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Schwermut eines Vaters

5:30  ich verlasse die Wohnung. Ein Klos im Hals begleitet mich. Ein Gefühl  von Schwermut. Wieder werde ich fast 10 Stunden aus dem Haus sein. Meine  Tochter wird in der Zeit weitere Entwicklungen machen. Seit gestern  krabbelt sie längere Strecken, freut sich dabei über ihre Mobilität. Sie  zieht sich an den Schränken und der Couch hoch, hat entdeckt, dass man  den Regler der Stereoanlage drehen kann.

All  das, während ich auf der Arbeit sitze, mich um meine Inhaftierten  kümmere und versuche ihnen etwas beizubringen, über das Leben, über  Office und über Grafikdesign. Zeit, die ich nutzen könnte, um die  Entwicklung meiner Tochter zu fördern, meine Frau zu entlasten und das  Schöne am Leben selber zu entdecken.

Elternzeit?  Eigentlich wollte ich an dem 01.06. in Teilzeit arbeiten gehen. Vier  Tage die Woche frei. Das lässt sich aus verschiedenen Gründen derzeit  aber nicht realisieren.

So  begleitet mich ein schlechtes Gewissen für meine Tochter zu wenig da zu  sein, meine Frau nicht genug entlasten zu können, die Angst die  Beziehung zu meiner Tochter zu verpassen und später als schlechter Vater  da zu stehen. Dabei wollte ich mit ihr in der Elternzeit so viel  erleben.

Vielleicht  sollte ich mich entspannen, meine Ansprüche zurücknehmen? Als Ausgleich  zu dem Stress des Alltags, den Erlebnissen und der belastenden  Arbeitsumgebung, gehe ich seit einigen Wochen regelmäßig ins  Fitnessstudio. Es tut mir gut. Körperlich. In der Zeit hänge ich in  Gedanken dennoch oft diesen Gefühlen nach. Dem Gefühl nicht gerecht zu  werden gegenüber meiner Familie. Meine Frau im Stich zu lassen mit einem  immer noch anstrengendem HighNeed Kind. Einem Kind, das sehr viel  Aufmerksamkeit und Kraft erfordert. Ein forderndes Kind, mit  Nähebedürfnis und starken Gefühlen. Derzeit meistens negativen. Einem  Kind gegenüber dem man ständig versucht alles Recht zu machen um es  emotional zu entlasten, ihm Liebe zu geben und dennoch nicht genug zu  sein.Eine Phase.

Irgendwann  haben wir es auch nicht mehr geschafft uns als Paar, als Ehepartner  wahrzunehmen. Der Alltag will ja organisiert werden. Meine Frau hat kaum  Zeit für sich und ich frage mich, wann das endlich besser wird. Oft  sind wir beide mit der emotionalen Kraft am Ende. Wir funktionieren im  Alltag. Selbst unsere Gespräche drehen sich nur noch über unsere  Tochter, das Wetter und das Essen. Die Frage kommt auf, wie wir hierhin  gekommen sind, wie es dazu kommen konnte. Selten sind die Stunden  geworden in denen wir unbeschwert etwas Essen gehen oder gar was  trinken. Es ist klar, dass sich der Lebensstil mit Kind äündert, aber  so? Ist auch Corona an dieser gefühlten Schwermütigkeit schuld?  Vergangene Woche war ich im Hochwassergebiet helfen. Eigentlich müsse  man sich glücklich schätzen immernoch alles zu haben. Setze ich derezeit  den falschen Fokus? Beeinflusst mich der Blick der Arbeit auf das Elend  so sehr?

Ideen  zur Veränderung sind einige da, die Zeit dazu fehlt. Oder liegt es am  falschen Zeitmanagement? An der Fremdbestimmtheit durch das Leben  selber? Die Antwort bleibt, zunächst offen. Man versucht sich den Alltag  und den Feierabend zu versüßen, miteinander zu verbringen und ja, es  gibt auch schöne Erlebnisse. Die Kleine krabbelt mir ja auch am Abend  noch entgegen, freut sich am Tisch, wenn sie von mir etwas zu Essen  bekommt. Selber ausprobieren darf, was ihr schmeckt. Wenn ich mit ihr  spiele und ihr helfe die Welt zu entdecke, sie anschauckele oder einfach  hochnehme, wenn sie es einfordert. Reicht das? Ihr, mir?

Bei allen, auch schönen, Erlebnissen bleibt, Schwermu und ein Gefühl von Ungenügen.

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