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Etwas Altes: Personengebundene Buchmessennostalgie

Zur klassischen Buchmesse fahre ich derzeit nicht mehr, weil da zu viel zu wenig zu meinen publizistischen und demokratischen Überzeugungen passt. Trotzdem war die Frankfurter Buchmesse in der Vergangenheit für mich sehr oft eine Veranstaltung, während der erinnerungswürdige Begegnungen stattgefunden haben, deshalb gönne ich mir jetzt eine kleine Dosis Nostalgie. 

Mit riesengroßem Abstand am liebsten bin ich mit Zoë Beck nach Frankfurt oder zurück nach Berlin gefahren, denn Zoë ist lieb, klug, fährt gut Auto und hat mich jederzeit, auch ohne vorherige Abmachung neben sich auf den Beifahrerinnensitz schlüpfen lassen; meinen kleinen Rollkoffer stopfte sie dann irgendwo in ihr komplett zugepacktes Auto.  

Nachfolgend zwei Zoë-Beck-Appreciation-Bilder von solchen Fahrten. Ja, das erste Bild habe ich bearbeitet. Und, ja, sie hat da selbst was am Auto repariert.

Zoë Beck ist eine so gute Autorin (Öffnet in neuem Fenster) und Verlegerin (Öffnet in neuem Fenster), die die vielen Preise für ihre Arbeit wirklich verdient hat. Außerdem ist sie ein beispiellos engagierter und solidarischer Mensch. Ich bin sehr froh, dass ich sie kenne. Leider habe ich sie schon seit Ewigkeiten nicht mehr getroffen. Vielleicht muss ich 2023 doch wieder zur Buchmesse fahren oder einfach nur ins Auto hüpfen, wenn sie losfährt; ich kann ja in Frankfurt auch etwas anderes machen – das muss die Demokratie aushalten.

Etwas Neues: Das kritikable Queertett

Letzten Donnerstag bin ich, ohne selbst aufzutreten, in eine andere Stadt zu einer Veranstaltung gefahren: nach Hamburg zum von Pajam Masoumi und Alina Buchberger kuratierten Kritikablen Quartett (Öffnet in neuem Fenster). Das ist wirklich etwas Besonderes, denn 1. gehen Menschen wie ich, die beruflich häufiger auf Bühnen sitzen müssen privat eher selten zu Events mit Bühnen, 2. reise ich aus Pandemie- und Planetensorge nicht mehr viel, und 3. verlasse ich das Haus von jeher nur sehr widerwillig. Aber es klang inhaltlich so interessant und auch sozial verheißungsvoll. Nette Netzmenschen irgendwann auch jenseits von Screens kennenzulernen, ist immer noch etwas, das ich sehr schätze. 

Brav wurden budgetfreundlich Billigbus hin und Billigzug zurück gebucht, aber als Gönnung vor Ort ein Hotelzimmer, um es nicht zu anstrengend werden zu lassen. [Hier Kameliendamenselfie vorstellen.] In Hamburg war ja im Gegensatz zu Frankfurt keine Buchmesse, das gestaltete die Zimmerpreise entgegenkommend. Tatsächlich aber wollte ich in Hamburg ausdrücklich eine Art Surrogat-Buchmessenhotelrelaxfeel ergattern, denn zeitlich war ja für mich Buchmesse. Du bekommst die Verlegerin aus der Buchmesse, aber nicht die Buchmesse aus der Verlegerin. Und irgendwie war es in Hamburg dann auch ein bisschen buchmessig, und zwar in der Art, wie ich sie mir auch in Frankfurt immer zurechtbasteln muss, damit es passt: inhaltlich sehr ernsthaft, aber bitte nicht so offiziell. 

Auf der Fahrt nach Hamburg hatte ich auch buchmessenähnlich gute Gesellschaft, Johannes Ehsan Fischer, einen Journalisten und Mittwitterer, den ich von einem lange zurückliegenden Interview kenne, nicht richtig gut, aber mittlerweile gut genug, um die Idee eines mehrstündigen Gesprächs nicht bedrohlich zu finden. Johannes nannte unsere Reise später einen Schulausflug, nur ohne Horror. Mir ist einmal mehr aufgefallen, wie sehr ich es schätze, wenn man zugewandt und vertrauensvoll Zeit mit Menschen verbringen kann, ohne sich zu sehr auf die Pelle zu rücken. Ja, es ist wahr, wir waren einander gute Klassenkamerad*innen.

Das Kritikable Queertett selbst traf im Kampnagel zusammen, Alexandra Antwi-Boasiako sprach mit Dr. Maha El Hissy und Dr. Leila Essa. Leider war die Vierte, Elisa Aseva, krank in Berlin geblieben. Sehr schade, denn Elisa Aseva ist eine sehr interessante Denkerin und hätte eine tolle Konstellation mit Leila Essa und Maha El Hissy gebildet. Aber vielleicht kommt sie ja ein anderes Mal, denn das Format ist so gut, dass es unbedingt regelmäßig stattfinden muss. So war es Alexandra Antwi-Boasiako, die einen anderen Vibe als die beiden Literaturwissenschaftlerinnen reinbrachte, was aus Sicht des Publikums alles noch runder, aber nicht glatt machte.

Pajam Masoumi, Alexandra Antwi-Boasiako, Alina Buchberger,  Dr. Leila Essa, Hans Eberhard (Gebärdensprache), Dr. Maha El Hissy

Über den kritikablen Inhalt schreibe ich ganz frech nichts, weil es das Ganze demnächst noch auf YouTube geben wird, das verlinke ich dann. Eines will ich nur verraten, Maha El Hissy hat vom »Postroman« gesprochen – der neue Begriff dieser NewFrohmanntic-Folge stammt also nicht von mir –, und ich werde jetzt definitiv einen Postroman schreiben. In Wirklichkeiten schreibe ich schon länger daran, aber jetzt ergibt es plötzlich Sinn und ich bin wieder motiviert.

Aus Veranstalterinnensicht positiv ist mir noch aufgefallen, dass Pajam Masoumi das Queertett beim ersten Mal selbst moderierte – weiß ich von YouTube (Öffnet in neuem Fenster) – und schon beim zweiten Mal, als ich anwesend war, das Mikro abgegeben hat. Es ist nämlich gar nicht so einfach, Kontrolle abzugeben. Auch das erscheint mir vorbildlich, so wie das ganze Format. Vorbildlich, aber nicht als fertiges Konstrukt, als Schablone, die jetzt andere nehmen und füllen können – sie werden es natürlich tun, aber es wird einfach nur öde sein –, sondern als offene, bewegliche Herangehensweise, die verhindert, dass etwas schnell zur Schablone erstarrt. 

Ich glaube, ich werde in nächster Zeit häufiger mal einen Schulausflug zum Kritikablen Queertett unternehmen. Gleichzeitig macht es mich traurig, bestätigt zu bekommen, wie schnell man hands on den Kulturbetrieb ändern kann, wenn man nicht gute Vorsätze formuliert, sondern ganz andere Menschen als sich selbst einfach machen lässt. Ich hätte, nicht nebenbei bemerkt, auch gern bei Personen wie Maha El Hissy und Leila Essa studiert, aber der Zug ist lange abgefahren. Hoffentlich bekommen Jüngere die Chance, ihn zu nehmen.

Meine Veranstaltungsbewertung: Fünf Sterne, weil ohne Tamtam inklusiv (kostenlos, rollstuhlgerecht, gebärdensprachengedolmetscht, aufgezeichnet) und skandalfrei interessant (so gute Leute auf jeder Position). 

Es ist ganz einfach. Macht relevante Events, und ich komme zu eurer Party und mache keinen Stress, denn ich habe keinen Grund. Ich influence sogar ungefragt rum, weil ich es kann.

Etwas Geborgtes: Ein Zitat

(aus: The Laser Canon (Öffnet in neuem Fenster))

Etwas Uncooles

Kleiner Tipp. Es wurde noch nie ein Tweet geschrieben oder ein Satz gesprochen, der mit »Ich mansplaine ungern« oder »Sorry for Whitesplaining« begann und nicht bestenfalls unnötig war.

 

Rubrikloses

Wenn die Konsole noch lädt, einfach zwischendurch mal ein Märchen nachspielen

Ich finde es immer hübsch, mit alten New-Yorker-Seiten die Girls-Postkartensets (Öffnet in neuem Fenster) einzupacken, aber in diesem Fall besonders. Einfach die optimale Verpackung für ein »Nein, Herr«-Set.

Context matters 

Ich, jedes Mal, wenn ich eine Twitterpause mache

Organizer Poem 

Präraffaelitische Girls erklären

Zurück in die Videokonferenz, wir sehen uns nächste Woche. Seid lieb, nur nicht zu Nazis.

XOXO,
FrauFrohmann

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PNF (Post NewFrohmanntic): Das auf dem Cover oben ist auch Zoë Beck.

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