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Ich glaube, dass ist diese Freiheit, von der sie reden

Wenn du an deinem Schreibtisch sitzt. Und spürst, dass du nichts brauchst als dich selbst. Wenn du für einen Augenblick von all diesen Geschichten, die dich tagtäglich quälen, einmal Abstand nehmen kannst. Wenn du sie betrachtest und sie vielleicht ganz einfach nieder schreibst. 

Was ich mir so glaube?

Das ich ganz, sehr einsam bin. Das ich gescheitert bin und meine letzten Jahre vergeudet habe. Doch was soll das schon heißen? Nur weil man in diesem Rennen nach mehr und immer mehr beschlossen hat, innezuhalten? Weil man nicht mehr konnte und wollte und weil man keinen Sinn darin sah, noch weiter zu kämpfen?

Dann waren wir in Spanien. In unserer Bucht. Das schien des Rätsels Lösung zu sein. Wie lang habe ich mich danach gesehnt, ein anderes Land zu betreten und dort zu verweilen. Ich hatte geglaubt, ich müsste einfach wo anders sein und alles würde gut. Doch wie es scheint, ist diese Welt, von der sie immerzu erzählen, in uns und nicht irgendwie da draußen. Vielleicht sind wir sogar diese Welt. Und demnach macht es schlussendlich keinen Unterschied, ob du in einer sonnigen, abgelegenen Bucht in Südspanien oder in deinem alten Kinderzimmer am Schreibtisch sitzt ... und du ganz einfach weiter schreibst. Weil der Abend ist noch jung und bis zum Abendessen bei der Oma noch ein wenig Zeit. Und Schreiben tut mir gut. Ich versinke dann in meiner Welt der Worte und mein Kopf hat endlich wieder eine Aufgabe. Noch vor ein paar Monaten, dachte ich, ich sterbe. Und irgendwie war es auch so. 

Jeden Morgen, als die ersten Sonnenstrahlen und das Gezwitscher der Vögel mich weckten, realisierte ich, dass ich mich nun mit diesem Teil des Traumes auseinandersetzen müsste, der sich irgendwie gar nicht so toll anfühlt wie noch vor wenigen Wochen. Unterwegs war alles so leicht und anders. Jeden Tag so viele Menschen um dich herum, dass man sich selbst ganz leicht vergessen konnte. Und wenn einem alles zu viel wurde, ging man einfach ins Meer und schrie sich die Seele aus dem Leib ... und dann warst da du. Du schienst auf mich aufzupassen. Du warst meine beste Freundin und meine Krankenschwester. Nur eines warst du leider nicht mehr ... meine Frau. 

Wir haben uns aus den Augen verloren. Genau so, wie ich mich selbst aus den Augen verloren habe. 

Monate dauert es dann, bis man realisiert, dass du nicht mehr da bist. Dass es vielleicht meine Schuld ist, auch wenn sie alle sagen, dass es so etwas wie Schuld nicht gibt, und wenn doch, das beide ihren Teil dazu beitragen ... es hat mir so leidgetan, dass ich dachte, dieses Leid würde mich auffressen. Auch wenn sie sagen, dass man nur leidet, wenn man gegen den Schmerz und dass was da ist, kämpfen würde. Leidet man ganz einfach trotzdem. 

Nun ist zwar noch lange kein Gras über die Sache gewachsen, doch wenn die Vögel gegen halb 5 am Morgen zu zwitschern beginnen, freue ich mich über ihre Stimmen. Ich freue mich, weil es sich für mich irgendwie nach Frühling anhört. Und ich freue mich, weil ich weiß, dass mir die Sonne helfen wird, den inneren Eisklumpen, der die letzten Jahre, auch wenn sie von zahlreichen Sonnenstrahlen gezeichnet waren, angewachsen ist, aufzutauen. 

Ich bin dieses Universum. Wir alle sind es. Und alles ist durch uns. Ich freue mich auf das, was kommt und ich bin heilfroh, dass ich mich selbst und diesen Dämon, der da wohl in mir schlummerte, überlebt habe. 

Ich habe mich immer nach einem ganz normalen Leben gesehnt. Gleichzeitig war es dieses ganz normale Leben, welches mich am meisten fürchten ließ. 

Und normal ist so ein Wort, dass wir einfach nicht mehr verwenden ... weil, was heißt schon "normal"?

Kategorie Kapitel 2 - Zu Hause

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