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Alternativlos

Andreas Begerts Weg in der Musik

War eh klar, dass das was wird – wie oft haben wir den Erfolg im Nachhinein schon vorausgesehen? Andreas Begert hat lange gekämpft für die Verwirklichung seines Traums. Er hätte gern Komposition studiert, doch das hat nicht geklappt. Sechs Mal wurde er abgelehnt, ein siebtes Mal hätte er sich nicht bewerben dürfen. Vielleicht zeigt sich hier die wahre Leidenschaft. In dem Moment aufstehen und weitermachen, in dem alles ausweglos erscheint.

Musik war Dir schon immer wichtig. Was war das erste Instrument, das Du gelernt hast?

Ich habe Blockflöte gespielt, weil meine Mama das auch gespielt hat. Dann kam schnell das Klavier, für das ich meine Leidenschaft entdeckt habe, weil man so viele verschiedene Sachen damit darstellen kann, Akkorde, Rhythmus, Klangtechniken, Klangarten. Ich habe mit etwa fünf Jahren angefangen und ich bin dabei hängengeblieben.

Ich habe dann weitere Instrumente dazu genommen, weil sie mich interessiert haben. Ich habe Cello gespielt, auch in einem Jugendorchester, habe E-Bass gespielt, weil eine Band einen E-Bassisten gesucht hat. Das habe ich mir selbst angeeignet und auch lange Zeit mitgespielt. Aber wirklich professionell habe ich nur das Klavier gespielt.

Du kannst zum Beispiel auch Akkordeon?

Jaaa… ich kann es bedienen, aber ich bin kein Virtuose darauf. Ich spiele darauf einfache Stücke, Volkslieder, zu denen man singen kann, einen Bayerischen Zwiefachen zum Beispiel, oder einfache Begleitungen.

Lernt es sich umso leichter ein Instrument, je mehr Instrumente man spielt?

Ja, das stimmt schon, aber je älter man wird, desto langsamer wird man auch im Lernen. Jetzt tue ich mir schwerer als früher als Kind. Die musikalischen Basics hat man aber natürlich als Vorgabe und kann sie als weitere Instrumente schnell umsetzen.

Was war das erste Stück, das Du komponiert hast?

Das hieß Herbstlaub, ich habe es für einen Kompositionswettbewerb an meiner Musikschule komponiert. Ich habe dafür einen Preis bekommen, aber nicht gewonnen. Es war aber trotzdem eine wunderbare Erfahrung, denn ich hatte nie zuvor ein Stück aufgeschrieben.

Du hast dann an sehr vielen Wettbewerben teilgenommen. Wie gut konntest Du mit dem Druck bei den Wettbewerben umgehen?

Als Kind schon ganz gut, da hat es auch funktioniert. Aber später fiel es mir tatsächlich deutlich schwerer. Ich weiß nicht, ob ich der Mensch für Wettbewerbe bin. Ich kam mit dem System vom Bessersein nicht ganz so klar. Das hat mich immer wieder beschäftigt und ich habe nicht mehr so die Erfolge abgeräumt. Ich weiß nicht, ob man sich immer bewerten lassen muss. Ich habe zwar einige Wettbewerbe mitgemacht, das war natürlich auch gut, weil ich dadurch Referenzen bekommen habe. Aber ich bewerbe mich nicht mehr und mache keine mehr.

Haben Sie Dir etwas fürs Leben gebracht, die Wettbewerbe?

Eher in dem Punkt, dass ich gemerkt habe, dass ich mich nicht bewerten lassen will von anderen Menschen.

War es jemals eine Frage etwas anderes zu machen als Musik?

Nach dem Abitur hatte ich keine klare Richtung. Ich habe dann auch auf meine Eltern gehört, meine Mutter schlug vor Lehrer zu werden. Ich habe das auch wirklich ausprobiert und habe angefangen Musik auf Lehramt zu studieren. Das habe ich einige Zeit gemacht, auch Praktika in den Schulen, habe aber relativ schnell gemerkt, dass das nicht der richtige Weg und für keinen gut ist, weder für die Schüler noch für mich. Das hat sich auch nicht verbessert.

Was hat Dich gestört?

Ich kann es gar nicht genau sagen. Ich habe mich nicht wohl gefühlt. Ich habe keine Energie gespürt, ich musste mich eher überwinden Unterricht zu machen. Das wurde nicht besser. Ich habe das Studium zwar abgeschlossen, aber sofort gewusst, dass ich diesen Beruf nicht ausüben kann.

Anders als bei Deinen Projekten jetzt…

Ja, und für mich fühlt es sich nicht wie Arbeit an. Ich spüre eine unheimliche Energie, wenn ich an das Projekt des Bayerischen Oratoriums oder an meine Musik überhaupt denke. Ich muss Musik machen, und wenn ich es nicht mache, bin ich unzufrieden. Ich bin manchmal wirklich unausstehlich, wenn ich keine Musik machen kann. Es ist eine Lebensaufgabe, es gibt keine Alternative.

Du hast Dich sechs Mal für die Hochschule für Musik beworben.

Genau. Das hängt mit dem Lehramtsstudium zusammen. Ich habe gemerkt, dass Musik zu mir passt, ich Musik erschaffen möchte und habe überlegt, was ich machen könnte. Also habe ich mich bei der Hochschule für Musik beworben. Beim ersten Mal hat es nicht geklappt, beim zweiten Mal habe ich mich intensiver vorbereitet, wieder hat es nicht geklappt. Letztlich habe ich tatsächlich sechs Mal versucht mich bei verschiedenen Kompositionsstudiengängen zu bewerben und kann es jetzt auch nicht nochmal machen, denn man darf sich nur zwei Mal pro Studiengang bewerben. Das war schon brutal. Ein krasser Rückschlag. Das Thema ist also durch. Ich würde es aber auch nicht nochmals versuchen.

Es war sechs Mal brutal.

Das war es. Ich habe immer versucht nicht zu negativ zu denken und gleich wieder zu sagen, okay, es wird seine Gründe haben und habe immer wieder versucht neu anzusetzen, immer wieder Unterricht genommen bei einem Komponisten. Aber letztlich hat es nicht gepasst. Andererseits: Vielleicht war es auch ganz gut und mein Weg hätte mich nicht dorthin geführt, wo ich hinwollte.

Es gibt zig Beispiele für Menschen, die abgelehnt worden sind und später große Karrieren gemacht haben…

Ja, also bei mir war es dann auch so, dass ich umso mehr den Weg gegangen bin. Ich wollte es dann auf eigene Faust probieren, wenn die mich nicht nehmen. Ich hatte keine Unterstützung der Hochschule und habe eher versucht mein Netzwerk so aufzubauen. So ist ein Feuerball entstanden, vielleicht auch aus Wut heraus, aus negativen Gefühlen, der sich dann aber in eine positive Energie gewandelt hat, die mich immer noch irgendwo trägt.

Deinen Weg trotzdem zu verfolgen – ist das eine Deiner Stärken?

Wenn man stur positiv sehen kann, dann auf jeden Fall. Aber im Musikbusiness hilft einem das extrem, wenn man sich wenig beirren lässt und sieht, dass es ein langer Weg ist, ein immer wieder Dranbleiben, um ans Ziel zu kommen. Stur sein im positiven Sinne ist hier nicht verkehrt.

Man muss erkennen, was das tote Pferd und welches einen dem Ziel näher bringt… Wo standen Deine Eltern in diesem Prozess?

Die haben mich immer bestärkt. Meine Mutter ist Musiklehrerin, meine Vater Kontrabassist, da habe ich immer beides mitgekriegt, die künstlerische und die pädagogische Seite. Meine Eltern waren sehr entspannt und haben mich bestärkt, zum Beispiel, dass die Absagen nichts mit mir und meinem Können zu tun haben.

Du hast als Barpianist gearbeitet. Was hast Du dort gelernt?

Ja, da war ich 15 Jahre alt, meine Oma musste mich immer hinfahren. Dort habe ich gelernt, dass man leise spielen muss. Ich habe mich kaum selbst gehört beim Spielen. Musik ist manchmal nur der Zweck der Unterhaltung, als kleiner Nebeneffekt zu einem Essen. Ich habe das relativ lange gemacht, es hat mir auch Spaß gemacht. Für mich war es eine spannende Erfahrung, ich fand es auch nicht schlimm, dass mir kaum einer zugehört hat. Ich habe gelernt, dass ich in meine Welt eintauche beim Spielen. Ich habe gelernt, lange am Stück durchzuhalten, weil man wenig Pause machen durfte in etwa vier Stunden am Klavier. Ich habe Musik neu kennengelernt.

Zu Beginn der Pandemie ist vieles weggebrochen, was Du an Musik gemacht hast. Was davon konntest bzw. wolltest Du wieder aufnehmen?

Eine sehr spannende Frage. Als das Crowdfunding des Oratoriums durch war, habe ich beschlossen, dass ich meine Schüler kündige. Ich hatte eine kleine Anstellung bei der Musikschule in Erding. Das hatte keiner erwartet, dass ich das in Zeiten der Pandemie mache. Ich habe gemerkt, dass ich nicht mehr unterrichten will. Als das nämlich im Lockdown weggefallen war, habe ich gemerkt, dass mir das nicht taugt. Und wenn ich das nicht will, sollte ich es nicht tun. Ich hatte etliche Einzelschüler. Ich habe alle gekündigt.

Andere Jobs habe ich verloren, über die ich sehr traurig war. Ich habe zum Beispiel eine Zeitlang am Theater gearbeitet und in einem Musical mitgewirkt. Das hat sich dann nicht mehr ergeben. Ich habe auch für Firmen gearbeitet, konzertant oder als Untermalung, habe auch mal einen Trailer aufgenommen. Das hat mich immer über den Tellerrand blicken lassen, aber auch einen neuen Input fürs Komponieren gegeben. Die Art der Berufsausübung dort hat mich immer inspiriert, weil sie ganz eigene Vorstellungen von Musik und Unterhaltung haben.

Die Pandemie war da ein harter Cut, da gab es immer weniger Anfragen. Ich wäre sehr froh, wenn hier wieder ein Aufschwung käme, im kulturellen Bereich wieder mehr passieren würde. Ich hoffe einfach, dass das Leben, das es vor der Pandemie gab, wieder zustande kommt und wir uns im kulturellen Luxus bewegen könnten, den wir zuvor hatten. Ich fühle mich noch nicht zurück. Es ist noch lange nicht wieder so wie vorher. Das wäre schon ein Herzenswunsch, dass es sich normalisieren würde.