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Stadt Golßen: Besser allein?

14. April 2023

Liebe Lesende,

die Stadt Golßen soll eigenständig werden - das schlägt die Fraktion Unabhängige Bürgerliste (UBL) vor, und auch der Hauptausschuss hat es am Dienstag mehrheitlich empfohlen. Der "Antrag (Öffnet in neuem Fenster) auf Ausgliederung der Stadt Golßen aus dem Amt Unterspreewald" wird laut Beschlussvorlage "zur Erhaltung der eigenen Leistungsfähigkeit" gestellt. Die Stadtverordneten sollen am 24. April darüber entscheiden. Derweil laufen Prüfanfragen bei der Kommunalaufsicht und dem Innenministerium, informiert Roland Gefreiter, Vorsitzender des Amtsausschusses.

Ronny Schulz, Fraktionsvorsitzender der UBL, hält das Amt Unterspreewald vor allem wegen der hohen Zahl der Mitgliedsgemeinden für nicht funktionsfähig. Mit der Stadt Golßen sind es zehn Gemeinden - das bedeutet für die Verwaltung beispielsweise, zehn Haushalte sowie den Amtshaushalt aufzustellen. Drei Mitglieder des Hauptausschusses haben für den Vorstoß gestimmt, eines dagegen und zwei haben sich enthalten. Rückmeldungen aus der Bevölkerung dazu gebe es noch nicht, sagte Ronny Schulz am Mittwochabend - die Vorlage sei ja noch sehr jung. Dennoch sei sie nicht "aus dem blauen Dunst" gekommen - schon vor zwei Jahren hatte die UBL die Diskussion um die Arbeitsweise des Amtes angestoßen:

https://www.wokreisel.de/news/1/687814/nachrichten/687814.html (Öffnet in neuem Fenster)

Mit der Ankündigung einer Haushaltssperre sei, so Ronny Schulz, nun der "Beweis erbracht, dass etwas schiefläuft im Amt". Zwei Gemeinden befinden sich laut Amtshomepage (Öffnet in neuem Fenster) im Haushaltssicherungskonzept, zwei müssen mit einer Haushaltssperre leben. Eine Mehrheit der Amtsgemeinden ist nach Einschätzung des Landkreises im Vorbericht (Öffnet in neuem Fenster) zum Haushalt (S. 34) nicht dauerhaft leistungsfähig. Im Gebietsänderungsvertrag zwischen den Ämtern Unterspreewald und Golßener Land, die 2013 fusionierten, habe die Genehmigungsbehörde eine Reduzierung der Zahl der amtsangehörigen Gemeinden durch Zusammenschlüsse beauflagt, heißt es in der Beschlussvorlage. "Weniger Gemeinden hätten ein ähnlich großes Haushaltsvolumen und könnten sich auf Augenhöhe begegnen. Das ist aber bislang nicht passiert", kritisiert Ronny Schulz die Zusammenarbeit der Gemeinden. Die Personalkosten im Amt Unterspreewald seien mit 66 Prozent vom Haushaltsvolumen viel zu hoch. Im jüngsten Amtsausschuss sei erneut deutlich geworden, "dass sich niemand ernsthaft darüber Gedanken macht. Deshalb müssen wir jetzt für Golßen eine Lösung finden".

Diese Lösung findet Roland Gefreiter reichlich "kurz gedacht", sagt er. Er hält es für fragwürdig, das 1,5 Millionen Euro ausreichten, um für Golßen eine eigene Verwaltung aufzubauen. Neben dem hauptamtlichen Bürgermeister müssten etwa 15 Mitarbeiter, Software, eine Datenleitung und mehr bezahlt werden. Das Golßener Rathaus sei "energetisch eine Katastrophe". Die Reduzierung der Zahl der Gemeinden sei nach dem Vorstoß der UBL vor zwei Jahren nicht weiter diskutiert worden, sagt Roland Gefreiter, der zugleich ehrenamtlicher Bürgermeister der Gemeinde Schönwald ist. Es sei keine Auflage gewesen, die Zahl der Gemeinden zu reduzieren, sondern eine Empfehlung. Die Kommunalverfassung schreibt (Öffnet in neuem Fenster) eine Unter- aber keine Obergrenze für die Gemeindezahl vor. "Wenn die Gemeinden größer werden, brauchen wir wieder Ortsbeiräte", wendet der Amtsausschussvorsitzende ein. Er appelliert an die Solidarität im Amt. Wegen ihres großen Gewerbegebietes sei die Stadt Golßen "für das Amt so etwas wie Schönefeld für den Landkreis", schätzt er ein. Andere Gemeinden hätten gar kein Gewerbegebiet, mithin viel weniger Einnahmen und seien auf solche Nachbarn angewiesen.

Derzeit beträgt der Anteil der Amtsumlage der Stadt Golßen an der gesamten Amtsumlage knapp unter 30 Prozent, teilt Amtsdirektor Marco Kehling mit. In der Beschlussvorlage der UBL wird von "ca. 40 Prozent" ausgegangen. Der Anteil der Golßener an der Gesamtbevölkerung des Amtes betrag etwas mehr als 26 Prozent. "Die Verwaltungsleistungen sind nicht in allen Bereichen linear", erläutert der Amtsdirektor. "Golßen bildet aufgrund der Größe, der Anzahl und Zusammenballung der Einrichtungen und der Vielzahl der Projekte einen Schwerpunkt für die Arbeit der Verwaltung." Roland Gefreiter wolle die Amtsverwaltung nun beauftragen, die Arbeitszeiten der Mitarbeiter nach Gemeinden aufzuschlüsseln, um mehr Klarheit darüber zu bekommen, welche Verwaltungsressourcen in welche Gemeinde fließen. Er ergänzt, dass für Golßen beispielsweise mehr als 100 kommunale Wohnungen verwaltet werden müssten - etwas, das in ähnlich kleinen Gemeinden gar nicht anfalle.

Feste Untergrenzen für Gemeindegrößen gibt es seit der Absage der zuletzt geplanten Gemeindegebietsreform nicht. Die UBL verweist auf eigenständige Gemeinden wie Heideblick (3.514 Einwohner) und Friedland (2.975 Einwohner). Golßen (2.484 Einwohner, alle Stand 31.12.2021 (Öffnet in neuem Fenster)) könnte Friedland also künftig als kleinste amtsfreie Kommune im Land Brandenburg ablösen. Doch ob es überhaupt möglich ist, eine Gemeinde aus einem Amt herauszulösen und in die Selbstständigkeit zu entlassen, daran hegt nicht nur Roland Gefreiter Zweifel. Entscheiden muss darüber das Innenministerium. Dieses hatte schon 2021 als Antwort (Öffnet in neuem Fenster) auf eine entsprechende Anfrage von Ronny Schulz darauf hingewiesen, dass gemäß Paragraf 134 (Öffnet in neuem Fenster) der Brandenburgischen Kommunalverfassung die Änderung, Auflösung oder der Zusammenschluss von Ämtern einer Beratung durch die Kommunalaufsicht und der Zustimmung aller Gemeinden bedürfe. Für Ronny Schulz gebe es die Kommunalverfassung indes nicht her, "dass alle Gemeinden gefragt werden müssten, wenn eine Gemeinde das Amt verlassen" wolle.

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