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Krise (#19)

Letzte Woche stehe ich neben mir, as in: locker drei, vier Meter von mir entfernt, seltsam dissoziiert von meinem Körper. Dumpfes Dröhnen auf dem Ohr, wenig Gefühl für Appetit, mein ganzes Sein auf eine Art mechanisch.

An einem Abend liege ich wach und denke, die nächste Soft Practice werde ich Scheitern titeln, und darin dann mein Scheitern am Text erzählen, das Misslingen des Manuskripts, die große Roman-Ruine. Dieser Text, der sich mir entzieht und so widerspenstig ist, dass ich jetzt, natürlich final und endgültig, gezwungen bin, aufzugeben. Diese Endgültigkeit beinhaltet (in meinem Kopf, an diesem Abend) natürlich auch das Schreiben im Allgemeinen. Ich liege wach und unruhig und denke, es ist vorbei. Am nächsten Morgen kommt mir das alles viel zu dramatisch vor, albern. Das Gefühl, mich verrannt zu haben, bleibt allerdings. Das Dröhnen auch, das nicht-ganz-da-Sein. Ich googele Synonyme für Scheitern: Schiffbruch erleiden, keinen Erfolg haben. Stolpern, straucheln, stranden. Auf die Schnauze fallen, in die Hose gehen. Baden gehen, versagen, verunglücken.

〰️

An einem anderen Morgen schreibe ich auf dem Balkon. Ich höre wildes Gezwitscher, hinter der Häuserreihe das beschleunigende Rauschen der Tram. Die Bäume im Hinterhof sind inzwischen alle grün, und ich habe einen ersten Mückenstich am Unterarm. Die Mücke hat mich indoor attackiert. Die Stelle ist ziemlich angeschwollen, irritiert, und R. sagt, das liegt vielleicht daran, dass mein Körper damit noch nicht gerechnet hat. Ich schreibe, unter anderem: Dass ich es liebe, wie mir Texte passieren, und dass ich es hasse, das nicht künstlich herbeiführen zu können.

An einem anderen Tag lese ich Kate Zambreno, mal wieder, Screen Tests. Kate Zambreno hat immer eine beruhigende Wirkung auf mich, sie lullt mich angenehm ein, außerdem ruckeln ihre Texte auch etwas in meiner Wahrnehmung zurecht. Ich merke und fühle und erinnere durch sie, dass ein Text überhaupt eine Wirkung haben kann.

Ich lese, S. 119: “Although do I write as a form of disappearance, or as a reaction against disappearance?”

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