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#special – Wir wollen hoch hinaus!

Neues Jahr, neues Spanien... Und daher heißt es für uns: ab in die Berge! Wir wollen die Sierra Nevada wirklich kennenlernen und steuern daher den Ort Pradollano an. Die Straße ist teilweise richtig steil und zieht sich über viele Kurven hinweg. Wir legen Stopps ein, um Autos vorbeizulassen und um unseren Motor nicht zu überhitzen. Die schneebedeckten Gipfel sehen wir bereits von Weitem. Was uns im Vorhinein nicht klar war: der Ort Pradollano ist DAS Skigebiet der Sierra Nevada. Mit uns fahren also etliche andere Autos, aber auch Wohnmobile und Vans nach oben und die ersten Parkmöglichkeiten, die wir sehen (vor allem die, die sich nicht allzu weit von der Gondel entfernt befinden) sind restlos überfüllt. Wir beginnen schon daran zu zweifeln, ob wir auf unserem anvisierten Wohnmobilparkplatz ein Plätzchen finden. Die letzten Kilometer schaffen wir es aufgrund der Steigung nicht mehr, über 20 km/h zu beschleunigen und mit dem zweiten Gang auf Touren zu kommen. Die Höhenluft lässt grüßen. Wir kriechen also den Berg hinauf und bekommen tatsächlich einen Parkplatz auf 2.300 m. Mit grandioser Aussicht! Sowohl ins Tal hinab als auch ins Skigebiet und auf die schneebedeckten Gipfel. Es ist dennoch so warm draußen, dass wir den restlichen Nachmittag kurzärmlig und mit kurzer Hose draußen auf der Picknickdecke verbringen und unsere Wanderung für Morgen planen.

Die Sonne geht hier erst um 8:20 Uhr auf und wir starten daher um halb 9 unsere Tour. Ausgerüstet mit mehr oder weniger wasserfester Kleidung, Hauben, Handschuhen, Sonnenbedeckung und Rucksäcken wagen wir uns an den Aufstieg. Anfangs ist es etwas matschig, doch schon bald werden die Schneefleckchen eisiger und größer. Nach einer halben Stunde Gehzeit stehen immer noch Wohnmobile am Straßenrand und wir fragen uns, bis wohin die Straße wohl geräumt ist und ob wir noch auf einen Wanderweg kommen, oder tatsächlich der Straße bis nach oben folgen. Die Frage erübrigt sich recht bald durch einen Schranken und der Wanderweg beginnt, die Serpentinen der Straße abzukürzen. Anfangs sind wir allein unterwegs, doch schon bald kommen aus verschiedenen Richtungen mehr und mehr Wanderer und Wanderinnen, aber auch Tourengeher und Tourengeherinnen.

Und dann sehen wir Pferde, erst aus der Ferne, dann von immer näher. Sie stehen seelenruhig am Wegesrand. Wir kommen vorsichtig näher, wollen sie nicht verschrecken. Es sind sechs Pferde und ein Fohlen. Ich strecke die Hand nach einem aus, aber es weicht zurück und so setzen sich die beiden, die direkt am Weg stehen, langsam in Bewegung. Sie stapfen einfach so den steilen Hang hinab, was ehrlichgesagt ziemlich halsbrecherisch aussieht. In diesem Moment denken wir uns nicht viel dabei, erst im Nachhinein finden wir heraus, dass es sich dabei um Wildpferde handelt, die im ersten Lockdown das Skigebiet für sich entdeckt haben und sich seither immer wieder blicken lassen – auch direkt auf der Piste (für ein entsprechendes Video einfach „caballos salvajes en sierra nevada“ ecosian).

Der Wanderweg ist jetzt bereits zu einem Großteil schneebedeckt und die Gruppe vor uns legt eine Pause ein, um Helme und Steigeisen anzulegen. Wir haben nichts dergleichen, sind aber bereit, jederzeit umzudrehen, wenn es zu gefährlich werden sollte. Wir stapfen also weiter und lassen die anderen weit hinter uns zurück. Durch eine günstige Felskonstellation ergibt sich so auch die einmalige Gelegenheit, ein stilles Örtchen aufzusuchen, die wir uns natürlich nicht entgehen lassen. Bäume gibt es hier oben ja keine mehr... Und auch sonst wächst außer etwas Gras und Moos nicht viel. Wir folgen dem Weg weiter und nähern uns dem Skigebiet, dessen Ausmaß uns erst jetzt so richtig bewusst wird. Noch ist nicht viel los, wir kreuzen mehrmals einen Skiweg, sehen dabei aber kaum Skifahrer*innen. Die oberen beiden Lifte sind außer Betrieb und wir entscheiden uns an dieser Stelle dafür, dem Skiweg zu folgen und nicht dem schmalen, eisigen Wanderpfad. Ein Stück wollen wir dann doch noch abkürzen und stapfen eine Piste hinauf. Es ist echt steil und stellenweise extrem eisig. Wir treten die obere eisige Schicht durch, um uns Stufen zu schaffen, doch auch das klappt nur so mäßig. Selbst die Skitourengeher*innen, die die Piste mit uns in Angriff nehmen, weisen uns daraufhin, dass wir ohne Steigeisen aufpassen sollen. Es dauert noch ein wenig, aber wir schaffen es tatsächlich bis zum Gipfel! Dort wird natürlich ausgiebig die Aussicht bewundert (wir sehen auf der einen Seite bis nach Granada hinunter und auf der anderen Seite in ein oranges Wolkenmeer) und nach so vielen Höhenmetern muss erstmal ausgiebig gegipfeljausnet werden! Wir befinden uns übrigens auf dem Pico de Veleta, 3.396 m hoch, zweithöchster Berg der Sierra Nevada und dritthöchster Berg Spaniens.

Hinunter gehen wir den gesamten Weg über den Skiweg alias die Straße, um Ausrutscher zu vermeiden. Außerdem haben wir ja Zeit. Auch, wenn uns die Sonne ganz schön zu schaffen macht. Trotz Hut, Sonnenbrille und doppelter Sonnencreme-Schicht. Nach dem Trubel am Gipfel sind wir jetzt wieder allein. Überall glitzert und funkelt es. Und hören plötzlich das Klirren der Eiskristalle, die sich von der Schneedecke lösen und den Hang hinuntergleiten (nachzuhören im Reel auf Instagram). Die Straße führt uns direkt an einem Lift des Skigebiets vorbei und jetzt ist hier richtig was los. Jeder ankommende 4er-Sessel ist vollbesetzt und unten im „Kessel“, wo vier oder noch mehr Lifte zusammentreffen und wo auch die Gondel aus dem Ort ankommt, wuselt es wie in einem Ameisenhaufen. Irgendwann zweigen wir vom Skiweg wieder auf den Wanderweg ab. Der Schnee ist immer noch eisig, aber hier ist es wieder flacher. Bei unserem Kloplätzchen kommt Lorenz auf die Idee, ein Stück snowboard-like zu rutschen, da es zwischen den Felsen „eh ganz flach“ ist und man ja „nirgends hin auskann“. Also rutscht er, ich lache, er fällt, rappelt sich aber wieder auf und ich versuche zu ihm zu kommen, gerate dabei aber ebenfalls ins Rutschen. Die Bremsung mit den Handflächen auf scharfkantigem Eis ist etwas schmerzhaft und auch Lorenz meint, er habe sich etwas verletzt. Und dann lässt er sich einfach rücklings in den Schnee fallen, lässt die Zunge heraushängen, spielt tot. Ich schimpfe, er solle damit nicht spaßen und werde dann unsicher, ob er überhaupt Spaß macht. Ich nehme ihm also die Sonnenbrille ab und er sieht mich verdutzt an: „Wie lange war ich jetzt weg?“ Ich lache, bin erleichtert und halte es für einen Scherz. Doch Lorenz bleibt hartnäckig und fragt wieder, „Wie lange war ich jetzt weg?“ Keine Ahnung, ob es der Sturz, die Schürfungen und kleinen Schnittwunden an den Handflächen oder das viel-zu-viel-in-der-Sonne-sein war, aber Lorenz ist mir da oben echt einfach weggekippt.

Den restlichen Weg lassen wir uns noch mehr Zeit, nutzen jedes kleine Schattenplätzchen für Trinkpausen und sehen den eisigen Schnee zu Matsch werden. Die letzten Meter ziehen sich, eigentlich kommen wir schon an Parkplätzen vorbei, aber unser Ducato scheint immer noch so weit weg zu sein. Nach 8,5 Stunden, knapp 18 Kilometern und 2.200 Höhenmeter sind wir wieder Zuhause. Erschöpft, aber vor allem mit viel zu viel Vitamin D intus. Wir verkriechen uns daher im kühlen, schattigen Wohnmobil und, um unsere Energiereserven wieder aufzufüllen, gibt es obligatorisch Pasta mit Gemüsesugo. Abends, als die Sonne schon lange hinterm Horizont verschwunden ist, gehen wir doch nochmal kurz nach draußen. Um den Sternenhimmel zu betrachten, der in dieser Höhe doch etwas sehr Besonderes ist.

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