um darauf vorbereitet zu sein, sollte man sich dieses Theaterstück angeschaut haben. Für die weiteren Vorstellungen im März und April gibt es noch Karten. (Öffnet in neuem Fenster)
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