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Demo gegen ein Gerücht

2. Juni 2023

Liebe Lesende,

die Bürgerinitiative "Unser Lübben " (BI) will am Sonntag gegen "Containerdörfer in Lübben" demonstrieren. Über diese Forderung dürften sich die allermeisten Menschen in der Stadt und in der zuständigen Kreisverwaltung einig sein, denn: Es wird keine Containerdörfer geben. Weder mehrere noch eines und eben auch keine Container. Das hatte der Landrat in der jüngsten Kreistagssitzung mitgeteilt. Geplant ist demnach ein Modulbau für knapp 100 Menschen, nur der Ort stand am 10. Mai, dem Tag der Kreistagssitzung, noch nicht fest. Warum wird also zu einer Demo eingeladen? Um das Gerücht weiter zu schüren, es würden Containerdörfer gebaut? Um den Protest am Köcheln zu halten?

Dazu muss man sich Hans-Christoph Berndt einmal anhören. Er ist zwar kein Lübbener, aber bei den Demos der Lübbener BI dabei. (Es hat sich übrigens auch noch kein Lübbener gefunden, der für Flyer und Plakate der BI verantwortlich sein will - sie werden immer noch von einer Person aus Bersteland gezeichnet.) Auf der Kundgebung vor dem Kreistag am 10. Mai berichtete der Zützener Berndt davon, wie er 2015 aus einer ähnlichen BI heraus in die Politik gekommen sei und nun im Landtag sitze. Außer der AfD habe ihn damals keine Partei ernst genommen, deshalb sei er dorthin gegangen. Überhaupt gebe es die AfD nur, so der Landtagsabgeordnete, weil die anderen Parteien nicht "normal gearbeitet und die eigene Bevölkerung ernst genommen" hätten.

Dass die anderen Parteien unterschiedliche Wählerschichten vertreten, dass es mehrere Meinungen und zahlreiche Lösungsansätze zu einem Thema gibt und politische Aushandlungsprozesse notwendig sind, um mehrheitsfähige Entscheidungen zu treffen, das erläutert er an dieser Stelle nicht. Und während die Kundgebung vor dem Kreistag ihren Lauf nahm, informierte der Landrat im Kreistag zum aktuellen Stand der Aufnahme von Geflüchteten im Landkreis, nachzuhören (Öffnet in neuem Fenster) in der Aufzeichnung der Sitzung oder auf wokreisel.de (Öffnet in neuem Fenster) nachzulesen. Dort kann man auch die Entscheidung nachverfolgen, warum der Kreistag dem Antrag der AfD, keine Flüchtlinge im Landkreis aufzunehmen, nicht gefolgt war: Es ist rechtlich schlicht nicht möglich.

In seiner Rede während der Kundgebung kritisierte der Hans-Christoph Berndt, dass angesichts zehntausender Flüchtlinge keine Wohnungen, Kitas und Schulen gebaut würden. Der in Lübben geplante Modulbau könnte just Abhilfe schaffen - aber dagegen wird am Sonntag demonstriert...? Kitaplätze seien in der Stadt Lübben ausreichend vorhanden, informiert (Öffnet in neuem Fenster) die Stadtverwaltung. Weitere Schulplätze stehen zur Verfügung, wenn der Anbau an die Liuba-Grundschule realisiert wird. Ist die in Lübben geplante Unterkunft einmal belegt, so wird der Anteil geflüchteter Menschen an der Lübbener Bevölkerung 1,3 Prozent betragen. Derzeit sind es etwa 0,6 Prozent.

Mangels Fakten zum behaupteten Containerdorf lässt sich also vermuten, die Demo am Sonntag diene womöglich der AfD zur Gewinnung politischer Mitstreiter und Kandidierender für den Landtags- und Kommunalwahlkampf im kommenden Jahr. Auch die Farben der BI-Plakate weisen in diese Richtung...

Die Demonstration am 10. Mai in Lübben führte zum Kreistag. Foto: Staindl

+++ Auch im Bestenseer Ortsteil Pätz soll die frühere Gemeinschaftsunterkunft für Geflüchtete wieder aktiviert werden. Darüber sei die Gemeindeverwaltung Mitte Mai informiert worden, sagte der stellvertretende Bürgermeister Karsten Schmidt in der jüngsten Gemeindevertretersitzung. Im Juli soll das Haus in Betrieb genommen werden, zuvor werde es Gespräche zwischen Verwaltung, Gemeindevertretung, Ortsvorsteher und Landkreis geben. Das Thema Geflüchtete spielte im Wahlkampf um das Amt des Bürgermeisters in Bestensee keine Rolle.

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