Der Ri:Newsleisure
Liebe Leserinnen und Leser,
wir hoffen, Ihr hattet eine gute Woche und habt Schönes für das kommende Wochenende samt Tag der Deutschen Einheit geplant! Für Eure Lust auf aktuelle technische News, Beiträge sowie Entwicklungen haben wir noch etwas vorbereitet.
Viel Spass beim Lesen!
News in a nutshell
1. Un-SSIchere ID Wallet der Bundesregierung
Die Bundesregierung hatte am 23. September 2021, zunächst für den digitalen Führerscheinnachweis, die auf der Blockchain-Technologie SSI (Self-Sovereign Identity) basierende sog. ID Wallet auf den Weg gebracht - und sie am 29. September 2021 gleich wieder aus dem Verkehr gezogen (Öffnet in neuem Fenster), nachdem Sicherheitsforscher (Öffnet in neuem Fenster) auf gravierende Sicherheitsprobleme (Öffnet in neuem Fenster) hingewiesen (Öffnet in neuem Fenster) haben. Identitätsdiebstahl und -missbrauch: Ermöglicht statt verhindert.
Gut, dass die Mängel schnell erkannt und auch schnell auf die Mängelhinweise reagiert wurde. Aber warum musste es überhaupt dazu kommen? Warum wird die bürgerliche Fachwelt nicht vor dem Go-live eingebunden? Hier sollte nicht nur nachgebessert, sondern grundsätzlich aufgeräumt und Prozesse überdacht werden. Die Bürger:innen haben schließlich ein Recht auf sichere digitale Alternativen zu Papieren mit Ausweisfunktion.
Auch die Blockchain-Technologie per se sollte, nach Jahren des Hinweises auf den häufig fraglichen Nutzen, gründlich auf ihre Eignung zur Lösung von (echten) Problemen überprüft werden. Zu oft war und ist sie ein Verkaufsargument, aber eben kein Nutzenargument.
2. Die Vertrauenswürdigkeit digitaler IDs verlangt öffentliche Beteiligung
Das Alan Turing Institute befasst sich mit den Fragen vertrauenswürdiger digitaler Identitäten. Es sieht Sicherheit, Datenschutz, Ethik, Belastbarkeit, Robustheit und Zuverlässigkeit als notwendige Voraussetzung (Öffnet in neuem Fenster) und unterstreicht damit die benötigte multi- und interdisziplinäre Herangehensweise. Am 13. September 2021 traten Branchen-, Wissenschafts- und Regierungsvertreter aus 29 Ländern in der Turing trustworthy digital identity conference (Öffnet in neuem Fenster) zusammen. Ihr Ergebnis: Ohne die Beteiligung der fachkundigen, betroffenen und mitunter besonders gefährdeten Zivilgesellschaft an Entscheidungen zu Zweck und Design kann es keine vertrauenswürdigen digitalen IDs geben.
3. Die Herausforderungen sog. vertrauenswürdiger KI
Ungeachtet der Kritik der Ri am Begriff der vertrauenswürdigen KI (Öffnet in neuem Fenster), besonders geprägt von der von der Europäischen Kommission eingesetzten High Level Expert Group on Artificial Intelligence und ihren "Ethics Guidelines for Trustworthy AI (Öffnet in neuem Fenster)", ist es von großer Bedeutung, dieses Ziel auch mit Blick auf die technischen Gegebenheiten, Möglichkeiten und Unmöglichkeiten zu verfolgen.
Dazu ist kürzlich die Untersuchung "Trustworthy AI: A Computational Perspective" von Haochen Liu, Yiqi Wang, Wenqi Fan, Xiaorui Liu, Yaxin Li, Shaili Jain, Yunhao Liu, Anil K. Jain, and Jiliang Tang (Öffnet in neuem Fenster)veröffentlicht worden. In dieser umfangreichen Arbeit behandelt das Autorenteam unter Erläuterung der technischen Entwicklungen Fragen der Sicherheit und Robustheit, Nicht-Diskriminierung und Fairness, Erklärbarkeit, Datenschutz, Nachvollziehbarkeit und Überprüfbarkeit sowie Umweltverträglichkeit. Zudem zeigt das Autorenteam offene Fragen auf, die es noch zu beantworten gilt.
TBT
KI-Basics finden Ri-Leserinnen und Leser in dem Artikel "Das dritte Ich (Öffnet in neuem Fenster)" (Ri 2018, 68 ff. (Öffnet in neuem Fenster)).
Fast Forward
Im Laufe des Tages erscheint der Beitrag von Dr. Sebastian Feiler: Algorithms are a pretty fuzzy substitute for human judges. Darauf darf sich gefreut werden!
Ein schönes Wochenende wünscht
Das Ri:Team