Al Jazeera Schließung, Pressefreiheit und Palästinenser unter sich
Ich habe mich kurzfristig entschlossen, dieses Posting auch hier zu veröffentlichen.
Al Jazeera sitzt in Katar und ist der meistgesehene Kanal in den arabischen Ländern.
Seine englischsprachigen Veröffentlichungen sind deutlich gemäßigt. Im Original wird er als Haussender der Hamas angesehen. Es ist derzeit der einzige ausländische Sender, der von der Hamas mehr oder weniger autonom im Gazastreifen geduldet wird.
Anfang Mai ließ Israel das Büro von Al Jazeera in Ost-Jerusalem schließen. Im September auch das Büro in Ramallah.
Ein Aufschrei. Alle großen Medien haben darüber berichtet. Man sah die Pressefreiheit in Gefahr.
Zeitsprung.
Dschenin, im Norden des Westjordanlandes, gilt als Hochburg der Hamas und des Islamischen Dschihad. Die Gruppen nennen sich „Dschenin Bataillon“. Zentrum ist das „Flüchtlingslager“ Dschenin, das längst eine normale Kleinstadt ist. Seit 1996 autonom.
Seit Wochen gibt es immer wieder Feuergefechte zwischen diesen Islamisten und den palästinensischen Sicherheitskräften. Ich betone: Nicht zwischen Palästinensern und Israel, sondern unter Palästinensern.
Vor etwa zwei Wochen gab es beispielsweise Feuergefechte, weil die Regierung den Islamisten vorwarf, Einsatzfahrzeuge gestohlen zu haben. Berichtet wurde auch darüber kaum.
146 von 193 Mitgliedern der UN erkennen den Staat Palästina an. Offiziell regiert wird er von der PLO bzw. der Fatah und dem Präsidenten Mahmud Abbas.
Das eigentliche Organ der Regierung ist der Palästinensische Legislativrat. Der ist im Grunde machtlos, die derzeitige Regierung gilt als korrupt bis in die Haarspitzen. Wahlen wurden auf unbestimmte Zeit verschoben.
In diesem Legislativrat hat die Hamas eigentlich die absolute Mehrheit.
Nun hat Al Jazeera offenbar für die Regierung unliebsam über die Zusammenstöße in Dschenin berichtet. Zugunsten der Islamisten. Und die Regierung hat dem Sender gestern die Genehmigung entzogen.
Die Medien berichten zurückhaltend. Kurze Beiträge im Spiegel, der taz, ein Beitrag in der Tagesschau bzw. dem WDR. Im Ausland fast ausschließlich staatliche Sender.
Kein Aufschrei auf Social Media, keine Gefahr für die Pressefreiheit wird gesehen. Scheint sich nicht gut zu verkaufen.
Dass das Westjordanland kurz davorsteht in einen Bürgerkrieg zu kippen, erneut entscheidend befeuert durch die Hamas… Kein Wort.
Titelbild: Nachdem die 22-jährige Journalismus-Studentin Shaza al-Sabbagh während eines Feuergefechtes zwischen Palästinensern getötet wurde, versammelten sich am 29.12.24 protestierende Anhänger der der jetzigen Regierung in Dschenin.