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kurz & knapp: Israels Antwort an den Iran

Eine israelische F-35

Nach dem iranischen Großangriff auf Israel spekulieren nun alle, wie es weitergeht. Wie Israel reagieren wird.
Diese Spekulationen reichen vom dritten Weltkrieg bis zu nichts.
Ich möchte das einmal in eine vernünftige, ruhige und realistische Perspektive umleiten.

Hintergrund zu dem Angriff im vorangegangenen Beitrag (Öffnet in neuem Fenster).

Dafür muss man zunächst einmal gucken, was überhaupt im Iran los ist. Und da ist einiges los.
Denn viele Iraner verabscheuen die Islamische Republik, also das derzeitige System, das Regime.
Weshalb nun viele Exil-Iraner darauf hinweisen, man solle bitte nicht „Iran“ sagen, denn der Angriff sei von der Islamischen Republik ausgegangen. Und die Mehrheit der Iraner sei auf Seiten Israels. Was glaubwürdig ist, aber international nun einmal keine große Rolle spielt.

Der Aufstand der Frauen wurde gewaltsam unterdrückt. Aber er ist keineswegs beendet.
Zudem will der greise Religionsführer Ayatollah Chamenei, der über dem Präsidenten steht, seinen eigenen Sohn als seinen Nachfolger installieren. Doch dagegen gibt es Widerstände innerhalb der Führung.
Und als wenn das nicht genug wäre, gibt es noch dasBelutschen-Problem.

Ayatollah Chamenei

Die Belutschen sind eine ethnische Minderheit von etwa 10 Millionen Menschen, deren angestammtes Gebiet genau im Schnittpunkt Iran, Pakistan und Afghanistan liegt. Und dieses Gebiet hat Rohstoffe.
Die Belutschen wollen ein eigenes Land haben. Die drei Länder wollen sie aber natürlich nicht entlassen. Seit dem zweiten Weltkrieg gibt es dort dauerhaft Kämpfe.

In einer unübersichtlichen Lage ist es nun soweit, dass der Iran und Pakistan sich seit etwa Januar gegenseitig mit Raketen beschießen. Und sagen, das hätte der Bekämpfung von Terroristen gegolten.
Da diese aber nicht klar benannt werden, vor allem die Gruppe Dschaisch al-Adl, kann man auch mutmaßen, dass die beiden Parteien versuchen, sich nur gegenseitig zu beharken. Und einfach mit dem Finger auf den Anderen zeigen und die Terroristen nur Anlass zum Zweck sind. Wahrscheinlich wissen nicht einmal der Iran und Pakistan genau, was da abläuft.
Der Iran muss aber sehr aufpassen. Denn viele vergessen gerne, dass auch Pakistan eine Atommacht ist. Und der sunnitische Staat wird gegenüber dem schiitischen Iran sicher nicht so zurückhaltend wie Israel sein.

Kurzum: Der Iran hat viele eigene Probleme.
Beziehungsweise das Regime, das von allen Seiten unter Druck steht.

Ein mögliches Szenario

Und um in dieser Situation Stärke zu zeigen, musste das Regime auf den Luftschlag Israels in Damaskus reagieren.
Noch bevor in Israel Entwarnung gegeben wurde, hat der Iran schon mitgeteilt: „Das wars, wir haben gesagt, was wir zu sagen hatten.“ Das wird diplomatisch als eine Art Friedensangebot gewertet. Als das Eingeständnis, für das innenpolitische Bild einmal auf dicke Hose machen zu müssen, es damit aber gerne auch gut sein zu lassen.
Wenn das iranische Regime gerade etwas so gar nicht gebrauchen kann, ist das ein Krieg mit Israel.

Israel weiß gar nicht, wie es darauf reagieren soll. Das lässt sich daraus ersehen, dass noch in der Nacht des Angriffs und am nächsten Tag viele Politiker sich widersprechend geäußert haben. Auch das reichte von „Krieg“ bis „Schwamm drüber“.
Daher gehe ich davon aus, dass Israel sich derzeit vor allem mit den USA, aber auch mit Großbritannien und der EU abstimmt. Und, nachdem es sogar von Saudi-Arabien und aktiv von Jordanien unterstützt wurde, auch mit denen.

Und in diesem Kontext, vor diesem Hintergrund, rechne ich nicht mit einer großen Eskalation.

Was ich für möglich halte, ist ein sehr ähnlicher Luftschlag, wie der Iran ihn auf Israel durchgeführt hat. Dann aber mit einer höheren Intensität.

Nur um einmal ein Szenario aufzumachen, damit der geneigte Leser sich das vorstellen kann:
Denkbar wäre, dass Israel nicht mit Marschflugkörpern reagiert, sondern tatsächlich mit Jets.
Israel könnte mit Jets über Saudi-Arabien fliegen, sie können in der Luft betankt werden. So kämen sie bis vor die iranische Haustüre. Und da könnten sie dann sehr laut anklopfen.
Ziele wären Militäranlagen. Beispielsweise verfügt Israel über mehrere Waffensysteme, die gezielt gegen Radaranlagen eingesetzt werden können. Sie gehen quasi auf deren eigenen Radarstrahlen ins Ziel. Denkbar wären auch große Kasernen, Kommandoposten oder ähnliches.
Teheran ist nicht ohne Grund seit Samstag in Alarmbereitschaft. Ich würde da gerade auch ungerne im Regierungsviertel spazieren gehen.

Das derzeit wahrscheinlichste Szenario

Das ist nur ein mögliches Szenario.
Nach dem Motto: Wenn etwas passiert, dann so etwas.
Ein harter, aber begrenzter Schlag. Der aber laut genug ist, dass er im ganzen Land gehört wird. Ohne dass das Regime das totschweigen kann. Denn wenn, will Israel ja vermitteln, dass es den Iran auch wirklich treffen kann und sich nicht mit solchen Lachnummern wie Samstagnacht begnügt. Das muss dann schon drücken im Gesicht, das muss dem Regime weh tun, sonst kann man es gleich lassen.

Ob etwas passiert und was genau, hängt nun von vielen Faktoren ab.
Beispielsweise davon, was Jordanien und Saudi-Arabien bereit sind mitzumachen. Was die USA dazu sagen und ob sie das unterstützen. Beispielsweise durch Zielzuweisung, Daten oder Flugleit. Dort sind ja Schiffe der US Navy im Einsatz, die genau so etwas können. (Eigene Jets werden die USA definitiv nicht schicken.) Und auch, wie die iranische Flugabwehr aufgestellt ist. Hat die Schwachstellen, wird Israel das gezielt ausnutzen. (Vermutlich schwach in größerer Höhe.)

Durch die unterschiedlichen Aussagen israelischer Politiker halte ich es derzeit aber tatsächlich für wahrscheinlicher, dass gar nichts passiert. Dass man Israel rät, die Füße still zu halten. Auch wenn Netanjahu ja – wie üblich – bereits gepoltert und sich weit aus dem Fenster gelehnt hat.

Dazu sollte man auch wissen, dass Israel bereits den Sicherheitsrat der UN angerufen hat. Es besteht also die Möglichkeit, dem Iran diplomatisch auf die Finger zu hauen. Was dem Regime dann vielleicht mehr wehtun könnte, als ein paar kaputte Radaranlagen oder Raketenstarter. Beispielsweise, wenn China sich als Handelspartner zurückzieht, weil der Westen da Druck ausübt.
Ich könnte mir vorstellen, dass die USA genau das sogar empfehlen. Auch für sie wäre es eine willkommene Gelegenheit, den Iran noch enger diplomatisch zu knebeln.

EDIT 16.04.24: Nach der Veröffentlichung ist das Kriegsparlament Israels zusammengekommen und hat sich nach zwei Sitzungen abends geeinigt auf den Angriff zu reagieren. Aber so, dass es zu keinem Krieg kommen soll.
Zudem hat man zugesagt, die US-Verbündeten vorher zu informieren.

Was in jedem Fall nicht passieren wird, ist eine schnelle Eskalation anderer Länder. Geschweige denn ein dritter Weltkrieg.
Der Iran ist isoliert. Bis auf seine Poxys hat er niemanden, der ihn „full scale“ in einem Krieg unterstützen würde. Auch Russland nicht, dass jetzt natürlich auch wieder drohen und sich aufplustern muss. Was in diesem Kontext aber keiner ernst nimmt.

Die nächsten Tage werden es zeigen.
Ich kann mir aber – wie eigentlich immer – kein Szenario vorstellen, das mich unruhig schlafen lassen würde.

Kategorie kurz & knapp

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