Die Geschichte wird neu geschrieben

Während sich die restliche Welt über Strafzölle für Pinguine und andere Clownereien lustig macht und darüber rätselt, ob Musk den Absturz von Tesla verkraftet oder er und Buddy Trump nicht nur Soziopathen, sondern auch strunzdumm sind und Amerika mehr schaden als der restlichen Welt, geht die Geschichtsklitterung, die Verdummung des ohnehin nicht für seine überbordende Bildungsaffinität bekannten amerikanischen Volkes munter weiter.
Und hier noch einmal zum Nachlesen
Mit der Verkündigung seiner wahnwitzigen Vergeltungszölle hat Trump in der globalen Wirtschaft – mit Ausnahme Russlands – gehöriges Chaos gestiftet. Die Börsenkurse rauschen nach unten und die Wirtschaftsvertreter befürchten einen Wachstumseinbruch von sage und schreibe rund einem Prozent, nachdem sie noch schnell Dividenden in rekordverdächtiger Höhe an ihre Shareholder ausgeschüttet haben. Man befürchte, so heißt es beispielsweise aus bundesdeutschen Industriekreisen massive Auswirkungen auf den Arbeitsmarkt und hat damit eine neue Legitimation für den seit langem geplanten Stellenabbau hierzulande vor allem in der Automobilindustrie gefunden.
Um hier nicht missverstanden zu werden, Trumps Zölle sind wahnwitzig und sie werden die globalen Ökonomien erheblich durchschütteln. Aber weder die strukturellen Probleme, unter denen die weltweiten Volkswirtschaften in unterschiedlichem Maße leiden, noch die Verwerfungen im globalen Handel sind neu und sie haben schon gar nicht ihre Ursache in den gerade erst in Kraft getretenen US-Zöllen. Die Ursachen lassen sich auf unser auf grenzenloses Wachstum ausgerichtetes Wirtschaftssystem zurückführen, dessen Priorität nicht die Existenzsicherung der Menschen, sondern der Profit ist. Dieses System aber ist aber mit Klimawandel und Artensterben faktisch längst an seine natürlichen Grenzen gestoßen. Doch um dieses System zu erhalten war beileibe nicht erst seit Trump und Musk beispielsweise den Profiteuren der fossilen Energien seit vielen Jahrzehnten jede Lüge, jede Unterdrückung von entsprechenden wissenschaftlichen Erkenntnissen, jede Datenmanipulation, jeder Versuch, auch gewaltsam Abhängigkeiten von diesen Energiequellen zu schaffen, jede Form der Korruption, recht.
Vor den Hintergrund dieser Tatsache könnte einem der Verdacht kommen, dass das augenscheinlich irre Verhalten des amerikanischen Präsidenten und seiner Clique gar nicht so irrational ist, wie es scheint. Ungeachtet der Frage, über welches intellektuelle Niveau der seine politischen Äußerungen in Kleinkindersprache in die Welt stammelnde Immobiliendealer verfügt, schauen wir doch einmal genauer hin.
Zunächst einmal: Eine nationalistische und libertäre politische Radikalisierung ist ja auch in zahlreichen Staaten diesseits des Atlantiks keine unbekannte Entwicklung. Und auch hierzulande erscheinen Wokeness, also Empathie und Rücksicht in weiten Kreisen der Politik als belanglos, unangenehm oder gemeingefährlich und kriminell begriffen zu werden. Und hinsichtlich der Migrationspolitik stellen Trumps Ideen und Hetze für brave deutsche Patrioten der verschiedenen Parteifarben nun wirklich kein übermäßig neues Gedankengut dar. Dass der Kampf gegen den Klimawandel in einschlägigen und beileibe nicht kleinen Politiker- und Bevölkerungskreisen als linksgrün versiffte Ideologie gebrandmarkt wird, ist auch nicht wirklich neu.
Doch warum wird dieser Hass auf sozialen und strukturellen Fortschritt im Interesse unserer existenziellen Perspektive eigentlich weltweit dermaßen geschürt? Unzählige qualifizierte wissenschaftliche Langzeitstudien belegen die Tatsache des sich ständig beschleunigenden menschengemachten Klimawandels und seine verheerenden Folgen sind bereits jetzt global spürbar. Die Ursachen sind ebenfalls längst klar und nicht zuletzt und möglicherweise am wichtigsten: Auch die Alternativen sowohl zur fossilen Energie – von der Atomenergie gar nicht zu reden – als auch zur Art des Wirtschaftens und neue soziale Konzeptionen sind längst entwickelt, untersucht und als zukunftsfähig erkannt. Eigentlich genug Fakten, um zuversichtlich in die Zukunft zu schauen und aktiv neue Wege in der Politik zu beschreiten, denn die „drill baby drill-Bewegung hat vor dem Hintergrund des geballten Wissens, das aufgrund des Internets global verfügbar ist, eigentlich ihre Legitimation verloren. Einer zukunftsorientierten gesellschaftlichen und ökonomischen Transformation sollte eigentlich mal abgesehen von einigen ewig Gestrigen nichts im Wege stehen.
Doch die fossilen Profiteure und milliardenschweren Finanzspekulanten kämpfen um ihr Überleben, mit allen Mitteln, ohne Skrupel, durch Lügen, Einschüchterung und Gewalt ganz in der Tradition des klassischen Raubtierkapitalismus.
Es geht um Macht und Kontrolle und das, so widersprüchlich es auf den ersten Blick klingen mag, ist der Grund für das grenzenlose Chaos, das sie aktuell mit den Zöllen organisieren und in dessen Windschatten die eigentlichen Weichen für ihre Vorstellungen einer gesellschaftlichen Transformation gestellt werden. Die Säuberung der wissenschaftlichen Institutionen von Informationen zu Klimawandel, Artensterben, Migration oder Sklaverei, Landraub und Verbrechen des Imperialismus und den entsprechenden Wissenschaftlern gleich dazu, ist den Medien kaum noch eine Schlagzeile wert. Während sich die restliche Welt über Strafzölle für Pinguine und andere Clownereien lustig macht und darüber rätselt, ob Musk den Absturz von Tesla verkraftet oder er und Buddy Trump nicht nur Soziopathen, sondern auch strunzdumm sind und Amerika mehr schaden als der restlichen Welt, geht die Geschichtsklitterung, die Verdummung des ohnehin nicht für seine überbordende Bildungsaffinität bekannten amerikanischen Volkes munter weiter. Und eines ist klar, Trump und seine Bande werden zumindest existenziell nicht die Leidtragenden dieses Chaos sein und mit dem Tesla-Absturz wird schlimmstenfalls das Ego des faschistischen Tech-Milliardärs getroffen.
Was also wird bleiben, wenn sich die heute so aufgeregten Märkte, Börsen und Medien ob der wirtschaftlichen Turbulenzen irgendwann wieder beruhigt haben, sich die Weltwirtschaft auf die eine oder andere Art neu organisiert und die gewohnte Zerstörung unserer Lebensgrundlage wieder so richtig Fahrt aufgenommen hat?
Nun, vielleicht noch die Idee der Demokratie, vielleicht sogar das eine oder andere Land, dass diese Idee versucht, praktisch noch halbwegs zu leben, und eine digitale mit viel Bildern und möglichst kurzen Smartphonegerechten Texten aufgearbeitete neue Erzählung der Weltgeschichte, die die Selbstzerstörung der Menschheit als heldenhaft und gottgewollt verklärt.
Ach ja, und vielleicht, so hoffe ich jedenfalls, dass es auch noch irgendwo Bücher gibt, richtige Bücher, so aus Papier, zum Lesen. Und, ja, auch das hoffe ich: Dass es noch Menschen gibt, die in der Lage sind, längere Texte zu lesen und zu verstehen, ohne die Hilfe KI-generierter Bilder oder Videos.
Warum ich das hoffe? Nun, das erfahren Sie in meinem nächsten Autorenkosmos, in dem ich in die gesellschaftliche Gegenwart hierzulande zurückkehre.