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Special: Wombat-Chili-Öl (NichtSoScharf-Edition)

Ich weiß nicht, wann es war. Aber ich erwähnte in einem kindsköpfigen Beitrag auf der Facebook Fanpage (Öffnet in neuem Fenster) mein selbstgemachtes Chili-Öl. Es hat sich eh herumgesprochen, dass ich Hobbykoch bin.
Daraufhin kamen viele Beiträge, zumeist völlig ahnungslos und „ich mag nicht so scharf“. Diese Narren.

Also sah ich mich provoziert, die Chili-Öl-Philosophie zu erklären. Und eine Art Grundrezept einzustellen.
Es kamen in der Folge nicht nur überschwängliche, begeisterte Rückmeldungen durch Stammleserinnen und Stammleser. (tafka Wombat Army), sondern auch immer wieder Fragen nach dem Rezept.

Da ich gerade etwas Pause machen muss und keinen Bock habe, alles mehrfach zu erklären, habe ich mich entschlossen, das hier online zu stellen.

Die Philosophie

Chili-Öl ist so viel mehr als Öl mit Chili.
Denkt einfach mal an die Pizzeria, die Knoblauch vorher presst, in Öl einlegt und auf die Pizzen haut. Oder denkt an Trüffelöl.
Die Idee, Öl zu würzen um damit Gerichte zu würzen, ist wahrscheinlich so alt wie Öl. Oder Gewürze. Oder beides.

Wer vorschnell meint, Chili-Öl sei zu scharf, verpasst die größte kulinarische Errungenschaft der Menschheit. Außerdem hat er Chili-Öl nicht verstanden.
Wenn Ihre asiatische Instant-Nudeln kauft, sind da häufig zwei Tütchen dabei: Das eine sind getrocknete Kräuter oder Gemüse, das andere ist dieses ostasiatische Gewürz-Öl. Und darum geht es eigentlich.

Ja, die Grundidee ist es, heißes Öl über getrocknetes Chili zu gießen, um damit seine Speisen zu schärfen. Aber Chili-Öl kann so viel mehr. Einfach mal weiterdenken. Man muss die Philosophie des Chili-Öls aufsaugen. Mit Reis. Ihr müsst eins werden mit dem Öl. Ihr müsst eins werden mit der Macht des Öls.

Im Wahn der falschen Ernährung haben wir Fett als „baba“ geframed und vergessen, dass unser Körper nicht nur Fett braucht. Sondern dass Öle, besonders mit mehrfach ungesättigten Fettsäuren, dabei helfen, tierische Fette durch unseren Körper zu schleusen.

Das Rezept

Mein persönliches Rezept für Chili-Öl habe ich nach meinen Vorlieben modifiziert. Jeder kann es nach seinem Gutdünken weiter anpassen. Siehe dazu die Hinweise unterm Rezept.

Auch wenn es erst einmal teuer und aufwändig wirkt, verspreche ich, es lohnt sich und ist am Ende des Tages sehr preiswert.

Ihr benötigt ein hitzebeständiges Glasgefäß für einen Liter oder etwas mehr.

Von Flaschen rate ich dringend ab, am besten ist ein richtiges Omma-Einmachglas.

Da drin schichtet Ihr für einen Liter:

  • 5 Knoblauchzehen (siehe Hinweise)

  • 1 Stück geschälter Ingwer (daumengroß)

  • 4 fein geschnittene Frühlingszwiebeln

  • 2 große Zwiebeln (siehe Hinweise)

  • 2 Esslöffel Salz

  • 1 Esslöffel Sojasauce (was im Haus ist)

  • 2 Esslöffel Essig (optimal wäre chinesischer Essig oder Reisessig)

  • 2 Teelöffel Nelken

  • 2 Teelöffel Glutamat (optional)

  • 4 Stern Anis (ich verwende weniger, da ich Anis nicht mag. Es gehört aber rein und ist nicht penetrant.)

  • 2 Teelöffel weißer Pfeffer

  • 3 Esslöffel Rohrzucker

  • 4 gehäufte Esslöffel gerösteter Sesam

  • 1 Stück Zimt

  • 1 Teelöffel Szechuan Pfefferkörner

Darauf kommen dann die getrockneten Chilis oder Chiliflocken. Menge nach Wunsch. Es müssen getrocknete sein!
Der Schärfegrad hängt natürlich auch von den Chilis ab. Für einen mittleren Schärfegrad würde ich drei gehäufte Esslöffel der im Supermarkt erhältlichen Flocken verwenden.

Ich selber verwende tatsächlich vergleichsweise wenig. Denn ich möchte nicht, dass die Schärfe den Geschmack überlagert. Nachschärfen kann man das jeweilige Gericht immer. Außerdem verwende ich fruchtige, harmlose Chilis. Mein Öl kann man sich so in den Mund stecken, ohne dass einem der Kiefer abfällt oder die Lippen schmelzen. Ich hasse Wettbewerbe. Wenn es jemand scheißscharf mag, bittesehr. Ich liebe grünes Thai-Curry. Hier ist es nicht angebracht.

Inzwischen habe ich mir chinesische Facing-Heaven-Chilis besorgt. Das ist chinesischer Standard und hat mittlere Schärfe bei viel Frucht. Die heißen nur so, weil die Schoten nach oben wachsen.

Die Irren haben mir für 15 Euro tatsächlich einen ganzen Sack geschickt. Habe mich wohl bei den Angaben in Gramm verkalkuliert.

Zubereitung

Erhitzt 1 Liter geschmacksneutrales Öl in einem Topf. Wenn ihr einen Kochlöffel reinhaltet, muss es deutlich sprudeln. Dann hat es über 200 °C.
Das schüttet ihr dann langsam (!) über die Schichten ins Glas.

Es fängt sofort an zu knuspern und knacken.
Da findet nun eine Reaktion statt. Deshalb kann man vieles einfach roh da rein werfen, es wird eh hoch erhitzt.
Etwa ab jetzt fängt Eure Küche an zu riechen wie ein Asia-Imbiss.

Und genau deshalb sollte man keine Flasche verwenden!
In einer Flasche kann dieses noch lange kochende Öl im Hals nach oben steigen und „überkochen“. (Ebenso für Sie getestet, wie schmelzende Trichter. Danken Sie mir später.)
Pro-Tipp: Das Glas einfach in die Spüle stellen.

Das ist der einzige Grund für die Schichten, die Ihr etwa beachten solltet. Von feucht nach trocken. Sonst können Knoblauch, Zwiebeln und Ingwer nämlich verbrennen und einen unangenehmen Geschmack abgeben. So sind sie aber durch die Chiliflocken und Gewürze etwas geschützt.

Ist das ganze etwas abgekühlt, könnt ihr es verschließen. Bei einem Einmachglas sorgt die Abkühlung für einen entsprechenden Unterdruck. So abgepackt ist es locker ein Jahr haltbar. Die bucklige Verwandschaft kann mit selbstgemachten Geschenken verwöhnt werden.
Zur Verwendung würde ich es eine Woche ruhen lassen, dabei aber immer wieder schütteln. Selbst nach dem Öffnen ist es dann für Monate haltbar.

Geschmacksmodifikatoren

  • Zimt, Anis, Sesam und Nelken könnt ihr vorher in einer Pfanne ohne Fett schwenken. Die Hitze setzt noch mehr Aromastoffe frei. (Ich spare mir das, weil es eh noch erhitzt wird.)

  • Ich habe eine elektrische Kaffeemühle (9,49€ im Supermarkt) die ich ausschließlich für Gewürze verwende. Da jage ich den Szechuan Pfeffer und ganze Chilis grob durch.

  • Ich mag es nussig. Daher verwende ich Erdnussöl, dass es inzwischen in jedem größeren Supermarkt gibt.

  • Wer mehr Knoblauch mag, kann ihn kleinschneiden. Oder mehr verwenden. Oder beides.
    Dann solltet Ihr das Öl aber dunkel lagern, da der Knobi durch Licht oxidieren kann. Das ist nicht schädlich, sieht nur oll aus.

  • Knoblauch wird in Ostasien gerne geröstet verwendet. Ihr könnt ihn vorher in einer Pfanne bräunen. Oder nur in Teilen. Ebenso die Zwiebeln. Ich selber mag es nicht. Aber manche mögen es halt. Das habe ich einmal ausprobiert, es war nicht mein Ding. Seither verwende ich gar keine Zwiebeln mehr.
    Beide Komponenten geröstet machen das ganze sehr schwer, dunkel, erdig, fast weihnachtlich. Denke das geht eher Richtung Japan. Ich mag es eher hell, leicht, mit Spitzen, also verwende ich mehr rohen Knoblauch, mehr Szechuan-Pfeffer, viel Sesam (hell und dunkel), schneide den Ingwer und nehme eher weniger Zimt.

Jeder wie er mag, das Rezept ist nur eine ungefähre Vorgabe.

Verwendung

Was ich daran aber wirklich liebe, ist die Vielseitigkeit.

Ihr könnt damit Fleisch marinieren, einen Esslöffel ins Rührei machen, es auf Salat hauen, an den gebratenen Reis geben, Shrimps darin einlegen und so viel mehr.

Ich liebe es einfach, mal eben Nudeln zu kochen, ne halbe Zucchini und halbe Zwiebel in die Pfanne zu werfen, vielleicht etwas Fleisch oder Tofu anzubraten, mit den Nudeln zu schwenken und da dann das Öl drüber zu geben. Es schmeckt so granatenmäßig besser als jedes Instant-Zeug. Einmal Arbeit und für Monate chinesisches Fastfood im Haus. Vegetarier und Veganer sollten das Öl eigentlich heiraten.

Ja, von mir gekocht. Arbeitszeit etwa 12 Minuten.
(Ich fotografiere mein Essen nur, weil ich einen dauerhaften Battle mit einem Kochkumpel habe, der genauso bescheuert ist. Der blöde Kuh. Wer im Restautant sein Essen fotografiert um es zu posten, dem gehört das Internetz weggenommen.)

Aber selbst diese Heiß-Wasser-Dinger kann man damit pimpen. Also einfach mal so einen Pott machen, und dann das eigene Öl drauf… Ein Unterschied wie zwischen Asia Büffet und „Wir haben noch Graubrot von letzter Woche zu Hause“.

Extratipps

+ Egg Fried Rice
Reis kochen und offen auskühlen lassen, gerne im Kühlschrank, gerne am Tag vorher.
Dann mit Ei vermengen. Es sollte so viel Ei dran, dass die Konsistenz an zu flüssiges Kartoffelpüree erinnert: Es sollte von der Gabel fließen. Es erscheint immer erstmal zu viel Ei, versprochen. Da kommt dann die Sojasauce dran, oder einige Esslöffel vom Wombat-Chili-Öl. Eine Stunde stehen lassen.
Fleisch und Gemüse in die Pfanne hauen, kurz schwenken und die Ei-Reis-Masse hineingeben. So lange bei hoher Hitze rühren, bis der Reis trocken und flockig ist. Fertig.

+ Fleisch marinieren
Schon gemerkt? Irgendwie hat das Fleisch vom Asia-Imbiss immer eine andere Textur, als wenn man es selber zubereitet.
Das liegt einmal an der hohen Hitze, mit der es zubereitet wird. Und an einem Trick:
Das Fleisch eine halbe Stunde vorher mit etwas Sojasauce (und/oder Chili-Öl) marinieren. Und an diese Marinade gebt ihr einen halben Teelöffel Backpulver oder Natron. Ihr werdet überrascht sein.

+ Sojasaucen
Ich hasse es, wenn in Rezepten auch von vermeintlichen Starköchen einfach nur „Sojasauce“ steht. (Ich verwende eh selten solche Rezepte, ich will kochen und nicht Chemieunterricht. Deshalb backe ich ungerne, da muss das so.)
Die Bandbreite von Soja-Sauce reicht von Weißwein bis Maggi-Würfel-Lutschen.

  • Helle Sojasauce = Standard

  • Dunkle Sojasauce = länger gereift, schwerer, intensiver

  • Basis = Basis für viele Asia-Imbiss-Standards ist 2 Teile helle auf einen Teil dunkle Sojasauce

  • Hoi Sin = findet man immer häufiger, doch das ist eigentlich keine eigene Sauce, sondern ein Gericht (Hoisin, Koon Poo, Kung Bao)

  • Ketjap Asin = indonesisch, Standard, vor allem in den Niederlanden (indonesische Kolonien, das niederländische Traditionsgericht ist die Rijsttafel und deshalb machen die auch Sate auf Pommes)

  • Ketjap Manis = süße Sojasauce, super zu Kohl und Knobi, mein Liebling

  • Sate = in der Pfanne Kokosnussmilch mit Sojasauce vermengen und dann Erdnussbutter einrühren

  • Austernsauce = sehr schwere, zähflüssige, leicht süße Sojasauce, wird eher zusätzlich verwendet als anstatt

  • Fischsauce = sehr leicht, eher Südostasien, besonders Vietnam

  • Kikkoman = Hersteller, japanisch

So Ihr Kretängs. Lacht noch einmal über mein Chili-Öl.
I say Chili, you say what!
Kommt auf die Wombat-Seite des Öls!

Jetzt muss ich weiter arbeiten.
Lasst mich.

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