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Tausend Feuer in der Nacht.

Man kommt nicht nach, mit dem Löschen der kleinen Herde- kaum ist einer weg, flackert es an anderer Stelle,

um nie zum Flächenbrand zu werden.

Da brennt nichts Grosses.

Ab und zu raucht es ein wenig.  

Und irgendein Vorfall aus der Palette des Frauenhasses schafft es aus der täglichen Welt- Fuckup-Müllhalde von: Amokläufen, Erdbeben, PolitikerInnen Kriminalität, Krankheiten, Krieg,  Mord heraus, und wird ein amtlicher Medien-Skandal.

(Das bedeutet: Medienmitarbeitende am Anschlag.)

Der Missbrauch von Frauen, sexuelle Übergriffe, sexualisierte Gewalt, Femizid, Hass im Netz, zu Hause, Incelmist - gehören normaler Weise nicht zu den Geschichten, die die Welt bewegen.

Um eine Mehrheit zu begeistern, sozusagen als Geschmacksverstärker in der Skandalsuppe, braucht es immer einen berühmten und oder  mächtigen Mann, in dessen Gestalt sich die Frauen -Verachtung manifestiert.

Die verschwindet, wenn man ihn zu Fall bringt.

So einfach. So erleichternd, denn endlich tut sich was, endlich passiert etwas, endlich ahnt die Welt das etwas nicht stimmt, um es--

Danach wieder zu vergessen.

 Aber noch läuft es rund. Ein Skandal ein Skandal- vergessen irgendwann worum es ging, was war das nur-

Im Delinquenten können sich Chefredakteure (meist männlich) Programmdirektoren (meist männlich) wiederfinden, sie können sich überlegen fühlen,

und die guten Zahlen-die Einschaltquote, die Abrufe

--- komm Bernd, such noch einen neuen Aspekt bei XY, ist seine Mutter schuld an seinem Frauenbild, ah, die Mutter ist tot, kommst du an die Leiche?

Gerade geht es -neben viel Empörungsmaterial und Gruselfotos des Künstlers -vor allem um die Fantasie der JournalistInnen:

welche überraschende Wendung können wir noch herbeischreiben? Haben wir der Familie auch ausreichend aufgelauert?  Lass uns das seit dem 15.Jhdt bekannte vollkommen richtige Trennung von Künstlerin und Werk neu verhandeln, ah und natürlich- lass uns von den Opfern reden.

Nun ist von Schutzzonen auf Konzerten die Rede, Gehege für Rehkitze fällt mir unzusammenhängend ein. Lass uns von Schutzräumen, betreutem Leben, von Anti Vergewaltigung Unterwäsche und Warn-Pfeifen, Frauenhäuser schreiben, Frauen sollten in einem Schutzanzug herumwackeln. Sie sollten tragbare Panik Rooms im Gepäck haben- Lass uns  Geld das für die Opfer sammeln.

 Wieviel Geld braucht es wohl.  Wieviel- für alle Frauen und Mädchen-

die Sex haben, weil sie nicht wissen, wie sie nein sagen sollen.

Und weil er sagt – ich brauche das

Und weil er sagt: liebst du mich nicht?

Und um ihn nicht zu verlieren,

nicht geschlagen zu werden.

Nicht ermordet.

Wieviel für alle die unbefriedigt sind die Schmerzen beim Sex erleiden, oder verdammte Langeweile, weil Jungs sich nicht für weibliche Geschlechtsorgane interessieren

oder nur wenn es um die Jungfernlegende geht-

wieviel für die Frauen die ihrem Mann übergeben werden, 12 Millionen Minderjährige,

die vom Lernen ausgeschlossen werden,

von der Religion zu Dienstleistenden gebrandmarkt, von der Bibel zur Rippe degradiert werden

Wieviel für die Verliererinnen

des Erbrechts, des Grundbesitzes, der kostenlosen Pflegearbeit, der Selbstverständlichkeit der schlechteren Bezahlung, des niedrigeren Status-

wieviel für die Frauen in all den Ländern in denen die Nato nicht einrückt die US-Armee keine Truppen für die

Sicherheit

entsendet, weil es nur

um die Sicherheit von Frauen geht,

wieviel für die

Frauen immer noch nach Ernährern suchen, nach Beschützern, ohne die sie nicht das Haus, das Land verlassen dürfen. Kein eigenes Konto führen, nicht arbeiten dürfen.

Wieviel für jene die glauben, dass man sexy sein muss, fickbar, dass ihre Hirne nicht logisch sind,

die mit rosa Produkten überschwemmt werden.

Aber für ihre Tampons selbst zahlen müssen, für die Verhütung selbst sorgen müssen-

Wieviel für die Alleinerziehenden, dreifach Jobbenden.

Wieviel für die Häme, die Kommentare, die dummen Fragen, die abschätzigen Bemerkungen, die Angst in der Nacht, die Angst vor Gewalt

 Und so viele Männer-

egal ob Rockstars, Regisseure, Produzenten, Dirigenten, Galeristen, Vorstandschefs, Verleger, Modekonzerneigner, Armeegeneräle, NATO-Bosse, all diese Besitzer und Macher und Denker und Lenker, die Besitzenden des Kapitals – tun, was sie gelernt haben,

was ihre Väter und Urgrossväter gelernt haben, was die Politiker ihnen vorgelebt haben, was die Filme ihnen gezeigt haben, was sie in Opern hörten, im Schauspiel sahen, was sie in Büchern lasen, in Werbung erfuhren:

Sie sind unterlegen, diese Frauen, nicht ebenbürtig. Nichts mit dem man sich messen, vor dem man sich fürchten muss. Wie kann man fürchten, was man kaufen kann?

Wo sind die weiblichen Shakespeares und Elon Musks,

( Spoiler- sie wurden dummerweise von der Geschichtsschreibung vergessen, von Museen und der Bildung ausgeschlossen, ihre Forschungen, ihr Wissen, ihre Kunst ignoriert)

Wie soll man sich für ihre

Gedanken und Arbeit interessieren ohne

sich lächerlich zu machen. Im Kreis von seinesgleichen. Im Männerkreis.

 Wir lieben Frauen, sagen sie. Wir lieben sie als Mutter, Tochter, Putzfrau, Köchin, Pflegende, Sexobjekt, als Pflegende, Sorgende, emotionale Heizkörper, die bereit stehen oder liegen oder laufen.

Frauen, so haben die meisten älteren Männer es noch gelernt, so lernen es die jüngeren Männer an vielen Orten der Welt- sind dazu da, um Bedürfnisse zu erfüllen. Wenn sie nicht funktionieren können wir sie austauschen. Verprügeln, lächerlich machen, ermorden. Die vielzitierte empfindsame neue Generation, die Z, und Y, und scheissegal wie sie genannt werden, wachsen mit einem neuen Frauenbild auf. Heisst es. Gekennzeichnet von Respekt und Vorsicht.

Cool.

Wie gross ist der Anteil der Sensiblen, Gebildeten, Empfindsamen – ist es vielleicht nur eine gut gebildete urbane Minderheit,

und vielleicht, vielleicht wird es mit neuen Generationen besser werden, falls die Gesellschaft sich weiterentwickelt aber

vielleicht auch nicht.

Solange

Frauen anders bewertet werden als Männer,  die immer noch die  Leitungen der Welt unter sich ausmachen- ist da keine Gleichberechtigung,

Solange Frauen nicht über gleichviel Kapital verfügen- dito denn

die systematische Abwertung von Frauen ist nicht nur, aber zu einem grossen Teil ein Klassenproblem.

Vermutlich leiden Milliardärinnen, leitende WissenschaftlerInnen, Zentralbank Chefinnen, EU-Ratspräsidentinnen nicht unter einem Mann, der Ihnen Geld für den Geschlechtsverkehr anbietet, nicht unter einem prügelnden Partner oder unbezahlter Care-Arbeit-

Diese vielleicht 10% der weiblichen Weltbevölkerung berichten in Ted Talks von Selbstermächtigung, Fleiss, Zielstrebigkeit und guten Genen. Jede kann es schaffen, die Fortsetzung des kapitalistischen Märchens mit anderen Vorzeichen- jede kann mächtig werden, wenn sie sich nur bemühen würde, erben, in den richtigen Internaten die richtigen Kontakte knüpfen, nicht schwanger würde, sich ein dickes Fell zulegen, Hass und Hetze wegstecken, Kampfsport lernen, sich nicht Nacht allein auf der Strasse aufhalten, also wenn sie einfach mehr leisten wollte als Männer dann könnten sie alles schaffen die Frauen. Dann würden sich schon bald weltweit die Besitzverhältnisse ändern, Frauen in Konzernen und Regierungen, Plattformen würden sie besitzen, Daten verhökern, Geheimdienste leiten, Rüstungskonzerne besitzen, und dann – würden männliche Fans zu ihren weiblichen Idolen pilgern. Würden Männer die unbezahlte Pflegearbeit leisten, sich an Abwertung gewöhnen, an Frauen, die über ihren Körper entscheiden.

So aber-

Finden wir den alten Queen Hit lustig,

 

Fat bottomed girls

You make the rocking world go around.

Fat bottomed girls

You make the rocking world go around.

 

Wir lernen langsam.

 Zu langsam verändert sich die Welt, begleitet vom stetem Backlash.

Es ist nicht nur ein Skandal, der uns beschäftigen sollte. Es ist das uralte System, das dafür sorgt, das

unsere Gesellschaft und Finanzsystem einseitig dominiert wird, das sogenannte Machtgefälle alle Strukturen durchdringt, und weil alles, was gerade an Sichtbarwerdung von Missständen passiert kleine Brandherde sind, die aufflackern, und vermutlich nur verschwinden, wenn auch das System, in dem sie lodern endlich durch etwas Neues ersetzt wird.

 

Kategorie Sehr aktuelle Texte

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