KI-Technologien, Satelliten und Vulkane
Gefühlt richtet derzeit alles den Blick auf sog. künstlich intelligente Produktivitätstools wie ChatGPT und Copilot. Gefreut wird sich über die automatisierte Denk- und Arbeitabnahme sowie vermeintliche Wettbewerbsvorteile der Nutzung. Nachteile dieser KI-Chatbots, z.B. für schaffende Künstler:innen, Journalist:innen oder Arbeitnehmer:innen, beschäftigen v.a. die Jurist:innen dieser Welt. Dabei wird häufig übersehen, was Technologien der Künstlichen Intelligenz (KI) für die Menschen im Bereich Sicherheit und Katastrophen leisten können und bereits leisten. Spannende Entwicklungen kommen hier auch aus Deutschland. Davon möchte ich heute eine Entwicklung vorstellen. Denn Bevölkerungsschutz (Öffnet in neuem Fenster) ist gar nicht so “unsexy” und unspanned, wie du vielleicht glaubst.
Monitoring Unrest From Space (MOUNTS - Copernicus)
MOUNTS (Öffnet in neuem Fenster) wurde unter der Konzeption und Leitung von Sébastien Valade (Öffnet in neuem Fenster) an der Technischen Universität Berlin (TU Berlin) in Zusammenarbeit mit dem Deutschen GeoForschungsZentrum (GFZ) in Potsdam und mit finanzieller Unterstützung von GEO.X entwickelt. Seit März 2020 leitet Herr Valade, nunmehr Professor der Vulkanologie am Institut für Geophysik der Universidad Nacional Autónoma de México, Mexico City (UNAM), MOUNTS von der UNAM aus. Das langfristige Ziel von MOUNTS ist es, ein operationelles System zur satellitengestützten Überwachung von Vulkanen auf der ganzen Welt zu entwickeln.
MOUNTS nutzt ESA-Sentinel-Satellitendaten und damit Copernicus:
Copernicus und Sentinels
Das Copernicus-Programm der EU habe ich gestern (Öffnet in neuem Fenster) kurz anhand des Dienstes für Katastrophen- und Krisenmanagement - CopernicusEMS (Öffnet in neuem Fenster) - vorgestellt.
Copernicus ist Teil des Raumfahrtprogramms der Europäischen Union, dient der Erdbeobachtung und bietet im Rahmen verschiedener Dienste (Öffnet in neuem Fenster) globale Daten von Satelliten und bodengestützten, luft- sowie seegestützten Messsystemen. Damit liefert Copernicus Informationen für Forschende, Dienstleistende, Behörden und andere wie internationale Organisationen, um z.B. auf die Herausforderungen des globalen Wandels reagieren zu können. Dieses innovative globale Beobachtungsprogramm ist nach Angaben der Europäischen Weltraumbehörde ESA das größte, das je konzipiert wurde.
Für die schnelle Bereitstellung präziser Daten durch Copernicus führt die ESA eine Gruppe von Satellitenmissionen namens Sentinels (Öffnet in neuem Fenster) durch. Für eine optimale Abdeckung und Datenlieferung bestehen die meisten dieser Missionen aus Konstellationen zweier Sentinel-Satelliten, z.B.
Sentinel-1 (Öffnet in neuem Fenster) kann durch sein fortschrittliches Radar (C-SAR-Instrument (Öffnet in neuem Fenster)) die Erdoberfläche durch Regen und Wolken hindurch abbilden, bei Tag oder Nacht.
Sentinel-2 (Öffnet in neuem Fenster) ist mit einem hochauflösenden multispektralen optischen Bildgeber ausgestattet, um z.B. Veränderungen der Vegetation zu überwachen.
Sentinel-5 (Öffnet in neuem Fenster) ist ausgestattet mit einem Ultraviolett- bis Kurzwellen-Infrarot-Spektrometer; Sentinel-5 und sein Vorgänger Sentinel-5P (Öffnet in neuem Fenster) dienen der Überwachung der globalen Luftqualität.
Mehr Details zu allen Sentinels findest du hier (Öffnet in neuem Fenster).
Wie du dir vorstellen kannst, kommen hier riesige Datenmengen zusammen. Was liegt da näher, als die Daten auch mit KI-Technologie nutzbar zu machen?
Vulkanüberwachung mit KI-Technologie
Monitoring Unrest From Space (MOUNTS) ist ein System zur Überwachung der Aktivität von Vulkanen weltweit unter Verwendung von Daten von Sentinel-1, Sentinel-2 und Sentinel-5P. Dabei kommen Datenanalyseverfahren der Künstlichen Intelligenz (KI) zum Einsatz. Laut einer GFZ-Pressemitteilung (Öffnet in neuem Fenster) über das Projekt aus dem Jahr 2019 haben die Forscher künstliche neuronale Netze mit synthetischen, also computergenerierten Bildern nach dem Vorbild von Satellitenbildern trainiert. So “lernte” die Software, große Verformungsereignisse in realen Satellitendaten zu erkennen. Zur Unterstützung von Überwachungsaufgaben werden KI-Technologie-basierte "Plugins" fortwährend entwickelt und implementiert. (Öffnet in neuem Fenster)
Erst kürzlich ist eine Studie unter Verwendung von MOUNTS in Nature erschienen: Valade S., Coppola D., Campion R., Ley A., Boulesteix T., Taquet N., Legrand D., Laiolo M., Walter T. R. and De la Cruz-Reyna S. - Lava dome cycles reveal rise and fall of magma column at Popocatépetl volcano, Nature Communications, 2023 (Öffnet in neuem Fenster).
MOUNT ist über diesen Link (Öffnet in neuem Fenster) öffentlich zugänglich und zeigt die damit überwachten Vulkane und aktuellen Zustände:
Mit Satellitentechnologie gewonnene Daten ermöglichen generell eine kostengünstigere und konsistentere Überwachung als mit bodengestützten Sensorüberwachungstechniken. Satelliten ermöglichen zudem einen umfassenden Überblick über Warnzeichen z.B. der Bodenverformung, der Gasemissionen und des Temperaturanstiegs. Die genannten Vorteile zeichnen sich vor allem bei Vulkanen aus, die als ruhend oder erloschen gelten, die aber noch immer unerwartet ausbrechen können.
Mehr Informationen können über die MOUNTS (Öffnet in neuem Fenster)-Seite und z.B. das Office for Outer Space Affairs UN-SPIDER Knowledge Portal (Öffnet in neuem Fenster) abgerufen werden.
Warum gerade dieses Beispiel?
Für die deutschen Regionen Eifel und Vogtland besteht eine hohe Wahrscheinlichkeit, dass es zu einem Wiederaufleben vulkanischer Aktivität kommt (Schreiber/Jentzsch, 2021 (Öffnet in neuem Fenster)). Zeitpunkt und Ausmaß eines Vulkanausbruchs sind dabei schwer abschätzbar. Aktuell sehen die Vulkanologen zwar keinen Grund zur Sorge, aber Anlass, Vulkangebiete wie die Eifel eingehender zu beobachten. (Öffnet in neuem Fenster) Hierbei werden auch Erdbeobachtung und KI-Technologien eine wichtige Rolle spielen.