Zum Hauptinhalt springen

Ein opferloses Delikt und ein Todesfall

Teil 3

Sami Goldstein hat einen Freund. Sie nennen sich Freunde, wie man einander manchmal schnell Freunde nennt, wenn man miteinander arbeitet und anschließend zusammen trinken geht. Wie viele sich Goldsteins Freunde nennen, über die er sich nüchtern keine Illusionen macht, aber machen will.

Goldstein hat Erfolg, der Freund, ein Immobilienmakler, hat Erfolg mit Goldstein. Er nimmt ihm die Vermietung vieler Objekte ab, dient sich an, wird Teil des Schwarms. Der Makler verdient gut mit Goldsteins Immobilien und er lernt all die Leute kennen, von deren Bekanntschaft und deren Lebensstil der Mann aus kleinen Verhältnissen stets geträumt hat. Souverän, sorglos, lässig lebend. So scheinbar angstfrei. Und vor allem: auf großem Fuß. Unangreifbar. Wer keine Angst hat, ist ein Narr, dass er diesen Satz Goldsteins nicht kennt, ist bezeichnend.

Der Makler lernt, wir reden hier von einer Großstadt, die keine große Stadt ist, auf seiner groß angelegten Geburtstagsfeier den König des Frachtflughafengeländes kennen. Der ist inzwischen entmachtet worden, was niemand weiß. Das Vorstandsmitglied, dem er zugearbeitet hat, ist kurz vor der Pension abgeordert worden an anderer Stelle des Flughafens zu wirken. Zwischen den Ingenieur und dem neuen Vorgesetzten hat man nun gleich zwei Managementzwischenebenen installiert. Männer, die gut bezahlt werden, deren Aufgaben fest umrissen sind, deren Leistungen am Monatsende diskutiert und mit Boni bedacht werden oder nicht und die, wenn „das Paket“ nicht mehr stimmt, weiterziehen zum nächsten Konzern. Diese Manager sind entsetzt von des Königs Geschäftsgebaren. Vereinbarungen per Handschlag, Konditionen wie zu D-Mark-Zeiten? Da ist mehr zu holen, das ist zu optimieren. Zur eigenen Unentbehrlichkeit und dem Aufstieg in die nächste Karrierestufe allemal. Gleichzeitig ist es geradezu unverantwortlich, wie persönlich der König das Geschäft betreibt. So viel Verantwortung kann ein Einzelner doch nicht tragen! Das Argument ist bestechend.

Der König verliert seinen direkten Zugang zum Vorstand. Muss nun zu Gremiensitzungen, ist dem Management untergeordnet, und wird von diesem Schritt für Schritt abserviert. Sein Büro wird ausgelagert ans andere Ende des Flughafengeländes, man schneidet ihn.

Der entthronte König, den man gleichwohl wegen all seiner persönlichen Kontakte, seinem Wissen nicht vom Hofe jagen will, sieht bald keinerlei Zukunft für sich in dem Unternehmen, dem er geholfen hat, so erfolgreich zu werden. Seine einzige Chance, so frei in seinem Metier weiterzuarbeiten, das er mittlerweile beherrscht wie kaum jemand, ist, sich selbständig zu machen. Dazu braucht es Kapital. Verdient hat der König das bisher nicht. Andere sind reich geworden, sehr reich, mit seiner Hilfe, er nicht. Da lernt er den Makler kennen.

Sie unterstützen direkt meine Arbeit und die anderer Autoren hier, wenn Sie mein Abonnent werden. Ich freue mich über Ihre Wertschätzung!

Dankeschön! (Öffnet in neuem Fenster)

Kategorie Vor Gericht

0 Kommentare

Möchtest du den ersten Kommentar schreiben?
Werde Mitglied von Raquel Erdtmann und starte die Unterhaltung.
Mitglied werden