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Herzschmerz von St. Pauli

Na? Noch nicht genug von dem Thema?
Keine Angst, dies wird ein prosaischer Ansatz - und ein
Blogpost vom Millerntor Besuch am Samstag (Öffnet in neuem Fenster):

Godwin’s Law am Millerntor

„Hast Du warme Unterbüxen an?“, fragte M. im POPchat. Es war nasskalt in Hamburg; „klammkold“ nennen wir das in unserer Familie. Der leichte aber doch schneidende Nordostwind pustete die klamme Kälte überall hinein. Da war winterfeste Unterwäsche am Millerntor Pflicht.

Zumal sich in der Woche noch ein anderes klammes Thema über dem Stadion zusammen gebraut hatte: die Diskussion um die Stadionhymne „Das Herz von St. Pauli“ (Öffnet in neuem Fenster) (Lyrics (Öffnet in neuem Fenster)).

Ich war früh dran und lungerte vor der Domwache herum (lustigerweise ja betonales Zeugnis unseres Kampfes für ein Museum in der Gegengerade), als peu a peu lauter nette Leute eintrafen, auf dem Weg zu ihren Plätzen auf der GG oder Nord. Mit allen schnackte ich über das Herz von St. Pauli und die teilweise abstrusen Auswüchse in der Diskussion.

Ich glaube, ich habe noch nie so oft Godwin’s Law erklärt (Öffnet in neuem Fenster), wie in diesen 20 Minuten auf dem Heiligengeistfeld.

Godwin war im alten Internet Admin bei der Electronic Frontier Foundation und beklagte sich über anstrengende #Usenet (Öffnet in neuem Fenster) Diskussionen.

„Die Reife einer Diskussion erkennt man am Nazivergleich.“

Godwin’s Law

Er postulierte: „die Reife einer Diskussion erkennt man am Nazivergleich.“

Schnell waren sich alle Cool-heads im Netz einig: Wer den Nazivergleich zuerst bringt, hat die Diskussion verloren. Und: der geordnete Diskurs ist tot.

Wer jetzt an die dusseligen „Ihr würdet wohl auch vergeben und vergessen“ Postings denkt oder auch den Vergleich mit Bücherverbrennungen, der ist imho auf der richtigen Spur (zu den Verlierern des Diskurses 😉).

In der zugigen Ecke angekommen, stellte ich fest: diese Ecke ist heute wirklich zugig. Die wärmende Segelunterwäsche tat ihren Dienst leise und wirksam, während Oke und Sven versuchten, das Ergebnis der internen Diskussionen gegen deutliche Pfiffe zu verteidigen. Ob beide wärmende Unterwäsche brauchten?, ich bezweifele das.

Für mich ist die Diskussion damit zu Ende – einmal wegen Godwins Gesetz und zum anderen, weil ich nicht glaube, dass wir dieses Lied, so wie es ist, nochmal am Millerntor hören werden. Und das ist gut so. Ich würde das Thema in die Hände einer künstlerischen Transformation geben. Nur diese kann erschaffen und muss keine wertvolle Energie an einen Diskurs verplempern, der erschlafft ist.

Nachdem zwei dune Fans hinter mir lustig das Lied anstimmten, nach mahnenden Seitenblicken schnell still wurden, kamen wir, kam das Millerntor endlich dazu gleich drei St. Paulianer, von denen zwei auswärts in Leipzig verstorben waren, zu würdigen.

Wow, was für schöne Tapeten. „Sowas wünscht man sich als engagierter Fan“, sagte D. ergriffen.

„Die könnten ja ausgerechnet dann gewinnen, wenn ich nicht dabei bin“ – ist ein schönes Erbe; genau das denken doch alle Auswärtsfahrer:innen. RIP Bernd et al.

Ihr merkt schon, ich bin noch nicht einmal beim Anpfiff angekommen. Und würde es am liebsten wie der Podcast „In Kontakt bleiben“ machen und die gandenvolle Decke des Vergessens über dieses Spiel ausbreiten.

In a nutshell: Der FC St. Pauli tat das, was er am besten konnte: Tore verhindern, versuchen. War strukturiert und defensiv stark. Nur der Mut, nach vorne eine Entscheidung zu suchen, der wurde immer kleiner. Ich erinnere mich an drei oder vier schöne Kombinationsversuche je Halbzeit, die aber immer in den robusten Gräten der Freiburger Verteidigung hängen blieben oder kläglich schlecht verflankt wurden.

So musste passieren, was immer passiert, wenn man mit klammtauben Zehen im Zug steht: wir kassieren das 0:1 in der 88. Minute. Puff, ausatmen, und schnell ins Warme. Das Warme war für mich ein Klo. ;)

Nächstes Mal nehme ich die Dialoge in der Toilette der Fanräume mal auf, das ist sehr lustig, auch oder gerade wenn man verloren hat. Lautes, MENNO! mischt sich mit Schimpfen über wahlweise den Coach, die Boys, das Glück oder den Schiri. Dadaesk und tief aus der Magengrube, in die eben noch das Eigentor eingeschlagen ist. Euphemere Mopo-Kommentarspalte – herrlich dramatisches Theater.

Nächstes Mal gehts gegen Dortmund; die sind ja gerade so schlecht, dass sie sogar in Bochum verlieren …. Moment …

… bleibt friedlich,
Euer Erik.

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