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Wir machen Hoffnung - 28.09.2023

Wir machen Hoffnung

Weil die Klimakrise so schnell eskaliert, bröckeln die Gewissheiten, alles wird immer schneller immer älter. Vor fünf Jahren war das Klima als Thema den meisten unbekannt. Dann kam es den meisten nicht so schlimm vor. Und jetzt sagen viele: ist eh zu spät.

Selbst das aufzuschreiben, fühlt sich schon alt an, abgedroschen, und tatsächlich: angesichts der aktuellen Ozeantemperaturen braucht es, gefühlt, schon wieder eine Neubewertung von allem. Trotzdem will ich noch mal bei dem Eh-Zu-Spät bleiben – es sagt etwas darüber, wer zu uns gehört, wer nicht, und wie wir vielleicht mehr werden können.

Ich war früh aufgestanden für die Blockade, müde nach der kurzen Nacht, und trotzdem angetrieben. Ich hatte das Gefühl, dass ich nicht allein da über diesen Berliner Bürgersteig laufe, oder nicht zum ersten Mal. Da war das Gefühl von: Millionen sind diesen Weg vor mir gegangen, gehen ihn gerade. Wir als Letzte Generation, als Klimabewegung sind Teil eines Struggles, der so alt ist, wie die Menschheit: für mehr Gerechtigkeit.

Menschen, Konzerne haben das Klima zerstört, die Atmosphäre mit CO2 zugemüllt für ihren Profit. Die Rechnung dafür tragen alle. Das ist der Kern der Klimakrise. Aber nicht alle tun etwas dagegen.

An dem Morgen protestierten wir auf der Straße, die Polizei kam, löste unsere Hände vom Asphalt, kesselte uns an einer Hauswand.

Der eine Polizist meinte: Ja, ich habe einen Sohn, dem habe ich einen Schlitten gekauft, aber der hat noch nie Schnee gesehen. Ich sehe das Problem, und wir müssen etwas tun.

Der andere Polizist meinte: Es ist eh zu spät.

Ich glaube, die erste Unterscheidung, wer zu uns gehört und wer nicht, verläuft genau da: zwischen denen, die sagen, dass Wandel möglich ist, und den Neinsager:innen.

Die einen wissen, dass man Gerechtigkeit erkämpfen kann. Die anderen sagen, dass die menschliche Natur halt schlecht ist, da kann man nichts machen. Überspitzt gesagt, stehen die Hoffnungsvollen den Zyniker:innen gegenüber.

Und haben die Zyniker:innen nicht recht?

Angesichts der Ozeantemperaturen fällt es mir in den vergangenen Wochen wieder mal nicht leicht, dem zu widersprechen. Die Stürme, die gerade Griechenland und Libyen verwüstet haben, sind jetzt das neue Normal. Dahinter kommen wir nicht zurück, sagt die Wissenschaft.

Stehen wir dem tatenlos gegenüber?

Nein. Wir kämpfen weiter für jedes Zehntelgrad. Wir kämpfen weiter dafür, dass die Verursacher:innen dieser Krise zahlen und die Opfer unterstützt werden. Wir kämpfen weiter für Klimagerechtigkeit.

Ernst Bloch hat über Hoffnung mal geschrieben: „Man muss ins Gelingen verliebt sein, nicht ins Scheitern.“ Unsere Aufgabe ist, Hoffnung stiften. Durch einen realistischen Blick in die Vergangenheit, der zeigt, dass Wandel möglich ist. Durch einen analytischen Blick in die Gegenwart, der zeigt, wie Wandel möglich ist. Und durch einen mutigen Blick in die Zukunft, der zeigt, welcher Wandel möglich ist.

Und wenn wir das tun, dann können wir auch Menschen gewinnen, die noch nicht auf unserer Seite stehen.

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