Zum Hauptinhalt springen

💌

Heute gibt es eine Premiere, über die wir uns riesig freuen! Du liest gleich die erste Community-Ausgabe – über, mit und von Euch geschrieben. 

Ein kleiner Shout-Out vorab: In unserer Ausgabe vor zwei Wochen (Öffnet in neuem Fenster) ging es darum, wie viel Mut uns die „Geheimplan“-Recherche von CORRECTIV macht. Umso schöner zu sehen, dass unsere Kolleg*innen von andererseits diese Recherche in Leichte Sprache übersetzt haben – und sie somit Millionen Menschen zugänglich machen, die darauf angewiesen sind. Vielleicht kennst Du jemanden, dem diese Version helfen könnte: „Ein geheimes Treffen und ein geheimer Plan (Öffnet in neuem Fenster)“.

Vielen Dank an alle Partnerorganisationen (Öffnet in neuem Fenster) und an alle Steady-Mitglieder, die unsere Arbeit ermöglichen.

Wenn Du unsere Arbeit unterstützten möchtest, kannst Du hier Steady-Mitglied werden:

„Große Schritte sind leichter als kleine“

Viel zu oft fühlen wir uns mit unseren Klima-Gefühlen allein. Dabei hilft vor allem eines: zu handeln – und darüber zu reden. Hier sind sechs genauso persönliche wie inspirierende Geschichten aus der Treibhauspost-Community. ~ 7 Minuten Lesezeit

Kennst Du noch Humans of New York? Der Fotograf Brandon Stanton zog 2010 mit seiner Kamera durch die Millionenstadt und machte Porträts von Menschen, die er auf der Straße traf. Die Fotos lud er auf seinen Blog, zusammen mit einem kurzen Statement der Person zu ihrem Leben. Was zunächst wie das Projekt jeder zweiten Friedrichshainer*in mit Spiegelreflexkamera klingt, wurde zu einem gigantischen Erfolg. 

Die New Yorker*innen (und viele, die sie besser kennenlernen wollten) liebten den Blog. Er gab anonymen Mitmenschen ein Gesicht. Und ihren Gesichtern eine Geschichte. Auf einmal fühlte man sich Fremden verbunden, man sah, dass andere vor ganz ähnlichen Herausforderungen standen und sich genauso fühlten wie man selbst. Das Projekt schuf ein Gemeinschaftsgefühl und damit etwas, das unglaublich viel Halt gibt.

Genau das ist es, was momentan wohl vielen in Zeiten planetarer Mega-Krisen fehlt. Klimagefühle können überwältigend sein. Trotzdem gibt es nur wenige dezidierte Anlaufstellen für alle, die nicht sowieso schon Teil einer ehrenamtlichen Klima-Gruppe sind, in der sie aufgefangen werden. (Die wenigen, die es gibt, sind dafür umso wichtiger. An wen Du Dich zum Beispiel immer wenden kannst, wenn Du Dich überfordert oder erschlagen fühlst, ist das Beratungsangebot der Psychologists for Future (Öffnet in neuem Fenster).)

Wir wollen heute einen kleinen Schritt in Richtung Zugehörigkeitsgefühl wagen – und die Gemeinschaft feiern. Wie? Mit unserer ersten Community-Ausgabe. Eine Treibhauspost, die gemeinsam mit Euch entstanden ist. 

Vor zwei Wochen haben wir Euch dazu aufgerufen, uns Eure Klima-Geschichten zu schicken, mit kleinen und großen und vor allem ganz persönlichen Erfolgsmomenten. Wir sind immer noch überwältigt, wie viele wunderbare Storys wir zugeschickt bekommen haben. Leider können wir aus Platzgründen nicht alle aufnehmen – jede einzelne hat uns aber berührt. Ein fettes Danke an Euch alle! 

Hier sind die Humans of Treibhauspost:

Angela und Jens Hanson aus Mainz

„Wir fühlten uns hilflos, resigniert und verärgert. Doch dann sind wir selbst aktiv geworden und haben die Klimaschutzorganisation SaveClimate.Earth (Öffnet in neuem Fenster) gegründet. Das hat unser Gefühl für Selbstwirksamkeit enorm gesteigert. Seitdem setzen wir einen sehr großen Teil unserer Zeit für unser Herzensprojekt ein. 

Es macht uns zufrieden, für Klimagerechtigkeit und einen habitablen Planeten zu kämpfen. Letztes Jahr haben wir im Oekom-Verlag sogar ein Buch veröffentlicht. Darin geht es um ein konkretes Konzept für ein Pro-Kopf-CO2-Budget, das wir uns ausgedacht haben: die „Klimawährung ECO“. 

Daraufhin meldete sich sogar der bekannte Klimawissenschaftler Hans-Joachim Schellnhuber (Öffnet in neuem Fenster) bei uns und lud uns zu sich ins Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung ein. Er war so begeistert von unserer Ausarbeitung, dass er uns seine Unterstützung zusagte. Unser nächstes großes Projekt wird sein, unser Buch auf Englisch zu veröffentlichen. Zudem hat sich eine Redakteurin bei uns gemeldet, die einen Bericht für das ZDF machen möchte. 

Wir können nur mitgeben: Habe den Mut, Dich Deines eigenen Verstandes zu bedienen und hinterfrage scheinbar selbstverständliche und lang eingefahrene Systeme. Jede*r Einzelne kann zu einem entscheidenden Faktor für große Veränderungen werden.“

Melanie aus dem Rhein-Main-Gebiet

„Im Sommer 2022 lag ich ziemlich krank bei 38 Grad Außentemperatur und geschlossenen Rollläden in unserer damaligen Dachgeschosswohnung auf der Couch. Den Klimawandel hatte ich bis dahin immer wieder mehr oder weniger erfolgreich mental auf Abstand gehalten. Sowohl die Pandemie (und mit ihr eine intensivere Beschäftigung mit den Nachrichten) als auch die Auseinandersetzung mit den Aussagen einiger Expert*innen auf Twitter ließen mich in ein tiefes Loch fallen. 

Gespräche mit einer Freundin, die bei den Scientists4Future aktiv ist, der IPCC-Bericht, Studien, Horrorszenarien … ich habe alles aufgesogen wie ein Schwamm in der absurden Hoffnung, hinter der nächsten Ecke könnte ein Hoffnungsschimmer glimmen. Das alles endete in einer Depression mit Panikattacken, Schlaflosigkeit und Angst. Angst und Verzweiflung. Ich habe mich ernsthaft gefragt, wie ich meinen Schülerinnen und Schülern, die doch noch so viel mehr Lebenszeit vor sich haben, weiterhin in die Augen sehen sollte. 

Ich habe mir ziemlich schnell, noch in den Sommerferien, Hilfe gesucht. Über die Psychologists4Future habe ich ein Gesprächsangebot und später einen Therapeuten gefunden. Seitdem habe ich viel gelesen, mich aber nicht wieder in das tiefe Loch gestürzt. Mein depressives Hirn musste lernen, dass ich alleine weder für alles verantwortlich bin noch im Alleingang die Welt retten kann. 

Ich musste erst erfahren, dass ich mit meiner Angst nicht alleine bin und auch im Kleinen viele Veränderungen anstoßen kann. Ich habe mein Auto verkauft, fahre nur noch Rad und mit den Öffis (auf dem Land eine echte Herausforderung), esse kein Fleisch mehr, bin einer Solidarischen Landwirtschaft beigetreten und versuche, in der Schule diverse Projekte anzustoßen. 

Dort finden sich nach und nach immer mehr Mitstreiter*innen, die sich beim Thema Klimawandel und Umweltschutz vorher auch ziemlich verlassen fühlten. Mein größtmöglicher Impact liegt in meiner Schulgemeinschaft und darin, ein Vorbild für meine Schüler*nnen sein zu dürfen. Heute geht es mir besser. Ich konzentriere mich auf das, was ich in diesem Moment in meiner kleinen Welt besser machen kann.“

Phillip aus Frankfurt am Main

„Durch meine Arbeit als Klimaanpassungsmanager in einer Großstadt erlebe ich immer wieder kleine Erfolge. Sei es die Einführung eines Förderprogramms für Gebäudebegrünung und Entsiegelung, der Kampf für die ersten Trinkwasserbrunnen in der Stadt, der Informationsaustausch mit der Bevölkerung. Es tut gut, mehr und mehr die Früchte der eigenen Arbeit sehen zu können. Zu sehen, dass sie einen positiven Effekt auf die Stadt und Gesellschaft in Zeiten einer sich verstärkenden Klimakrise haben. Auch kleine Erfolge können eine große Wirkung entfalten! Das gibt mir Kraft und Hoffnung, die es bei den ständigen Hiobsbotschaften braucht.“ 

Hartmut aus Berlin

„Ich habe mich wütend und ohnmächtig gefühlt. Dann kam vor vier Jahren mein größter Moment der Bestärkung. Als Wissenschaftler*innen hatten wir gefühlt endlos demonstriert – ohne Erfolg. Mit ein paar Mitstreiter*innen schrieb ich eine Petition an den Präsidenten der Helmholtz-Gemeinschaft, er möge sich für mehr Klimaschutz einsetzen. Diesen Brief unterstützten über 2.000 Beschäftigte, der Tagesspiegel berichtete, wir wurden zum Gespräch eingeladen, konnten an Leitlinien mitarbeiten. ,Klimaneutralität bis 2035‘ wurde von vielen Forschungsorganisationen als eigenes Ziel verabschiedet. Sicherlich, der Weg bleibt steinig, doch unser Engagement war ein Weckruf.“ 

Matthias aus Flensburg

„Nach meinem ersten Studium wollte ich nicht direkt arbeiten gehen und ein kleines Rädchen im System werden. Es war einfach nur frustrierend und in gewissem Maße auch aussichtslos. Deshalb habe ich den Master ,Transformationsstudien‘ angefangen. Das neue Miteinander im Studiengang und meine Freundschaften führen dazu, dass ich selbstwirksamer und hoffnungsvoller in die Zukunft blicke. 

Mein Tipp: Umgebt euch mit Menschen, mit denen ihr im Alltag über die Klimakrise reden könnt. Dabei sollte es in diesen Gesprächen nicht nur um Informationen gehen, sondern primär um Emotionen – und das gerne auch mit einer Prise Humor. Es nützt letztendlich niemandem, wenn wir nach einem Gespräch eher verzweifelt sind. Genau diese Angst vor noch mehr Verzweiflung halte ich für einen der Gründe, warum häufig nicht richtig über das Thema geredet wird. Wir müssen lernen, viel besser über Emotionen zu reden, insbesondere männlich sozialisierte Personen!“

Roland aus Bergisch Gladbach

„Viel zu lange befand ich mich in einem Zustand des ,Man müsste mal‘. In unzähligen Gesprächen und Diskussion mit Freund*innen und Bekannten drehte ich mich nur im Kreis. Dabei ging ich mir irgendwann einfach nur selbst auf die Nerven. 

Der Durchbruch zum Handeln kam, als ich mit ein paar Freund*innen die Initiative KlimaGerecht Leben gründete. Eine Einladung ins klimagerechte Leben, mit allem, was dazu gehört. Heute, gut anderthalb Jahre später, ist es erstaunlich, wie viel Energie das Projekt entfaltet hat. Aktivismus ist zur Hauptsache geworden. Und das fühlt sich – trotz aller Sorgen – gut an! 

Dabei habe ich etwas Überraschendes festgestellt: Große Schritte sind leichter als kleine. Denn bei kleinen Schritten hat man nicht das Gefühl der Selbstwirksamkeit und man wird allzu leicht rückfällig. Wenn man aber den Gerechtigkeitsgedanken konsequent überall mitdenkt, dann wird das klimagerechte Leben und das Engagement dafür zum Selbstläufer. Nur Mut, probiert es aus!“

Danke fürs Lesen! Wir hoffen, dass Du aus diesen persönlichen Geschichten etwas Inspiration für Dich mitnehmen konntest. Falls dem so ist, würden wir uns tierisch freuen, wenn Du uns und unsere Arbeit unterstützt. Dafür gibt es zwei Möglichkeiten:

📣 Du schickst diesen Text oder unseren Anmelde-Link (Öffnet in neuem Fenster) an Menschen, die auch in der Treibhauspost-Community sein sollten (zum Beispiel in Deine Familien-WhatsApp-Gruppe). Oder:

🌱 Du unterstützt unsere Arbeit mit ein paar Euro im Monat als Steady-Mitglied. Beides hilft uns sehr!

Wie Du vielleicht mitbekommen hast, dreht sich auch unser neuer Podcast um die verschiedensten Menschen und ihre Klima-Geschichten und -Gefühle. Inzwischen ist die dritte Folge vom Pod der guten Hoffnung erschienen. Zu Gast: Freeski-Athletin Rosina Friedel, die berichtet, wie sie die Erderhitzung jeden Tag unter ihren Füßen spürt.

Auch zu hören bei: Apple Podcasts (Öffnet in neuem Fenster) / Soundcloud (Öffnet in neuem Fenster) / Heinrich-Böll-Stiftung (Öffnet in neuem Fenster)

Wie stehst Du zum Klimadilemma?

In jeder Episode thematisieren wir – Manuel und Julien – ein Klimadilemma und nehmen dabei verschiedene Positionen ein, um zur Diskussion anzuregen. Hier kannst Du direkt reinhören:

Auch heute kannst Du wieder selbst abstimmen. Was meinst Du? Einen Job, der nichts mit Umwelt und Klima zu tun hat oder sogar zu einer schädlichen Branche gehört (zum Beispiel zur Auto-Industrie) – sollte man den:

👷 behalten und versuchen, sich in diesem Umfeld fürs Klima einzusetzen, oder (Öffnet in neuem Fenster)

👋🏾 kündigen und sich nach einem „grünen“ Job oder Engagement umsehen? (Öffnet in neuem Fenster)

Konstruktives Konfrontieren

Eure Sicht auf das letzte Klimadilemma war wieder ziemlich eindeutig. Viele haben uns geschrieben, wie sie damit umgehen, wenn Freund*innen und Familie die Klimakrise verdrängen oder sogar leugnen – hier eine Auswahl (leider können wir nicht alle Einsendungen hier aufnehmen, aber wir freuen uns über jede Antwort!):

„Die Kommunikation mit klimaskeptischen Menschen, die mir nah sind, finde ich besonders wichtig, weil ich weiß, dass sie häufig nur deshalb überhaupt einer Position wie meiner zuhören, weil wir uns gut kennen. Ich gönne es mir aber auch, es zu lassen, wenn es ein paar Mal zuverlässig vollkommen fruchtlos war.“ – Uli

„Da in der Regel eher missmutig, genervt oder sogar verärgert auf das Thema reagiert wird, spare ich mir die Energie und setze sie da ein, wo ich etwas bewirken kann.“ – Ute

„Wichtig ist, die Ängste des Gegenübers zu benennen und ernst zu nehmen. Sachlich argumentieren und die andere Person nicht überfordern, sondern in kleinen Schritten vorwärts gehen.“ – Jana

„Ich finde das Format the Week (Öffnet in neuem Fenster) ziemlich empfehlenswert, wenn es darum geht, Menschen mit sehr unterschiedlichen politischen Meinungen über die ökologische Krise ins Gespräch zu bringen.“ – Max

„Wenn sich das Thema ergibt, kann ich nicht anders und bringe alles aufs Tapet. Wenn dann abgewimmelt wird, bleibt ein ungutes Gefühl. Für mich sind die Beziehungen außerhalb meiner ,Blase‘ sowieso alle etwas abgekühlt. Wer diese Bedrohung für alle bewusst leugnet, ist egoistisch.“ – anonym

„Ich habe meine Dissertation über Klimakommunikation geschrieben und reden hilft wirklich! Und zwar ganz anders als Mediennutzung. Ja, es ist anstrengend, ja, es braucht einen langen Atem. Aber es hat eine Wirkung. Am besten klappt es, wenn man nicht nur redet, sondern mindestens genauso gut zuhört und nachfragt – und wenn man auf gemeinsame Werte und Ansichten aufbaut.“ – Fenja

Danke Euch allen, dass Ihr diese tolle Community immer wieder mit Leben füllt! Die nächste Treibhauspost-Ausgabe bekommst Du am 9. März

Herzliche Grüße
Julien & Manuel

Treibhauspost-Partner (Öffnet in neuem Fenster)

💚 Herzlichen Dank für die Unterstützung an alle Treibhauspost-Partner:

🤝 Mehr über unsere klima-engagierten Partnerorganisationen (Öffnet in neuem Fenster).

💌 Außerdem danken wir allen Mitgliedern, insbesondere Jörn A., Bettina P., Eckart v. H., Malte K., Gabriele S., Yannic W., Michael K., Susanne B., Johanna T., Harry L., Maren W., Birgit J., Max H., Jennifer S., Astrid K., Günter R., Ingke P., Derek B., Judith G., Lukas L., Christopher K., Martin D., Svenja G., Ruth L., Jonas K., Benedikt S., Frank W., Chris B., Anna G., Jeremiah B., Jörg A., Brigitte K., Alex K., Valeska Z., Hans Christian M., Elke J., Lari H., Thomas K., Ulrich S., Sigurd M., Peter B., Malte N., Martin V., Macha B., Familie E., Petra F., Birgit S. & K. F., Beate H., Antje H., Konrad H., Volker H., Markus H., Stefanie J., Oliver K., Joanna K., Klemens K., Alois K., Reto L., Annika N., Johannes P., Ralf R., Isabel S., Sabine S., Guido S., Annette T., Daniela T., Kurt W. und Anett W., die uns mit den höchsten Beträgen supporten!

Kategorie Verantwortung

1 Kommentar

Möchtest du die Kommentare sehen?
Werde Mitglied von Treibhauspost und diskutiere mit.
Mitglied werden