Wo gewinnt man diese Wahl?
Es ist Montagmorgen. Du liest die Blaupause, den Newsletter, mit dem du Communitys besser verstehst und erfolgreich Mitgliedschaften anbietest. Diese Woche: Wie Trump die alten Männer überzeugte und wie dieselbe Strategie in Deutschland aussehen könnte.
Neue Studie: Erlösmodelle journalistischer Medienunternehmen
Digitale Ads, Paywall, Diversifizierung und Co. – Wie kann sich Journalismus in Zukunft finanzieren? XPLR: MEDIA in Bavaria hat nachgefragt, die Ergebnisse gibt es in der neuen Studie „Erlösmodelle journalistischer Medienunternehmen“.
Hallo!
Wer die Bundestagswahl gewinnen wird, scheint ausgemachte Sache. Aber ähnlich sah es 2021 aus, und dann gewann die SPD. Die Wahlen in Amerika haben gezeigt, dass es auf die Kandidat:innen ankommt. Das Ergebnis der amerikanischen Wahlen hätte für die Demokraten sicher noch desaströser ausgesehen, wäre Joe Biden der Kandidat geblieben. Um Schlimmeres zu verhindert, hatte ihn die 83-jährige Partei-Ikone Nancy Pelosi beiseite manövriert.
Ist der 84-jährige Franz Müntefering die SPD-Pelosi? Gestern forderte dieser (Öffnet in neuem Fenster) eine offene Debatte über den Kanzlerkandidaten. Übersetzt: Scholz kann weg. Hieße der Kanzlerkandidat der SPD Boris Pistorius – das Rennen wäre ein anderes. Denn Friedrich Merz ist so unbeliebt, dass man meinen könnte, er sei Teil der Ampel-Koalition gewesen.
Und anders als Trump kann er sich nicht wirklich als jemand verkaufen, der das Establishment infrage stellt. Merz ist das Establishment. Er tritt an, um der alten, westdeutschen Kohl-CDU ihren Stammplatz als Regierungspartei wieder zurückzuholen, und damit die von ihm als Schande empfundenen Merkel-Jahre auszuMerzen.
Aber die Erfolge von AfD und der Wagenknechte zeigen, dass in diesem Land eine ähnliche Stimmung in der Luft liegt wie in den USA. Shake things up ist etwas, was sich ganz offenbar viele Leute wünschen, egal welcher politischen Richtung.
Das wird im Februar sicher nicht zu einer AfD-geführten Bundesregierung führen. Dem steht unser auf Stabilität und Ausgleich gebautes Regierungssystem entgegen. Aber die politischen Ränder werden davon profitieren, dass viele Leute den von ihnen als abgehobene politische Elite in Politik und Medien wahrgenommenen Leuten in Berlin bei der Wahl im Februar einen Mittelfinger entgegenzücken wollen.
Trump treueste Fans: ältere Männer
Wer sind diese Leute, die Disruption wählen werden? Die wichtigste Trump-Wählerschaft waren Männer zwischen 45 und 64. Ganze 60 Prozent von ihnen entschieden sich für den Anti-Establishment-Kandidaten.
Geht man davon aus, dass in Deutschland in dieser Alterskohorte ein ähnlicher Frust herrscht wie in Amerika, so wäre der Ausschlag wohl noch deutlicher, einfach weil es weniger junge Menschen in Deutschland gibt als in den USA. Die Babyboomer, die stärkste Generation in der deutschen Bevölkerungspyramide darstellen, dürften die Wahl entscheiden.
Wie Trump Podcasts im Wahlkampf nutzte
Im Blaupause-Kontext interessiert mich, ob es einem der Kandidaten in Deutschland ähnlich gut gelingen könnte, diese älteren weißen Typen medial abzuholen, wie es Donald Trump mit seiner Podcast-Strategie gelungen ist.
Während Donald Trump einen signifikanten Teil seiner Kampagne in Podcast-Studios verbracht und viele Stunden mit 21 Podcastern (alles Männer) aufnahm, hatte Kamala Harris Schwierigkeiten, diese Zielgruppen zu erreichen. Donald Trump erreichte so viele Millionen seiner unzufriedenen Wähler mit seinem Besuchen bei Männern wie Logan Paul, Theo Von, Lex Fridman, Glenn Beck und – klar – Joe Rogan, die genau zu diesem Publikum einen sehr engen persönlichen Draht haben.
(Öffnet in neuem Fenster)Diese sogenannten Bro-Podcasts gelingt es, „maskuline“ Unterhaltungen zu führen und damit Männer zu erreichen, die sich in den Massenmedien schlicht nicht mehr zu Hause fühlen. Vieles davon ist sehr zweifelhaft. Man könnte sich jede Menge abwertende Begriffe dafür einfallen lassen, nicht zuletzt den der Toxischen Männlichkeit. Allein, das hilft nicht gegen die Tatsache, dass sich hier eine riesige und einflussreiche mediale Gegenöffentlichkeit gebildet hat, die die Demokraten fahrlässig ignorierten.
Gibt es einen deutschen Joe Rogan?
Diese große Podcast- und Youtube-Gegenöffentlichkeit gibt es in dieser Form in Deutschland nach meinem Eindruck noch nicht. Mir fällt kein einziger Podcast ein, der über-maskulinem Trash- und Comedy-Talk einen ähnlichen Einfluss hätte oder auch nur ein ähnliches Publikum bedient. Ich schließe allerdings nicht aus, dass ich mich einfach nicht gut auskenne in diesem Segment – wenn es jemand von euch tut, würden mich diese Einblicke wirklich interessieren. Aber ich denke, man kann in diesem Punkt die Verhältnisse in den USA nicht einfach auf Deutschland übertragen.
Was in Deutschland auffällt – das zeigt die ARD/ZDF Medienstudie 2024 (Öffnet in neuem Fenster) –: diese älteren Generationen verhalten sich in Social Media weiterhin völlig anders als die jüngeren.
Während bei den 14-29-Jährigen Instagram, Snapchat und TikTok das tägliche Nutzungsverhalten von Social Media komplett dominiert, ist Facebook bei den 50-69-Jährigen mit Abstand der wichtigste Kanal, dessen Nutzung im Vergleich zum Vorjahr sogar noch zugenommen hat.
Unser Wahlkampf entscheidet sich auf Facebook
Ich weiß nicht, wie es dir geht, aber das widerspricht meinem täglichen Erleben ziemlich stark. Auf meinem Facebook ist überhaupt nichts mehr los. Aber diese Wahrnehmung ist anscheinend verzerrt. Für die Wählergruppe, die die Wahl entscheiden wird, ist Facebook der wichtigste Kanal.
Ich bin kein „Social-Media-Stratege“. Ich kenne mich nicht gut aus in diesem Bereich. Aber mein Tipp wäre, dass der Wahlkampf in unserer Snap Election auf Facebook gewonnen und verloren werden kann.
Bis nächsten Montag,
👋 Sebastian
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