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Wo steckt Friedrich?

Logo »TITANIC-Wochenrückblick. Der endgültige Newsletter«

Liebe Leser*innen,

lange hat sich Friedrich Merz auf diesen Moment vorbereitet: Alten Weggefährten zufolge soll er im Englischunterricht immer besonders gut aufgepasst haben, »für den Fall, dass ich mal mit dem US-Präsidenten rede oder wenn Margaret Thatcher endlich meinen Heiratsantrag annimmt«.

Schon Wochen vor der Reise hat Merz nur Jeans getragen und die Beatles gehört, um sich an den American Way of Life zu gewöhnen. Er hatte alles tipptopp organisiert, bloß ein winziges Detail vergessen, das ihm jetzt zum Verhängnis wurde:

Zwei Fäuste in Handschellen, auf den Handrücken sind zwei Tattoos zu sehen: auf dem linken steht in Frakturschrift "CDU", auf dem rechten in geschwungener Schrift "Black Rock". Dazu der Text: "Wegen Gangtattoos: Trump schiebt Merz nach El Salvador ab". (Öffnet in neuem Fenster)

Durch die überraschend frühe Abreise seines Gastes hat Trump nun etwas Zeit zur freien Verfügung. Diese will er nutzen, indem er sich in Ruhe an Merz’ Geschenk (Öffnet in neuem Fenster) erfreut (siehe unten), das dieser zum Glück schon vor seiner Festnahme überreicht hatte. Außerdem möchte Trump schon mal in Ruhe für die nächste Friedenskonferenz üben:

Powersätze für die Friedensverhandlungen

  • Ihr habt angefangen!

  • Kennt ihr das Lied »Ein bisschen Frieden«?

  • Wie nett! Der Feind schickt zu unserem Amüsement statt Diplomaten Clowns.

  • Vorschlag: Wir ballern jetzt zwei Wochen noch mal ganz extrem aufeinander ein, und dann ist endgültig finito.

  • Gegeneinander Krieg zu führen, ist doch furchtbar! Warum können wir nicht miteinander Krieg führen?

  • Ich habe hier dieses Hackebeilchen mit integrierter Pfeife mitgebracht. Wenn Sie vielleicht ziehen mögen ...?

  • Schönes Sakko! Kik?

  • Seien wir doch mal ehrlich: Inzwischen weiß keiner von uns noch, warum wir überhaupt Krieg führen. Ach so, doch: Weil ihr angefangen habt.

  • In mir reift gerade eine geniale Idee: Wir bekommen die besetzten Gebiete plus den Rest des Landes, ihr werdet ausgeplündert und bekommt im Gegenzug nichts. Na?!

  • Nein, Herr Hitler.

Ihnen wird sicher aufgefallen sein, dass ein Powersatz auf dieser Liste fehlt: »How dare you?« Diesen hat sich Greta Thunberg urheberrechtlich schützen lassen. Ihre Fans dürfen schon mal gespannt sein, welche kultigen Sprüche sie nach ihrer Reise in den Gazastreifen im Gepäck hat:

Greta Thunberg im Palituch, dazu der Text: "Nach Ankunft in Gaza: Greta Thunberg kritisiert Hamas". Klein darunter steht: "wegen schlechter Klimabilanz."

Solche Text-Bild-Kombinationen muss unsere Demokratie aushalten. Ebenso wie Polizeigewalt, Junggesellenabschiede und Richard David Precht. Aber: Was muss eigentlich eine Diktatur aushalten?

  • Faschisten im Parlament (falls Parlament vorhanden) und im Präsidentenpalast

  • Stiefmütterliche Behandlung durch Demokratien

  • Belehrungen, sie sei keine Demokratie

  • Weit abgeschlagene Platzierungen im Demokratie-Index

  • Behauptungen von deutschen Kanzlern, sie wäre eine lupenreine Demokratie

  • Unglückliche Fensterstürze von unvorsichtigen Oppositionellen

  • Dissidenten, die sich selbst vergiften, was im Ausland reflexhaft und ohne Gegenbeweise angezweifelt wird

  • Freie Wahlen, deren erfreuliche Prozentzahlen vom Ausland reflexhaft und ohne Gegenbeweise angezweifelt werden

  • Ermittlungen des Internationalen Strafgerichtshofs in Den Haag, der eh nur ein politisches Instrument unfreundlicher Staaten ist

  • Eingeschränkte Reisefreiheit (auch für den Präsidenten)

  • Eingefrorene Gelder, die im schlimmsten Fall niemals wieder auftauen

  • Lange Telefonate mit Olaf Scholz

  • Freundschaft mit Donald Trump

Was eine Diktatur außerdem aushalten muss, sind Sanktionen. Zum Glück können manche Autokratien trotzdem auf internationale Unterstützung setzen:

Ein Screenshot einer Schlagzeile: "Sanktionen gegen Russland: Putin muss den Kartoffelnotstand ausrufen". Darunter Fotos von Helene Fischer, Wladimir Kaminer, Palina Rojinski, Ulf Poschardt und Julian Reichelt sowie der Text "Berlin schickt Hilfsgüter".

Diktaturen sollte man zwar kritisch sehen, aber man kann auch von ihnen lernen. Wie, zeigt Politikexperte Torsten Gaitzsch:

Torsten Gaitzsch trinkt eine Tasse Kaffee und schaut in die Kamera

Heute: Steht auf, wenn ihr Menschen seid!

Beobachtung: Seit etwa drei Jahren erfreut sich im Presswesen das Pluralpronomen »sie« wachsender Beliebtheit, wenn über Gemeinschaften, Orte, Regionen geschrieben wird. Um zu veranschaulichen, was ich meine, brauche ich nur die in dieser Hinsicht besonders auffällige Süddeutsche Zeitung von heute aufzuschlagen. »In Köln haben sie so etwas wie Routine entwickelt mit Bombenentschärfungen«, heißt es auf Seite 2. Ich möchte behaupten, dass dort vor zehn Jahren noch »In Köln hat man so etwas wie Routine entwickelt« oder »In Köln haben die Menschen so etwas wie Routine entwickelt« oder einfach »Köln hat so etwas wie Routine entwickelt« gestanden hätte. Beweisen kann ich das natürlich nicht – auf welche Weise sollte man das auch empirisch belegen? Gibt man »haben sie« oder »sind sie« in das Archivsuchfeld der SZ ein, kommt die Meldung: »Leider finden wir keine Ergebnisse …«

Wer sind sie? Sind damit alle in Köln Lebenden gemeint? Oder eine ominöse Teilmenge, eine graue Präsenz, die die Fäden lenkt und die Geschicke zieht? Jemand sollte das Phänomen mal an Hermann Unterstöger von der Wochenendrubrik »Sprachlabor« herantragen. Ich selbst bin zu jung dafür.

Eine andere Zunahme, die ich seit einer Weile wahrnehme, ist die der Standing Ovations, vor allem in amerikanischen Talkshows und bei Preisverleihungen. In den USA stehen sie inzwischen für jeden Heiopei auf, die einst exklusive Ehrenbekundung bedeutet überhaupt nichts mehr. Kaum kommt der Late-Night-Host ins Studio gehoppelt, erhebt sich das Klatschvieh reflexartig.

Diesen (gefühlten) Trend können wir nun wirklich versuchen, mit quantitativen Methoden zu verifizieren. Bei Google Trends habe ich mir die Häufigkeit der Online-Erwähnungen des Schlagwortes »standing ovation« bzw. »ovations« in den Vereinigten Staaten seit 2004 anzeigen lassen. Für Ersteres ist keine Tendenz auszumachen, der Graph ist seit fünfzehn Jahren relativ gleichbleibend. Die Erwähnungskurve von »standing ovations« (Plural) ist hingegen leicht fallend. Warum? Stehappläuse sind kaum noch der Rede wert, so ubiquitär sind sie!

Ja, so biege ich mir meine verqueren Hypothesen mit Statistik zurecht. In autoritären Staaten machen sie das immer.

Verabschiedet sich und wünscht ein gut informiertes Wochenende:

Ihre TITANIC-Redaktion

TITANIC empfiehlt:

Vorder und Rückseite des T-Shirts (Öffnet in neuem Fenster)

Haben Sie den Newsletter aufmerksam gelesen und fragen sich, was Merz Trump als Gastgeschenk mitgebracht hat? Natürlich das Friedrich Merz: Eras-Tour-Shirt! Das Friedrich Merz: Eras-Tour-Shirt zeigt alle Höhepunkte seiner Karriere auf einen Blick! (Den Moment, als ihn die eigene Koalition nicht zum Kanzler gewählt hat, müssen Sie nachtragen.)

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