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Aufsteiger oder Absteiger?

28. Juli 2023

Liebe Lesende,

Landkreise müssen sich ständig miteinander messen lassen. Es gibt Rankings für Innovationen, für wirtschaftliches Niveau und Dynamik, für Gründungsneigung und mehr. Jüngst ist Dahme-Spreewald im NUI-Regionenranking (Öffnet in neuem Fenster) für Gründungsneigung in Kommunen unter die TOP 20 aufgerückt. Doch was bedeutet das? Wie wichtig sind solche Bewertungen für die Kreispolitik? Und was hält der oberste Wirtschaftsförderer des Landkreises von solchen Rankings?

NUI steht für Neue Unternehmerische Initiative. Das Ranking des Instituts für Mittelstandsforschung Bonn (IfM) erhebt jährlich Daten, um die Gründungsneigung in Städten und Landkreisen zu messen. Dazu zählen neben Existenzgründungen auch Betriebsgründungen, Übernahmen und Zuzüge von Gewerbebetrieben sowie Aufnahmen einer gewerblichen Nebenerwerbstätigkeit. All das wird im NUI-Indikator zusammengefasst. Dieser gibt an, wie viele Gewerbebetriebe pro 10.000 Einwohner im erwerbsfähigen Alter pro Jahr neu angemeldet wurden.

Der NUI-Indikator (Öffnet in neuem Fenster) lag im Jahr 2022 im Durchschnitt der 400 Landkreise, Kreise und kreisfreien Städte Deutschlands bei 128,6. Rund 70 Prozent aller Kreise weisen sinkende NUI-Werte auf. Dahme-Spreewald kommt auf einen NUI-Wert von 177,7 und somit auf Platz 16. Im Vorjahr lag der Landkreis auf Platz 158. Spitzenreiter München hat einen NUI-Wert von 234,4 und der Fünftplatzierte Teltow-Fläming liegt bei einem Wert von 188,3. Damit liegen nur zwei ostdeutsche Landkreise unter den TOP 20. Berlin landet auf dem 20. Platz mit einem NUI-Wert von 171,6. Im Vergleich (Öffnet in neuem Fenster) der Bundesländer liegt Berlin an der Spitze, die fünf ostdeutschen Bundesländer finden sich am Ende der Tabelle, wobei Brandenburg mit einem durchschnittlichen NUI-Wert von 114,5 die Ostländer anführt.

Gerhard Janßen, Geschäftsführer der Wirtschaftsförderungsgesellschaft Dahme-Spreewald, hält das Ranking allerdings nicht für sehr aussagefähig. "Der NUI-Index basiert auf denkbar schmalen Datenbasis, die nur quantitativ und nicht qualitativ analysiert wird", erläutert er. "Dies bedeutet, dass die eine große Industrieansiedlung die gleiche Bedeutung hat wie die Gewerbeanmeldung eines Uber-Fahrers." In der Tat seien die Gewerbeanmeldungen im LDS von 2021 auf 2022 um 28,4 Prozent auf 1.844 überproportional angestiegen. "Wenn man allerdings berücksichtigt, dass wir vor Corona in 2019 auf Platz 68 lagen, ist der Sprung auf Rang 16 gut, aber nicht so überdurchschnittlich", schätzt der Wirtschaftsförderer ein. "Scheinbar war in den Coronajahren die kleinteilige Dienstleistungswirtschaft im LDS von den Auswirkungen mehr betroffen als produktionsorientierte Standorte."

Alle zwei Jahre vergleicht auch das Institut der Deutschen Wirtschaft (IW) die Landkreise und kreisfreien Städte miteinander, zuletzt 2022. Beim IW-Regionalranking 2022 (Öffnet in neuem Fenster) der 400 Landkreise und kreisfreien Städte landet Dahme-Spreewald beim Niveauvergleich auf Platz 11 - vor Teltow-Fläming (Platz 20). Anders als bei anderen Metropolenräumen, wo die Metropole (z.B. München, Platz 1, oder Frankfurt/Main, Platz 12) auf das Umland ausstrahlt, ist das Berliner Umland weitaus besser aufgestellt als die Hauptstadt (Rang 129). Das Regionalranking bemisst den Erfolg einer Region sowohl anhand ihres Niveaus (Erfolgswert) als auch gemäß ihrer beobachtbaren Dynamik (Entwicklung). Über 50 Einzelindikatoren fließen in die Analyse ein.

Bei der Analyse der Dynamik verteilen sich die besonders dynamischen Regionen (Top 10) auf die Flächenländer Schleswig-Holstein, Bayern, Rheinland-Pfalz, Hessen und Nordrhein-Westfalen. Unter den Top 10 des Dynamikrankings befinden sich laut IW Regionen, die sowohl niedrig als auch hoch im Niveauranking platziert sind. So entwickelten sich mit den kreisfreien Städten Wuppertal (Rang 7 im Dynamikranking und Rang 378 im Niveauranking) und Dortmund (Rang 10 im Dynamikranking und Rang 364 im Niveauranking) zwei unterdurchschnittlich erfolgreiche Regionen besonders positiv.

Dahme-Spreewald gehört beim IW-Ranking 2022 zu den 113 so genannten Absteigern, bei denen "zwar ein starkes Niveau, aber zugleich eine relativ schwache Dynamik" vorliege, so das IW. Beim letzten IW-Regionenranking 2020 (Öffnet in neuem Fenster) lag Dahme-Spreewald als erste Region Ostdeutschlands sowohl beim Niveau (Platz 7) als auch bei der Dynamik (Platz 13) ganz vorn. Gerade die "Absteiger" benötigten eine erhöhte Aufmerksamkeit, empfiehlt das IW, "da ihnen in den letzten Jahren wirtschaftliche Dynamik fehlte oder verloren gegangen" sei. Doch die Verantwortung für eine prosperierende Wirtschaft liege nicht nur alleine beim Landkreis, sagt Gerhard Janßen. "Auch die Kommunen, das Land Brandenburg und der Bund haben neben den Kammern und nicht zuletzt den Unternehmen selbst großen Einfluss auf die Entwicklung."

Für Gerhard Janßen bleibt in Bezug auf das IW-Ranking festzuhalten, "dass sich eine bundesweite Platzierung auf Rang 11 zwar schön anhöre, möglicherweise aber nicht die Realität von Wirtschaft und Arbeitsmarkt" widerspiegele, weil einzelne Indikatoren überbewertet würden. So sei z.B. ein Indikator für naturnahe Flächen nicht zwingend ein Bewertungskriterium für einen Wirtschaftsstandort. Den Dynamikindex, der die Entwicklung im Zeitraums 2018 - 2020 im Nachhinein widerspiegele, "ist ungeeignet, um daraus Schlussfolgerungen für eine zukünftige Planung der Kreisverwaltung zu ziehen", so Gerhard Janßen.

Richtschnur für das Handeln des Kreises sei das Ende 2020 beschlossene Kreisentwicklungskonzept. "Als Reaktion auf zwischenzeitliche Krisen (Corona, Ukraine, Klima) haben Wirtschaftsförderungsgesellschaft und Landkreis unter Beteiligung von Unternehmen, Verbänden und Kommunen die Aktualisierung und Ergänzung des zum Kreisentwicklungskonzept gehörenden Katalogs konkreter Maßnahmen auf den Weg gebracht", teilt der Wirtschaftsförderer mit. "Es wird also regelmäßig auf die richtige Weichenstellung geschaut." Dazu gehörten insbesondere die Entwicklung von bezahlbaren Gewerbeflächen. Der Kreistag werde über das Maßnahmepaket und die Umsetzung einzelner Projekte in der Sitzungsfolge im September/Oktober beraten und entscheiden.

Am aussagekräftigsten findet Gerhard Janßen die Analysen von Prognos, etwa die "Regionale Branchenprognose 2030 (Öffnet in neuem Fenster) – Deutschland nach Corona". "Hier werden – unter Berücksichtigung von Unsicherheiten - die Treiber eines Aufschwungs nach Corona untersucht, über deren Ausprägung kaum Unsicherheiten bestehen", erklärt er.

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