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Einen wunderschönen Sonntag wünsche ich Euch!


Ich freue mich sehr, dass mein Newsletter jede Woche neue Menschen erreicht - über einen Zuwachs habe ich mich besonders gefreut: Welcome on board François Bausch! Während der Pandemie durfte ich zweimal mit Herrn Bausch auf virtuellen Bühnen sitzen, einmal haben wir uns "hinter der Bühne" so gut unterhalten, dass wir fast nicht mitbekommen hätten, dass wir "on air" waren.

Luxemburg ist noch autoverliebter als Deutschland - kaum zu begreifen, dass das geht oder? 

Umso großartiger: Dezember 2018. Luxemburgs Premierminister Xavier Bettel verkündet: Der öffentliche Nah- und  Bahnverkehr in Luxemburg soll kostenlos werden, und zwar für alle:  Einwohner:innen, Pendler:innen, Tourist:innen. Und damit wird Luxemburg zum weltweit ersten Land, das diesen Schritt geht.

Ähnlich wie beim 9-Euro-Ticket war dieser  von vielen Bedenken begleitet. Es wurden Zweifel angemeldet, ob das öffentliche Verkehrssystem schon bereit sei für ein solches Angebot. In der Politik hingegen war man sich sicher: "Ich bin nicht der Meinung, dass es jetzt zu einem  großen Sprung in den Passagierzahlen kommt“, sagte François Bausch dem  SPIEGEL, der für das Projekt zuständige Mobilitätsminister von den  luxemburgischen Grünen.

Der Gratis-Transport sei für ihn nur die  Kirsche auf einem viel größeren Kuchen, sagt er - einem  Infrastruktur-Investitionskuchen, wenn man so will. "Der kostenlose ÖPNV  ist nicht der große Hebel, der die Leute dazu bewegt, auf die  öffentlichen Verkehrsmittel umzusteigen. Das erreichen wir nur durch  Investitionen in ein besseres Netz.“

Und so ist Luxemburg nicht nur weltweit positiv in den Nachrichten mit diesem Schritt, sondern auch Vorreiterin im menschen- und nicht autozentrierten Denken. Von 501 Millionen Euro 2018 steigen die Investitionen in die  Mobilität auf 806 Millionen im Jahr 2021. Allein in sein Bahnnetz steckt  das Großherzogtum – mit rund 600 Euro pro Kopf  (Öffnet in neuem Fenster) pro Jahr – mehr Geld als jedes andere Land Europas. Im Vergleich: Die  Schweiz, die als Musterschüler in Bahnfragen gilt, investiert jährlich  365 Euro pro Kopf, Deutschland kommt nur auf 77 Euro. Das hat das  Verkehrsbündnis Allianz pro Schiene berechnet  (Öffnet in neuem Fenster).

https://www.n-tv.de/politik/Kostenloser-OPNV-allein-bringt-nichts-article22074174.html (Öffnet in neuem Fenster)

Europäisches Parlament stuft Atomkraft und Gas als nachhaltig ein

https://www.tagesschau.de/wirtschaft/eu-taxonomie-107.html (Öffnet in neuem Fenster)

Es war DER Schock der Woche - und er wird sich nachhaltig negativ auf alles auswirken, was neuer Investitionen bedarf. 

Drei Viertel der Abgeordneten stimmten  für diese Einordnung, Milliarden Euro werden nun in neue  Gasinfrastruktur und Atomkraftwerke, statt in den Ausbau von Wind- und  Solar fließen.

Daher freute mich diese Nachricht besonders und gibt Hoffnung, dass wir zumindest auf dem Klageweg die geÖLTE Maschinerie in ihrem Lauf stoppen können:

Die Küstenautobahn A20 kann in Niedersachsen vorerst nicht gebaut werden. Das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig erklärte den Planfeststellungsbeschluss für ein erstes  Teilstück zwischen Westerstede und Jaderberg für «rechtswidrig und nicht  vollziehbar». Damit erzielte der Umweltverband BUND einen Teilerfolg  vor Gericht.  80  Prozent der geplanten Strecke führen durch wertvolle und  klimaschützende Moor- und Marschland. Durch den Bau, den Unterhalt und  den zusätzlichen Verkehr sollen jedes Jahr 90.000 Tonnen CO2 entstehen.
Ich habe darüber im Deutschlandfunk Nova gesprochen.

https://www.deutschlandfunknova.de/beitrag/autobahnausbau-a20-in-niedersachsen-wir-muessen-weg-vom-auto (Öffnet in neuem Fenster)

Keynote auf dem Kick-Off zur ÖPNV-Strategie 2030 in Baden-Württemberg.

Auch das Ländle ist über die Maße autoverliebt, das zeigt schon der erste Slide hier auf dem Bild, das während meines Vortrags in der Filderhalle entstand. Über 200 Vertreter:innen aus Politik, Verwaltung, Verkehrsunternehmen und Kommunen waren gekommen, um von Verkehrsminister Winfried Hermann aus erster Hand zu erfahren, welche Anforderungen bis 2030 erfüllt werden sollen.

Die Mobilitätsexpertin und Bestsellerautorin Katja Diehl richtete zu  Beginn der Veranstaltung ein leidenschaftliches Plädoyer an die  Teilnehmerinnen und Teilnehmer: „Was wir brauchen, ist nichts weniger  als eine neue ÖPNV-Kultur: einen öffentlichen Verkehr, der die  Aufbruchsstimmung des 9-Euro-Tickets nutzt und konsequent aus der  Perspektive der Fahrgäste gedacht wird. Sicherheit, Bezahlbarkeit,  Barrierefreiheit, Verfügbarkeit und Flexibilität sind die Schlüssel für  einen Nahverkehr, der wirklich attraktiv wird für die ganz individuellen  Mobilitätsbedürfnisse der Menschen.“

Hier gehts zum Rückblick auf die Veranstaltung inklusive der Verlinkung auf die 130 Maßnahmen, zu den Schwerpunkten gehören

  • Angebotsausbau und Mobilitätsgarantie

  • Stärkung der Zuverlässigkeit (Pünktlichkeit, Anschlusssicherung)

  • Beschleunigung (Bevorrechtigung, Infrastrukturausbau)

  • Stärkung einer positiven ÖPNV-Kultur

https://vm.baden-wuerttemberg.de/de/service/presse/pressemitteilung/pid/oepnv-strategie-2030-umsetzungsphase-startet/ (Öffnet in neuem Fenster)

Auf einer anschließenden Paneldiskussion gab es auch viel Raum für die Verkehrsunternehmen und Kommunen, die Willens sind, die Veränderung mitzugestalten, die jedoch zu Recht darauf hinwiesen, dass in diese deutlich investiert werden müsse.

Der Verkehrsminister kritisierte in diesem Zusammenhang die  Blockadehaltung des Bundes. „Obwohl es im Koalitionsvertrag stand, hat  die Bundesregierung die Regionalisierungsmittel in diesem Jahr nicht  erhöht“, sagte Hermann. Und auch im Haushaltsentwurf 2023 seien die  Gelder nicht eingestellt. Mit den Regionalisierungsmitteln unterstützt  der Bund den Schienenpersonennahverkehr der Länder.

https://www.stuttgarter-zeitung.de/inhalt.verkehr-in-der-region-stuttgart-startschuss-fuer-oepnv-offensive.9391fe20-1824-4a15-ad89-fca3c59497bc.html (Öffnet in neuem Fenster)

Stärkung einer positiven ÖPNV-Kultur

https://haltung.nah.sh/ (Öffnet in neuem Fenster)

Neues Selbstbewusstsein und Vertrauen in die eigene Lösungskompetenz für eine klimagerechte Mobilität zeigt die Kampagne von NAH.SH. Und erntet damit auch - von Beginn an eingespreist - nicht nur Zustimmung. Aber setzt damit sehr viel mehr in Bewegung, als gefällige Tarifwerbung das kann. Denn natürlich stimmt es: Viele Autos und viele Autofahrten geschehen aus Bequemlichkeit und nicht aus der immer wieder statuierten Alternativlosigkeit. Dass sich ein deutscher Pkw nur 45 Minuten am Tag mit einer Person an Bord bewegt, kann unmöglich darauf fußen, dass alle ihr Auto benötigen. Es fußt auf einem System der Privilegien, von Subventionen über eigene Fahrspuren bis nahezu unwirklich erscheinenden Leasingangeboten. Wir müssen raus aus der AUTOkratie und zurück in eine Mobilitätsdemokratie. 

Ich twitterte:

Dass sowohl Merz als auch Diess per Flieger angereist sind, passt ganz gut in deren Weltbild und Volksnähe. Sylt - aber als Kurzstreckenflug. Und wieder zeigt sich: Die fossilen Spurrillen der Superreichen sind so viel tiefer als es der CO2-Ausstoß der Arbeiterin je sein wird.

Ein Herr berechnete:

Merz ist von Berlin nach Sylt geflogen. Mit dem ICE wären das nur 0,09 kg, also nur 90 Gramm (!), CO2 gewesen. So wenig schafft kein Flugzeug. ;-) Da sollte Herr Merz rasch mindestens 1 Baum pflanzen der dann auch wirklich 50 Jahre wächst + dann auch wirklich 1 t CO2 kompensiert.

Und natürlich gab es aus den Reihen der Konservativen nur eine Conclusio. Frau Diehl ist NEIDISCH auf den Lebensstil der Superreichen. Keine Bange, kenne ich nicht. Ich bin mit jedem Jahr freier von Neid, mit dem ich annehme, dass ich vor allem aufgrund von Privilegien ein gutes Leben führe. Und das habe ich dann auch gleich mal ergänzt:

Ich heiße Katja Diehl. Ich bekomme Wohnungen und Jobs wegen meiner Zugehörigkeit zur weißen "Mehrheitsgesellschaft" - wegen meines Passes lebe ich sicher - in Deutschland, einem der reichsten Länder der Welt. Das wurde mir geschenkt, das habe ich nicht erarbeitet. #WhitePrivilege (Öffnet in neuem Fenster)

Wir werden die großen Herausforderungen der notwendigen Transformation nicht stemmen, wenn wir, die wir in Macht sind, nicht einen Schritt zurücktreten, Räume für so genannte Marginalisierte eröffnen und uns deren Bedürfnissen widmen. Das fängt bei uns selbst an - und dem Loslassen der Erzählung, sich als weißer, gesunder "Normmensch" alles "hart erarbeitet" zu haben. Vieles davon haben wir als Geschenk erhalten, das anderen vorbehalten bleibt.

Seit der Einführung des #9EuroTicket (Öffnet in neuem Fenster)​s hat sich der Stau in 23 von 26 untersuchten Städten reduziert – das zeigt eine Analyse des Verkehrsdatenspezialisten Tomtom. Besonders stark fiel die Verbesserung in Hamburg aus: Hier sank das Stauniveau sogar um 20 Prozent!

Da jubelt das Verkehrsministerium.

Hier gehts zur Statistik:

https://www.destatis.de/DE/Presse/Pressemitteilungen/2022/07/PD22_284_12.html (Öffnet in neuem Fenster)

Immer noch hat Deutschland sich das politische Ziel von null Verkehrstoten nicht als erste Priorität der Verkehrspolitik gegeben, immerhin findet sich dieses in der Straßenverkehrsordnung. Ebenso unverständlich ist der zögerliche Umgang mit technischen Systemen, die Pkw automatisiert ausbremsen und Lkw sicherer für Radfahrer:innen und Fußgänger:innen machen.

„Es ist natürlich auch kein Geheimnis, dass die Lkw-Branche sehr  spitz rechnet und zum Teil auch gar nicht mehr deutsches Personal nimmt  und deutsche Fahrzeuge fahren lässt. Das ist ja alles sehr auf billig,  billig ausgelegt. Und da sind natürlich die Tausender, die so ein System  auch kostet, nicht gerade erwünscht. Ich glaube, da steht dieses  Gewinnmachen eher im Fokus als Sicherwerden.“ Und eine Pflicht zur  Nachrüstung der bestehenden Lkw-Flotte gibt es nicht, kritisiert Katja  Diehl.

Wie viele Lkw freiwillig mit einem Totwinkel-Assistent auf deutschen  Straßen unterwegs sind, dazu liegen dem zuständigen Bundesamt für  Güterverkehr, das auch die Fördergelder vergibt, keine Zahlen vor.  Martin Bulheller tippt auf eine fünfstellige Zahl von Lkw – bei über  420.000 mautpflichtigen Lkw, die nach Angaben des Bundesamts für  Güterverkehr tagtäglich in Deutschland unterwegs sind. Weil es noch  Jahre dauern wird, bis ein Großteil der europäischen Lkw mit  Totwinkel-Warnern unterwegs ist, plädiert Katja Diehl dafür, den  Gütertransport in Städten in Zukunft ganz neu zu denken.

„Ich sehe es als unzeitgemäß an, nicht nur im Sinne der Sicherheit,  sondern auch im Sinne von Stadtgefühl und Raumgefühl, dass solche  riesigen Dinger überhaupt noch hierherfahren müssen. Ich sehe nicht,  dass zukünftig noch solche großen Tonner sich durch unsere Stadträume  bewegen.“

Hier gehts zum umfänglichen Bericht im Deutschlandfunk.

https://www.deutschlandfunk.de/unfaelle-abbiegen-100.html (Öffnet in neuem Fenster)

Meine neueste Podcastfolge beschäftigt sich mit einem spannenden Problem: Warum erreichen viele Kommunikationskampagnen zur verkehrlichen Transformation nicht Jene, die noch im Auto sitzen - obwohl sie davon auch profitieren würden?

Celina Negro: Why do we need new  communicative framings to win people over to the path to a car-free  society? And what do these look like?

  • Both pull and pull measures are needed for a transformation towards sustainable mobility

  • There  is an „Implementation gap“: pull measures are politically preferred due  to fear of low public acceptance of push measures, among other reasons.

  • Mobility research and planning: focus on how to best combine different measures, but not the importance of communication

  • The  work is not a „how to do it“ guide, but is about working out which  aspects should be taken into account with regard to public acceptance.

https://katja-diehl.de/celina-negro-why-do-we-need-new-communicative-framings-to-win-people-over-to-the-path-to-a-car-free-society-and-what-do-these-look-like/ (Öffnet in neuem Fenster)

Und abschließend freue ich mich SEHR, die erste Kolumne für den Landbrief geschrieben zu haben!

Den Text gibt es auch auf meiner Webseite.

https://katja-diehl.de/zu-gast-im-landbrief-auf-dem-land-geht-verkehr-anders-wenn-wir-die-windschutzscheibensicht-verlassen/ (Öffnet in neuem Fenster)

Ansonsten bin ich heimlich froh, dass es vor meiner Interrailreise jetzt in den Entspurt der Lesungen von #Autokorrektur geht. 

Ich habe tagsüber Shitstorms und abends Lovestorms, es gibt schon lange kaum noch Grautöne in meinem Leben. Und die Verzweiflung der Menschen, die zu meinen Lesungen kommen, ist manchmal wirklich ein dickes Brett, das ich mit meiner Zuversicht und meinem Humor durchzubohren versuche. Hoffnung macht mir, dass an diesen Abenden neue Bündnisse entstehen, sich vernetzt wird und Menschen, die sich zuvor nicht kannten, feststellen: Da sind noch andere, die etwas tun!

12.7. Botanischer Obstgarten Heilbronn

13.7. zu Gast bei SWR 1 Leute

13.7. Keynote auf der Eurobike "Fix the system - not the people!" nach dem Bundesverkehrsminister ;-)

13.7. Lesung im Merlin Stuttgart

14.7. Theater Neu-Ulm 

17.7. Denzlingen 

18.7. Ingolstadt bei In-Tech

Ansonsten danke ich euch sehr für euren Support, für die Zeit, die ihr meinen Gedanken schenkt und für den Wind unter meinen manchmal schlappen Flügeln. Ohne euch Flauschis wäre all das grad gar nicht möglich!

Lieber Gruß - Eure Katja

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